Rezensionen

Asterix 35 – Asterix bei den Pikten

Cover Asterix bei den PiktenAsterix brauchte einen Relaunch. Das war nach dem vorletzten Band Gallien in Gefahr für jeden so offensichtlich wie ein Hinkelstein. Auch wenn das zunächst nicht jeder der Betroffenen wahrhaben wollte. Ein Jahr ist es nun her, dass Albert Uderzo dem Zeichner Didier Conrad (Helden ohne Skrupel) und dem Autor Jean-Yves Ferri (Die Rückkehr aufs Land) seinen kleinen Gallier anvertraut hat, um die Geschichten fortzusetzen. Jetzt ist Band 35 Asterix bei den Pikten endlich da. Die Ausgangslage für den großen Wechsel im frankobelgischen Comic ist denkbar spannend – die Geschichte verläuft dann aber schnell in altbekannten Bahnen.

Conrad und Ferri haben für ihren ersten Asterix-Band die perfekten europäischen Problemfelder konstruiert: Ganz Gallien liegt bedeckt unter einer winterlichen Schneedecke – ja, ganz Gallien! Die krisenhafte Kälte lässt alles erstarren, nichts geht voran. Anstatt saftige Wildschweine zu jagen, müssen sich Asterix und Obelix ihre Austern am Strand aufsammeln. Und zu allem Überfluss schleicht sich noch der schleimig-freundliche Volkszähler Publius Plusminus ins Dorf, um genau Buch über die Gallier zu führen. Die Stimmung im Dorf kippt vollends als ein weiterer Gast an den gallischen Gestaden strandet.

Der unbekannte, im Eis eingeforene Krieger wird sogleich ins Dorf gebracht und zunächst für einen krisengebeutelten Iren (Hiberner) gehalten. Doch seine fremdländischen Piktograme und der Kilt weisen ihn als Pikten (aus dem fernen Kaledonien) aus. Breitbrüstig verkündet Majestix von seinem Schild herab: „Für uns Gallier ist das Recht auf Asyl kein leeres Versprechen.“ Frisch aufgetaut kann sich Mac Aphon noch nicht verständigen, betört aber dennoch unbewusst die Gallierinnen. Was Majestix dazu veranlasst, das großzügig gewährte Asyl zurückziehen zu wollen.

Doch Ferri reißt die drei aktuellen europäischen Themen – Eurokrise, Bespitzelung durch NSA und Facebook und Ausländerpolitik – nur an, macht aber weiter nichts daraus. Statt auf die Probleme einzugehen, sucht der neue Autor der Serie, wie in vielen Asterix-Bänden zuvor, die naheliegendste Lösung: die Ferne. Selbstverständlich muss der arme Ausländer sofort in seine Heimtland Schottland zurückgebracht werden.

Mit der Reise beginnt auch das Vergnügen. So lässt es sich prima über die Schotten und ihre Eigenheiten spotten: Sie alle tragen Kilts (gerne auch mal kleinkariert), werfen mit Baumstämmen und trinken jede Menge Malzwasser (Whisky). Und wenn die bekannten Stereotypen ausgeleiert sind, wird den nordischen Nachbarn kurzerhand der britische Kreisverkehr aufs Konto geschrieben.

So albern diese Späße auch sein mögen, so sehr darf man sich über das lang vermisste Schmunzeln freuen, das wieder in einem Asterix-Band Einzug hält. Beim Lesen merkt man förmlich, von welch hinkelsteinschwerer Last Ferri Uderzo befreit hat: von der Pflicht, Autor und Zeichner zugleich zu sein. Es sind die kleinen Wortspiele, die Gags, die versteckten Anspielungen, die Asterix groß gemacht haben. So pantomimt und singt sich Mac Aphon in die Herzen der Gallier. Wobei die Namen der Pikten (wie z.B. Mac Abberh und Minimac) nicht an einen Mac Teefürzweifix aus Asterix bei den Briten heranreicht.

Die undankbare Aufgabe hat hingegen Didier Conrad, der mit seinen Zeichnungen dafür Sorge zu tragen hat, dass Asterix und Obelix, Gutemine und Jellosubmarine, Verleihnix und Automatix, Miraculix und Troubadix und auch Idefix so aussehen wie immer. Jedes zu statische Bild, jedes zu detailreiche Panel, jeder zu cartoonige Strich und jede zu runde Nase wird dem prüfenden Auge der Fans nicht entgehen. Dabei hat er, wie Achdé bei Lucky Luke, eine sehr saubere Arbeit vollbracht. Asterix bei den Pikten sieht aus wie ein Asterix-Band auszusehen hat. Dass Conrad und Ferri bereit sind, ihre eigenen Ideen umzusetzen, zeigt sich bereits auf der Metaebene: in kleinen Piktogrammen und einem grafisch interessant rekonstruierten Schlachtengetümmel.

Nachdem diese Übergangsphase, dieser Band 35, ohne große Zwischenfälle überstanden ist, kann man sich für Ferri und Conrad in Zukunft nur mehr Beinfreiheit wünschen. Vielleicht werden sie dann auch die gesellschaftlichen Probleme in ihrem Comic verhandeln, die so groß zu Beginn der Geschichte angekündigt wurden.

 

Wertung: 7 von 10

Die große Wachablösung im franko-belgischen Comic ist ohne weitere Zwischenfälle vollzogen worden.

 

Asterix 35 – Asterix bei den Pikten
Egmont Comic Collection (HC) bzw. Egmont Ehapa (SC), Oktober 2013
Text: Jean-Yves Ferri
Zeichnungen: Didier Conrad
Übersetzung: Klaus Jöken
48 Seiten, farbig, Hardcover und Softcover
Preis: 12 Euro (HC); 6,50 Euro (SC)
ISBN: 978-3770436354 (HC) / 978-377043354 (SC)

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Coverbild: © 2013 Les Éditions Albert René, der dt. Ausgabe: Egmont

 

Anm. der Red.: Gerne hätten wir diese Rezension noch mit einem Auszug aus dem Comic bebildert. Leider gibt es dafür von Verlag und Lizenzgeber eine Liste von Auflagen, die aus unserer Sicht unverhältnismäßig streng und umfassend ist. Wir haben uns daher entschieden, auf weitere Abbildungen zu verzichten.