Frisch aus der Druckerei

Frisch aus der Druckerei: Januar 2014

Es ist wieder Zeit für unsere monatliche Rückschau auf die interessantesten und wichtigsten neuen Comics, die in den letzten Wochen in die Läden kamen. Sorgfältig mit Links versehen, stellen wir neue Serien und Einzelbände aus allen Genres und Stilen vor.

 

HIGHLIGHT DES MONATS

Der WeltverbessererAls der Suhrkamp Verlag Ende 2011 seine Graphic-Novel-Schiene mit Nicolas Mahlers Interpretation des Thomas-Bernhard-Romans Alte Meister startete, konnte man kaum damit rechnen, dass gute zwei Jahre später schon der vierte Mahler-Band in dieser Reihe vorliegt. Nach Alice in Sussex (nach Carroll und Artmann) und Der Mann ohne Eigenschaften (nach Musil) widmet sich Nicolas Mahler nun abermals seinem Landsmann Thomas Bernhard und adaptiert das Theaterstück Der Weltverbesserer, das Bernhard 1978 für Bernhard Minetti geschrieben hatte. Die Beschreibung der Handlung klingt wie gemacht für Mahler, den Meister der lakonischen Hochkomik: Ein alter, schon recht hinfälliger Denker sitzt zuhause und wartet auf die Verleihung einer Ehrendoktorwürde, währenddessen tyrannisiert er seine Lebensgefährtin und Haushälterin. [Leseprobe]

EIGENPRODUKTIONEN

Der Hamburger Jan Bauer arbeitet professionell im Bereich Trickfilm und Illustration und legt beim Avant-Verlag seinen ersten Langcomic vor: Der salzige Fluss erzählt – autobiographisch – von einer langen Wanderung durch Australien, die der Autor allein beginnt, bei der er dann aber eine Frau kennenlernt. [Leseprobe]

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Ungeheuer nennt sich die kleine Serie von Weissblech Comics, die ausschließlich Kurzgeschichten von Zeichner Klaus Scherwinski enthält. Die neu erschienene Ausgabe 2 enthält neben Nachdrucken aus Horrorschocker, neuen Stories und Bonumaterial auch einen Comic, der für das Konsolenspiel Ryse: Son of Rome von Scherwinskis Brötchengeber Crytek entstanden ist. [Leseprobe]

AUS FRANKREICH UND BELGIEN

GrabenkriegKaum eine Buchhandlung, die derzeit nicht mindestens einen Büchertisch zum Ersten Weltkrieg aufgebaut hat. Dessen Beginn jährt sich zwar erst im Juni zum hundertsten Mal, aber Gedenkjahre beginnen in der Medienwelt nunmal allerspätestens im Januar. Dazu passend bringt die Edition Moderne Neuauflagen der beiden großen Weltkriegs-Werke von Jacques Tardi heraus: Elender Krieg: 1914-1919 ist die Gesamtausgabe der zuvor in zwei Bänden veröffentlichten Gemeinschaftsproduktion mit dem Historiker Jean-Pierre Verney [Leseprobe]. Während diese Arbeit aus den Jahren 2008/09 einen dokumentarischen Ansatz hat, erzählte Tardi in Grabenkrieg (1993) fiktive Episoden, direkt aus der Perspektive der Männer in den Schützengräben. [Leseprobe]

Noch bevor er sich dem Ersten Weltkrieg widmete, hatte sich Tardi mit Comicadaptionen der Kriminalromane von Léo Malet einen Namen gemacht. Die Nestor-Burma-Reihe wird mittlerweile von anderen Zeichnern fortgeführt, die sich aber stilistisch eng am Vorbild Tardis bewegen. Der neueste Band Nestor Burma: Stress um Strapse stammt von Nicolas Barral (Baker Street) und erscheint beim „noir“-Label von Schreiber & Leser. [Leseprobe]

Ekhö – Spiegelwelt 1Das italienische Zeichnerduo Alessandro Barbucci & Barbara Canepa (Sky Doll, Monster Allergy) arbeitet inzwischen auch getrennt voneinander. Nachdem bei Splitter kürzlich Canepas romantischer Gothic-Comic End erschien, gibt es beim gleichen Verlag nun eine neue Reihe mit Zeichnungen von Barbucci: Für Ekhö – Spiegelwelt hat er sich mit dem vielbeschäftigten Szenaristen Christophe Arleston (Lanfeust von Troy) zusammengetan. Gemeinsam erzählen sie von einer Parallelwelt, die der unseren sehr ähnlich ist, nur ohne Elektrizität und mit allerlei fantastischen Wesen bevölkert. [Leseprobe

