Das Verlagsprogramm von Diábolo Comics ist immer für eine Überraschung gut. Also liegt nun ein ein kleines, querformatige Hardcover-Büchlein namens Rocky & Hudson vor. Untertitel: „Die schwulen Cowboys“. Das ist eigentlich auch schon alles, was man an Inhaltsbeschreibung benötigt für diese Ansammlung an Comicstrips des brasilianischen Künstler Adão Iturrusgarai.
Rocky und Hudson (eine Anspielung auf den homosexuellen amerikanischen Schauspieler Rock Hudson) sind zwei Cowboys, die klamottentechnisch stets im Partnerlook herumlaufen und sich auch sonst wie ein Ei dem andern ähneln. Nur an der Körpergröße kann man die beiden auseinderhalten. Natürlich hatten es schwule Cowboys im Wilden Westen nicht gerade einfach, schließlich war die Menschheit nicht so aufgeklärt und tolerant wie heute (zumindest in einigen Teilen der Erde). Wobei sich die beiden Kumpels auch nicht gerade dezent verhalten – im Gegenteil. Da werden Indianer nicht erschossen, weil sie zu hübsch zum Sterben sind, an der Bar wird Eierlikör bestellt und pofreie Jeans zur Schau getragen.
Das alles ist natürlich auf der humoristischen Ebene anzusiedeln, denn Iturrusgarais Strips erzählen zwar auch fortlaufende Handlungsstränge, sind aber zuvorderst so angelegt, dass sie innerhalb von drei Panels eine Pointe abliefern. An einigen Stellen mag man auch durchaus Gesellschaftskritik entdecken, etwa wenn in der Westernstadt eine Prohibition von Homo-Küssen verhängt wird oder ein Therapeut „akute Maskulinitis“ diagnostiziert und den Cowboy zum „richtigen Schwulen“ umerziehen will. Aber für eine ernsthafte Message des Künstlers sehe ich keine wirklichen Ansatzpunkte. Dafür bedient sich Iturrusgarai zu sehr Klischees und überhöht sie. Mal geschieht dies etwas platt, mal bitterböse, mal lustiger, mal weniger.
Bei mir persönlich hat der Humor keinen großen Anklang gefunden. Nicht weil hier zwei Schwule im Zentrum stehen, nicht wegen des Wildwest-Settings, sondern weil der Künstler sich einzig und allein abgedroschenen Schwulenklischees, bzw. beim vermeintlich typischen Verhalten von Schwulen, bedient. In jeder zweiten Episode findet man einen schlüpfrigen Gag. Und jeder Gag dazwischen bezieht sich auf das Modebewusstsein von Rocky und Hudson. Das Spiel mit den Klischees mag ja am Anfang ganz nett sein, aber irgendwann nervt es dann, weil Iturrusgarai es einfach übertreibt mit der puren Fülle von immer wiederkehrenden Inhalten.
Die Art der Gags ist damit dermaßen einseitig, dass wohl nur wenige Leser diesem Band etwas abgewinnen können. Andererseits muss ich schon fast bewundern, dass man über 200 Strips zeichnet, die allein von Schwulenklischees zehren. Das muss man auch erst mal schaffen. Wer sich davon angesprochen fühlt, wird aber herzhaft bedient. Humor ist schließlich auch Geschmackssache.
Wertung:
Gnadenloses Bedienen von Schwulenklischees. Geschmackssache.
Rocky & Hudson – Die Schwulen Cowboys
Diábolo Comics, Januar 2014
Text und Zeichnungen: Adão Iturrisgarai
Übersetzung: Tilman Zens
104 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 14,95 Euro
ISBN: 9788415839576
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Diábolo Comics