Das neueste 3D-Kinospektakel aus dem Hause Disney, John Carter – Zwischen zwei Welten, basiert auf einer Idee, die hundert Jahre alt ist. Die literarische Vorlage stammt von Tarzan-Schöpfer Edgar Rice Burroughs. Obwohl John Carter nie so berühmt wurde wie sein geistiger Bruder aus dem Dschungel, beeinflusste er die Popkultur der letzten Jahrzehnte nachhaltig. Wir gehen auf Spurensuche und legen dabei besonderes Augenmerk auf die verschiedenen Comicversionen von John Carter.
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Tarzan kennt jeder. Wer den Namen hört, denkt sofort an Lianen, Urschreie, Lendenschürze, Schimpansen und Johnny Weissmueller. Beim Namen John Carter klingelt jedoch bei den meisten von uns rein gar nichts. Dabei haben beide den gleichen geistigen Vater: Den amerikanischen Schrifsteller Edgar Rice Burroughs (1875-1950). Dieser war ab den 1910er Jahren mit Fortsetzungsgeschichten erfolgreich, die in den damals äußerst populären Romanheftchen erschienen, die wegen des billigen Papiers „pulp magazines“ genannt wurden.
Noch bevor Burroughs mit Tarzan of the Apes seinen Durchbruch als Autor hatte, erschien 1912 im Magazin The All-Story ein Fortsetzungsroman namens Under the Moons of Mars (später neu veröffentlicht als A Princess of Mars). Dieser spielte auf dem Planeten Barsoom, auf der Erde bekannt als der Mars, der von verschiedenen Völkern bewohnt wird, die sich gegenseitig bekriegen, während der Planet langsam stirbt. Bis zum Jahr 1941 schrieb Burroughs zehn weitere Romane, die in der Welt von Barsoom spielen. In den meisten davon spielt ein Erdenbürger die zentrale Rolle: John Carter, ein Captain der Konföderiertenarmee, der durch einen Zufall auf den Mars teleportiert wird, wo er wegen der geringeren Schwerkraft übermenschliche Kräfte hat.
Anders als Tarzan, der bald auch den Sprung auf die Kinoleinwände fand und weltweit berühmt wurde, erreichte die Welt von Barsoom nie den ganz großen, internationalen Bekanntheitsgrad. Trotzdem waren die Romane sehr beliebt, auch und gerade unter Wissenschaftlern und anderen Autoren. Zahlreiche Science-Fiction-Stories aus Literatur, Film und Comic sind von den John-Carter-Stories inspiriert und bedienen sich mehr oder weniger ausgiebig im Barsoom-Universum. Womöglich geht auch das geflügelte Wort von den „grünen Männchen“, die angeblich auf dem Mars leben, auf die Romane von Burroughs zurück.
Elemente aus den Barsoom-Geschichten sind in Filmklassikern wie Star Wars, Dune oder Avatar zu finden. Bis zu einer „richtigen“ Kino-Adaption der Romanvorlage sollten jedoch hundert Jahre vergehen. Im Comicbereich ging es deutlich schneller: Schon ab dem Jahr 1939 erschienen Comics unter dem Titel John Carter of Mars im Magazin The Funnies, meist gezeichnet von Burroughs‘ Sohn John Coleman Burroughs. Dieser zeichnete auch die John Carter-Fortsetzungsstrips, die 1941 bis 1943 auf den Sonntagsseiten verschiedener Zeitungen abgedruckt wurden (Scans sind hier zu sehen). Der Verlag Dell Comics brachte 1952/53 in seiner Heftserie Four Colour mehrere John Carter-Stories, gezeichnet vom langjährigen Tarzan-Zeichner Jesse Marsh (Scans sind hier zu sehen).
Und auch in den folgenden Jahrzehnten erschienen immer wieder Comics, die mehr oder weniger vorlagentreu auf den Barsoom-Romanen aufbauten: DC Comics startete Anfang der 1970er Jahre eine Carter-Adaption von Marv Wolfman, zunächst in der Tarzan-Serie, später dann im Spin-Off Weird Worlds. Den Platz im Heft teilte sich John Carter mit einer Adaption des Romans At the Earth’s Core, der ebenfalls von Edgar Rice Burroughs stammt.