Mit Mjöllnir kommt ein weiteres „Splitter Double“ auf den Markt, d.h. ein Albenzweiteiler, der auf Deutsch gleich gesammelt in einem Band herauskommt. Olivier Peru (Zombies) und Zeichner Pierre-Denis Goux spielen darin mit Motiven aus der nordischen Mythologie und lassen den Donnergott Thor als Zwerg nach Midgard kommen. [Leseprobe]

Noch mehr Fantasy gibt es in der neuen Serie Elfen: In insgesamt fünf in sich abgeschlossenen Bänden erzählen wechselnde Zeichner von unterschiedlichen Völkern in einer Welt, die sich Jean-Luc Istin (Die Druiden) und Nicolas Jarry (Götterdämmerung) ausgedacht haben. [Leseprobe]

Die fünfbändige Gesamtausgabe von Die Zehn Gebote von Frank Giroud ist nach Der Schrei des Falken und Das geheime Dreieck die dritte Säule der „Comic-Bibliothek“ im Verlag Comicplus.

AUS FINNLAND

Kalle Hakkola ist Journalist, Bibliothekar und Leiter der Finnish Comics Society, die seit 2011 das Finnish Comics Annual herausgibt, eine Anthologie, die die Vielfalt und Lebendigkeit der finnischen Comicszene zeigen möchte. Nach Ausgaben auf Englisch und Französisch erscheint mit dem Comic Atlas Finnland bei Reprodukt nun auch eine deutsche Version. Dank guter Pressearbeit und Kooperation mit dem Finnland-Institut fand das Buch gleich eine gute Medienresonanz, die vermutlich im Herbst noch einmal aufflammen wird, wenn Finnland das offizielle Gastland der Frankfurter Buchmesse sein wird. [Leseprobe]

AUS ASIEN

Sprite von Yugo Ishikawa ist eine neue Seinen-Reihe (also ein Manga für etwas ältere, männliche Leser) bei Carlsen Manga, die mit einem apokalyptischen Szenario beginnt: Zuerst fällt schwarzer Schnee vom Himmel, dann kommt eine regelrechte schwarze Wand auf Tokio zu. Dürfte für alle Freunde von Endzeit-Stories interessant sein, auch wenn sie sonst nicht so Manga-affin sind. [frz. Leseprobe]

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Mit dem Zweiteiler Mädchen am Strand baut Tokyopop die Werkausgabe mit Manga von Inio Asano (Solanin) aus. Dieser erschien in Japan im Magazin Manga Erotics F und enthält einige recht explizite Sexszenen, denn im Mittelpunkt steht ein Paar, das eine rein körperliche Beziehung führt. Im Kern geht es aber um das mentale Innenleben der Hauptfiguren. [Leseprobe]

Von Liebe und Intrigen in historischem Setting rund um die Dynastie der Borgias erzählt der Einzelband Cantarella – Eine unmoralische Liebe von Akira Sakamoto (Tokyopop) [Leseprobe]. Der Manga basiert auf einem Musical, das wiederum auf diesem Song von Kaito basiert, einem der in Japan ziemlich populären virtuellen „Sänger“, deren Stimme mit der Vocaloid-Software erzeugt wird: 

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Pocha Pocha Swimming Club von Ema Toyama (An deiner Seite, xx me!) ist ein Yonkoma-Manga (das japanische Pendant zum Zeitungsstrip mit je vier senkrecht angeordneten Panels), in dem es um ein Mädchen geht, das sich dem Schwimmclub seiner Schule anschließt, um abzunehmen. Auf Deutsch erscheint die Serie bei EMA. [jap. Leseprobe].

Ebenfalls bei EMA erschien Ruinenmärchen, ein Band mit Kurzgeschichten von Nao Tsukiji (Adekan), die alle in oder um Ruinen spielen.

