In dem neuesten Comic von Jan-Michael Richter (kurz Jamiri), Arsenicum Album, behandelt der Zeichner in einseitigen Episoden die Tücken des Alltags, der Technik und des Lebens in der Großstadt.
Die meisten Comic Strips gewinnen ihren Witz normalerweise durch graphische Aussparungen: der Dialog oder die Situation wird zumeist erst in der detaillierteren Zeichnung des letzten Panels aufgelöst und liefert so die Pointe. Dieses Prinzip ist vor allem in klassischen Zeitungsstrips zu finden, wie Garfield, Hägar und den Peanuts.
Jamiri verweigert sich dieser Tradition und behält meistens die Perspektive bei, die im ersten Bild angegangen wurde. Dadurch ist der Witz eher im Text denn im Bild zu finden. Da ähnelt er eher Peter Puck mit den Rudi-Comics, ist aber nicht ganz so textlastig wie Puck. Daran krankt es aber auch ein bisschen. Das Bild wird Nebensache, der Text jedoch gleichzeitig etwas zu sparsam eingesetzt, um manche Witze auszuführen. Einige Gags sind daher einfach ein wenig zu platt geraten, andere unverständlich. Worauf Jamiri zum Beispiel mit dem Spekulatius-Witz hinaus wollte ist mir vollkommen fremd geblieben: In einem ganzseitigen Sketch sieht man den Zeichner in King-Kong-Pose, einen Spekulatius in der Hand haltend. Der Text verweist auf die Hochschulpresse und Tempoverschärfungen, denen sie begegnen soll. Kommentar im Sketch: „In der Hochschulpresse taucht der erste Spekulatius auf.“ Für mich völlig unverständlich, wo sich da der Witz versteckt hält.
Aber wie Jamiri in seinen Zeichnungen mit den Gesichtsausdrücken der Protagonisten hantiert, ist klasse: Wie er seine Frau Beate je nach Situation ansieht, ist wirklich gut gemacht. Schade, dass die Hintergründe sehr flächig gehalten sind. Details, die zu einer längeren Betrachtung verführen, fehlen. Stattdessen werden großflächig Farben eingesetzt, welche die Stimmungen verdeutlichen. Ein weiteres Problem der Gags besteht darin, das sich Jamiri sehr am vermeintlichen Zeitgeist orientiert. Das ist zum richtigen Zeitpunkt ganz lustig (für diejenigen, die sich damit auskennen und manche Anspielungen einordnen können), aber in ein paar Jahren werden die Comics nicht mehr lustig sein, weil sie dann nicht mehr verständlich sein werden. So beziehen sich manche Gags auf Softwareausdrücke, die nicht nur relativ schnell veraltet, sondern auch für weniger Computerkundige unverständlich sind.
Manchem Leser könnte es übel aufstoßen, oder besser: nerven, dass die Hauptfigur der Zeichner selbst ist. Der Gefahr der Eitelkeit und Selbstdarstellung wird aber durch Selbstironie begegnet, was es wiederum amüsant macht (wie zum Beispiel im Cartoon „Leserservice“ wo genau diese Selbstdarstellung das Thema ist). Kurz: es gibt ein paar sehr gute Gags (der mit dem Intelligenztest im Internet ist einfach göttlich) und ein paar sehr flache, die mir nicht mal ein Lächeln entlockten. Für Fans sicherlich eine lohnende Anschaffung. Für andere eher nicht.
Arsenicum Album
Edition 52, Wuppertal 2009
Text und Zeichnungen: Jamiri
Hardcover, 48 Seiten, farbig, 13 Euro
ISBN: 978-3935229722