Beim Konkurrenten Marvel lief die Serie John Carter, Warlord of Mars von 1977 bis 1979, zunächst ebenfalls geschrieben von Marv Wolfman, später von Chris Claremont. Die Zeichnungen stammen in den ersten Ausgaben von Gil Kane, später von verschiedenen anderen Künstlern wie Carmine Infantino, Ernie Colon und in einem Heft sogar von einem jungen Nachwuchszeichner namens Frank Miller.
Der Großteil dieser alten Comics ist inzwischen wieder leicht zu bekommen, weil Dark Horse das Material in drei hochwertigen Hardcoverbänden nachgedruckt hat.
Ende der Siebziger Jahre war dann erstmal Schluss mit Carter-Comics, bis im Jahr 1996 ein kleines Lebenszeichen erschien: In der Miniserie Tarzan/John Carter: Warlords of Mars (Dark Horse Comics) ließen Autor Bruce Jones und Zeichner Bret Blevins die beiden berühmten Burroughs-Figuren erstmals aufeinander treffen: Den Herrn des Dschungels verschlägt es auf den Mars, wo er John Carter begegnet.
Seit Disney die millionenschwere Verfilmung (Kinostart in Deutschland: 8.3.2012) angekündigt hat, erwachte bei diversen Comicverlagen wieder das Interesse an dem Franchise. Die Disney-Tochter Marvel produziert rechtzeitig zum Filmstart gleich mehrere Miniserien: John Carter: The World of Mars von Peter David und Luke Ross läuft als „offizielles Prequel zum Kinofilm“. John Carter of Mars: A Princess of Mars von Roger Langridge und Filipe Andrade adaptiert ein weiteres Mal den Ursprungsroman, mit dem alles begann. Und ab März 2012 folgt die nächste Adaption, John Carter: The Gods of Mars von Sam Humphries und Ramon Perez.
Auch der britische Verlag Self Made Hero wird eine Comicversion von A Princess of Mars vorlegen, geschrieben von Ian Edgington und gezeichnet von Ian Culbard.
Beim Verlag Dynamite Entertainment erscheinen ebenfalls mehrere Serien, meist geschrieben von Arvid Nelson (Rex Mundi). Diese sorgten unlängst für Schlagzeilen, weil die Erben von Edgar Rice Burroughs den Verlag wegen Markenrechtsverletzungen verklagen. Die rechtliche Situation ist nicht ganz leicht zu durchschauen: Nach dem Urheberrecht der USA ist das Copyright der Romane inzwischen abgelaufen, die Werke gehören der „Public Domain“, dürfen also im Prinzip von jedermann adaptiert werden. Das gilt so jedoch nicht in Europa. Außerdem hält die Firma ERB, Inc. die Rechte an Marken wie „Tarzan“, „John Carter of Mars“ undsoweiter. Dynamite Entertainment hat für seine Serien bewusst andere Namen verwendet (sie laufen unter dem Obertitel Warlord of Mars), veröffentlicht sie aber ohne Zustimmung von ERB, was schließlich zu der Klage führte. ERB stößt sich im übrigen auch an den teilweise sehr freizügigen Coverabbildungen der Dynamite-Serien (mehr dazu bei The Beat).
Keiner der hier genannten Comics ist – soweit wir richtig recherchiert haben – bisher auf Deutsch erschienen. Die einzige Ausnahme: In Teil 2 von Alan Moores League of Extraordinary Gentlemen (deutsch bei Panini) hat John Carter einen Gastauftritt. Der Comic beginnt damit, dass die Tripods aus H.G. Wells‘ Krieg der Welten John Carter und die von ihm geführten Marsbewohner angreifen, bevor sie sich die Erde vorknöpfen.
Bildquellen: Wikipedia, erbzine.com, Grand Comics Database, Marvel, Dynamite Entertainment