AUS DEN USA

Suicide GirlsHat’s das schon mal gegeben? Eine Comicserie, die auf einer Erotik-Website basiert? Suicide Girls ist ein mehr oder weniger pornöses Unternehmen, das sich laut Wikipedia auf „alternative female models“ spezialisiert hat, was letztlich bedeutet, dass die sich hier entblößenden Models großflächiger tätowiert sind und lustigere und buntere Frisuren haben als ihre Kolleginnen. Im gleichnamigen Comic dürfen die Damen ihre Klamotten überwiegend anbehalten und als eine etwas punkigere Variante von Danger Girl auftreten (oder, wie es Chris Sims in einer sehr lustigen Rezension beschreibt: „What If Russ Meyer Was a Hipster?“). Interessanterweise hat der Verlag IDW für dieses Projekt, das Panini jetzt auf Deutsch herausbringt, sehr namhafte Profis verpflichtet: Das Skript stammt von Horror-Spezialist Steve Niles (30 Days of Night), die Zeichnungen von David Hahn (Bite Club), der vom Wahl-Berliner Cameron Stewart (Batman and Robin, Sin Titulo) getuscht wird. [Leseprobe]

Das nächste große Ding in Marvels Kino-Universum sollen die Guardians of the Galaxy werden, deren erster Film im August starten wird. Da der Bekanntheitsgrad dieser intergalaktischen Heldentruppe weit geringer ist als der von Kollegen wie Iron Man oder Captain America, wird es höchste Zeit, zumindest die Comicleserschaft schon mal mit den Guardians vertraut zu machen. Die im Rahmen der „Marvel Now!“-Aktion neu gestartete Serie von Brian M. Bendis, Steve McNiven und Sara Pichelli gibt’s bei Panini als Paperback-Serie mit jeweils vier US-Heften. [Leseprobe]

Von den fünf im letzten Sommer neu gelaunchten Marvel-Heftserien, die ich hier probegelesen habe, konnte mich Jonathan Hickmans Avengers am meisten überzeugen. Die erste Storyline gibt es nun auch gesammelt als Paperback oder Hardcover-Band. [Leseprobe]

Daredevil: Das Ende aller TageIn der Reihe 100% Marvel erscheint mal wieder eine jener Geschichten, in der das Ende eines Marvel-Superhelden beleuchtet wird. Für Daredevil: Das Ende aller Tage kehrt Autor Brian Bendis noch einmal zu der Figur zurück, deren Serie er lange Jahre geschrieben hat. Als Ko-Autor ist David Mack (Kabuki) mit im Boot, die Zeichnungen kommen von den Altmeistern Klaus Janson und Bill Sinkiewicz. [Leseprobe]

In dem Band Batman – Legenden des Dunklen Ritters: Der Schamane bringt Panini eine Storyline aus dem Jahr 1989 von Denny O’Neil, Ed Hannigan und John Beatty, derern Handlung an Frank Millers Klassiker Batman: Year One anschließt.

Und in der Reihe DC Premium erscheint der Band Shazam! mit einer Geschichte von Geoff Johns und Gary Frank, die in den USA als Backup-Comic in Justice League erschienen ist. Mit dieser Storyline wurde der 1939 geschaffene Superheld mit dem für DC immer etwas problematischen Namen „Captain Marvel“ offiziell in „Shazam“ umbenannt. Jetzt heißt er halt wie ’ne Smartphone-App. [Leseprobe]

AUS BRASILIEN

Das Stichwort „schwule Cowboys“, bisher den Jungs vom Brokeback Mountain vorbehalten, versucht der Brasilianer Adão Iturrusgarai in launigen Zeitungsstrips zu verarbeiten. Rocky & Hudson, auf Deutsch bei Diábolo Comics, ist dabei wohl sehr klischeehaft geraten. [Leseprobe, CG-Rezension]

AUS ENTENHAUSEN

Lustiges Taschenbuch HistoryLustiges Taschenbuch History ist die Nachfolgereihe von LTB Fantasy. Auch hier soll es wieder sechs Bände geben, die alle zwei Monate erscheinen und sowohl Nachdrucke als auch neue Geschichten enthalten, und zwar solche die Donald Duck und Co. in historische Settings versetzen. Dabei geht man chronologisch vor und startet im ersten Band mit den „Geheimnissen der Frühgeschichte“, die von der Steinzeit bis ins Alte Ägypten reicht. [Leseprobe]