Daisy Kutter ist gelangweilt. Früher war sie eine gefürchtete Wildwest-Verbrecherin wie Calamity Jane, jetzt lebt sie als Besitzerin eines kleinen Ladens- Legal, aber öde. Wenigstens gibt's ab und zu eine Partie Poker im Saloon – und Daisy ist eine hervorragende Zockerin. Als ein zwielichtiger Unternehmer Daisy anheuern will, damit sie seine eigene Eisenbahn überfällt, gerät sie in Gewissensnöte…
„The Last Train“ hat viele Elemente von klassischen Westerngeschichten: Pferde, Schießeisen, Saloons und Sheriffs, auch ein Tumbleweed darf mal durchs Bild kullern. Das ganze wird allerdings dadurch gebrochen und ergänzt, dass es in dieser Westernwelt auch Roboter gibt. Diese ähneln den Blechbüchsenjungs aus „Futurama“ und üben verschiedene Jobs aus, vom Kartenausteiler im Saloon über Lokomotivführer bis hin zur Killermaschine.
Der Plot, der bedächtig beginnt und in einem furiosen Actionfinale endet, ist kompetent erzählt und bietet einige Überraschungsmomente, bleibt aber insgesamt recht konventionell. Dieses kleine Manko weiß Autor und Zeichner Kazu Kibuishi allerdings auszubügeln: durch eine sehr charmante Charakterisierung seiner Hauptfiguren – Daisy hat ein kompliziertes Privatleben – und vor allem durch eine tolle grafische Gestaltung.
Seiner japanischen Herkunft zum Trotz hat Kibuishis Zeichenstil wenig mit Manga zu tun. Vielmehr erinnern seine Zeichnungen, die am Computer mit Graustufen veredelt wurden, immer wieder an Film-Storyboards. Das liegt auch an seiner sehr filmischen Erzählweise. Es gibt viele Sequenzen, die ohne Text auskommen und nur die Bilder sprechen lassen. Dass dabei klassische Spaghettiwestern, die dieses Stilmittel auch sehr oft verwenden, ausgiebig zitiert werden, ist Ehrensache.
Der preiswerte Sammelband, der in einem leicht verkleinerten Format erscheint, bietet neben der Geschichte noch etliche Extra-Seiten mit Entwürfen, einer Pin-Up-Galerie und einem Blick auf den Entstehungsprozess einer Comicseite.
Der erst 28-jährige Kazu Kibusihi hat mit „Daisy Kutter“ eine schwungvolle, witzige und actionreiche Westernstory zu Papier gebracht, die besonders durch ihre visuelle Gestaltung glänzt. Ein Talent, von dem noch einiges zu erwarten ist. Kibuishi ist übrigens auch Herausgeber der hochinteressanten Anthologiereihe „Flight“, die bei Image erscheint.
Daisy Kutter: The Last Train
Viper Comics
Text und Zeichnungen: Kazu Kibuishi
192 Seiten; s/w; 10,95 US-$
ISBN: 0-9754193-2-3
Bildquelle: www.boltcity.com