Captain America: The Winter Soldier
USA 2014
Regie: Anthony und Joe Russo
Hauptdarsteller: Chris Evans (Steve Rogers/Captain America), Sebastian Stan (James Buchanan „Bucky“ Barnes/Winter Soldier), Anthony Mackie (Sam Wilson/Falcon), Scarlett Johansson (Natascha Romanoff/Black Widow), Samuel L. Jackson (Nick Fury), Robert Redford (Alexander Pierce), Cobie Smulders (Maria Hill)
Offenbar hatte man beim Disney-Konzern Angst vor dem Namen Captain America und wollte lieber dessen Verbindung zu den Avengers noch einmal herausstreichen. Also gab man Marvels zweitem Cap-Film in Deutschland den etwas umständlichen Namen The Return of the First Avenger. Der ist jetzt auf DVD und BluRay bei uns erschienen.
Im Original heißt der Film Captain America: The Winter Soldier, was deutlich sinnvoller ist, weil das die beiden wichtigsten Personen im Film sind. Nachdem man im ersten Teil von 2011, Captain America: The First Avenger, die Ursprungsgeschichte des Supersoldaten erzählt hat, die überwiegend zur Zeit des Zweiten Weltkriegs spielte, ist man im zweiten Teil in der Gegenwart angelangt. Steve Rogers alias Captain America (Chris Evans) arbeitet nach 70 Jahren Kälteschlaf nun für S.H.I.E.L.D., die mächtige Geheimorganisation des Marvel-Universums unter Leitung von Nick Fury (Samuel L. Jackson).
Nach einem Einsatz auf einem gekaperten Schiff muss er erfahren, dass S.H.I.E.L.D. an einem geheimen Großprojekt arbeitet: Project Insight ist ein globales Überwachungssystem mit dem Ziel, terroristische und kriegerische Bedrohungen auszulöschen, noch bevor sie wirksam werden. Für den aus einer anderen Generation stammenden Steve Rogers stellt ein solcher Apparat, der Freiheit einschränkt, um Sicherheit zu gewinnen, einen Affront dar. Im Laufe der Handlung wendet sich der Captain gegen die S.H.I.E.L.D.-Organisation und wird, unterstützt von Avengers-Kollegin Black Widow (Scarlett Johansson) zu einer Art Deserteur und Staatsfeind, der versucht, den Start von Project Insight zu verhindern. Dazu kommt dann noch die Bedrohung durch den geheimnisvollen Winter Soldier, ein Terrorist mit Superkräften, der es auf Nick Fury und Cap abgesehen hat.
Der Konflikt Freiheit vs. Sicherheit ist das zentrale Thema von Captain America 2. Damit befindet man sich voll auf der Höhe des politischen Zeitgeists, denn diese Diskussion wird auch in unserem realen Universum auf vielen Ebenen diskutiert. Der NSA-Skandal, die Vorratsdatenspeicherung, der Einsatz von Drohnen – all das schwingt sehr deutlich mit in diesem Film. Dass er solche Fragen aufwirft und sich dabei auch noch auf der eher liberalen Seite einordnet, ist durchaus überraschend für einen Film, der doch in erster Linie große Popcorn-Unterhaltung sein will. Politische Untertöne oder gar Statements erwartet man im Zeitalter der endlosen Transformers-Fortsetzungen schon lange nicht mehr vom Mainstream-Kino, und auch der Superheldenfilm hat sich – mit Ausnahme von Christopher Nolans Batman-Filmen – bislang nicht damit hervorgetan.
Diese neue, unvorhergesehene Beimischung zu Marvels überaus erfolgreichem Kinorezept ist auf jeden Fall zu begrüßen und tut dem Film sehr gut. Anstelle der etwas drögen Kriegsfilm-Reminiszenzen des ersten Teils tritt nun ein deutlicher Gegenwartsbezug, was den Film sehr viel frischer und moderner wirken lässt als den Vorgänger.
Ein ernsthafter Politthriller, wie in manchen Rezensionen zu lesen war, ist The Winter Soldier deshalb noch lange nicht. Auch wenn man Robert Redford gecastet hat, der die S.H.I.E.L.D.-Führungskraft Alexander Pierce spielt und damit Erinnerungen an 70er-Jahre-Politthriller wie Die drei Tage des Condor weckt, bleibt der Film in erster Linie ein großes Action-Abenteuer mit viel Krawumms und Krawall – nur eben mit einem interessanten gesellschaftspolitischen Unterbau.
Was die Action angeht, gelingen dem Regie-Bruderpaar Anthony und Joe Russo, das bislang keine Erfahrung in dem Genre hatte, sondern vor allem bei der Comedyserie Community Regie führten, einige schöne Momente. Hervorzuheben ist hier vor allem eine Verfolgungsjagd im Straßenverkehr mit Nick Fury, die in ihrer schönen Mischung aus Kinetik, Zerstörung und Humor im besten Sinne an John Landis‘ Blues Brothers erinnert.
Überhaupt ist der Humor ein nicht zu unterschätzendes Element in diesem Film. Vor allem in den Dialogsequenzen zwischen Captain America und der Black Widow sowie mit dem neu eingeführten Sidekick Sam Wilson alias The Falcon (Anthony Mackie) gibt es immer wieder kleine Gags und Schmunzler, die zeigen, dass sich das Marvel-Filmuniversum nicht übertrieben ernst nimmt (was es auf sehr angenehme Weise von den oft so verkrampft-düsteren DC-Filmen unterscheidet).
Im letzten Drittel verliert sich der Film leider allzu sehr im Bemühen, einen gewaltigen Showdown zu inszenieren. Die leisen Töne kommen dann zu kurz und die politischen Untertöne werden mehr und mehr vernachlässigt. Schade ist auch, dass die Figur des Winter Soldier, die dem Film immerhin den Namen gegeben hat (zumindest im Original), furchtbar blass bleibt. Wir erfahren nie so recht, was diesen Kerl eigentlich antreibt und warum er so handelt, wie er handelt. Letztlich bleibt er – trotz einer emotionalen Enthüllung am Ende – ein unterdurchschnittlicher Standard-Bösewicht.
Wettgemacht werden diese Schwächen durch die Spielfreude des Heldentrios Cap, Black Widow und Falcon, durch die stets sehr coolen Szenen mit Nick Fury, der hier mehr Raum bekommt als in allen anderen Marvel-Filmen zuvor, und die Auftritte von Altstar Robert Redford, der hier gar nicht so fehl am Platze wirkt, wie man befürchten könnte.
Alles in allem ist The Winter Soldier, Entschuldigung: ist The Return of the First Avenger ein überraschend guter Superheldenfilm, der sogar den Zuschauern gefallen könnte, die mit dem ersten Teil nicht viel anfangen konnten. Und obendrein gelingt ihm das, was im Marvel Cinematic Universe vielleicht das wichtigste ist: Er macht Lust auf die nächsten Marvel-Filme.
Wertung:
Gelungenes Superheldenspektakel mit aktuellen politischen Untertönen
Erschienen ist The Return of the First Avenger am 14.8.2014 in unterschiedlichen Formaten:
als Blu-Ray sowie 3D-Blu-Ray mit Regiekommentar und zahlreichen Extras sowie als spärlich ausgestattete DVD. Außerdem gibt es den Film auf diversen Video-On-Demand-Plattformen.
Abbildungen: © Marvel Entertainment / Walt Disney Studios Home Entertainment