Dass Comics inzwischen an den Hochschulen angelangt ist, ist nichts Neues mehr. An vielen Fakultäten, die sich mit Illustration, Design und ähnlichem beschäftigen, werden Comics gemacht. Künstler halten Seminare, Comics werden als Diplomarbeiten abgegeben, Anthologien werden veröffentlicht. Ein Großteil dieser Comics aus dem Hochschul-Umfeld trägt mehr oder weniger bewusst das Label Kunst vor sich her. Das Ergebnis ist dann oft interessant anzuschauen, aber inhaltlich gerne so verrätselt, dass sich Lesevergnügen eher nicht einstellt.
Ich fand es daher sehr erfrischend, dass bei Strichnin, dem neuen Comic-Projekt der FH Augsburg, eben nicht von Kunst die Rede ist, sondern drei andere Worte prominent auf dem Cover prangen: visuell – trivial – narrativ. Gerade der letzte Punkt, das Erzählen, wird von ambitionierten Comic-Künstlern nämlich gerne mal vernachlässigt.
Strichnin, das im Gegensatz zu anderen studentischen Comic-Projekten tatsächlich direkt von der Hochschule herausgegeben wurde, enthält Kurzgeschichten von zehn Studenten, die nach den losen Themenvorgaben „Schlaflos“ und „Hundstage“entstanden, und ist eine wilde Mischung. Von sehr straighten, unterhaltsamen Actiongeschichten über irrwitzige Spinnereien bis zu introspektiven Betrachtungen reicht die Bandbreite. Ein Teil der Geschichten könnte problemlos in Weissblechs Horrorschocker-Reihe passen, andere würde man eher im Strapazin erwarten. Dass in einer solchen Mischung nicht alle Beiträge jeden Leser ansprechen, ist klar. Zusammen geben die Beiträge kein rundes Bild ab, dazu sind sie zu verschieden. Einzeln betrachtet gibt es aber keinen Beitrag, den man als misslungen bezeichnen könnte.
Stilistisch ist Strichnin eine Wundertüte voller schöner Einfälle und mit einer enormen grafischen Bandbreite. Besonders begeistert hat mich der Beitrag von Carla Schostek, „Ullas Rätsel“, dessen Bilder ein bisschen so aussehen, wie wenn Tim Burton ein Bilderbuch für die Kinder der Addams Family gestaltet hätte.
Dass Absolventen von Studiengängen wie Kommunikationsdesign oder „Interaktive Medien“ im grafischen Ausdruck punkten können, ist ja nicht so überraschend. Das schöne an Strichnin ist gerade, dass in allen Beiträgen auch wirklich Geschichten erzählt werden, und so das Versprechen vom Cover, narrativ zu sein, auch tatsächlich eingelöst wird. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass der Großteil der Teilnehmer keine Erfahrungen mit Comics hatte. Es wäre zu hoffen, dass zumindest ein Teil der Künstler soviel Spaß am Comic gefunden hat, dass er noch mehr Geschichten in dieser Form erzählen will.
Eine Fortsetzung des Strichnin-Projektes im kommenden Jahr ist bereits geplant. Man kann sich darauf freuen.
Strichnin, Ausgabe 1
FH Augsburg, Fakultät für Gestaltung
Verschiedene Künstler; April 2007
Herausgegeben von Prof. Mike Loos
96 Seiten; teilw. farbig; 8,50 Euro
Direkt bestellbar unter www.strichnin-comic.de