Welt am Draht

52 mal berührt: Static Shock #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 10 von 52: STATIC SHOCK #1 von Scott McDaniel und John Rozum.

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altMARC-OLIVER: Ich weiß nicht, wie die Macher von Static Shock auf die Idee kommen, eine Allerwelts-Actionszene würde dadurch besser, dass man sie von oben bis unten mit mittelprächtiger Exposition zukleistert, die für die Handlung im vorliegenden Heft auch noch größtenteils irrelevant ist. Jedenfalls liegen sie ziemlich falsch damit. Das Auge will schnell weiter zum interessanten Teil, doch die unerbittliche Prosa bremst das Geschehen konstant auf Zeitlupentempo herunter. Und das geht erst mal geschlagene zehn Seiten lang so. Wenn man sich da durchgekämpft hat, ist man eigentlich schon bedient, aber dann kommen erst noch drei Seiten mit langweiligen, ebenfalls wieder schlecht betexteten Schurken, bevor McDaniel und Rozum auf den letzten sieben Seiten doch noch versuchen, den Helden vielleicht etwas interessant zu machen.

Doch leider bleibt es beim Versuch. Static, der jugendliche Held der Serie, ist eine weitere Figur, die oberflächlich das Spider-Man-Muster kopiert, dabei aber weder ein zwingendes Alleinstellungsmerkmal noch eine überzeugende Motivation zu bieten hat. Okay, Static ist schwarz. Aber erstens ist das kein Ersatz für ein eigenständiges Konzept, und zweitens hat Marvel diese Marktlücke gerade eben auch schon selbst geschlossen. Und Miles Morales hat halt den bestechenden Vorteil, dass vorne auf dem Cover wirklich „Spider-Man“ draufsteht, und nicht „Static Shock“.

Zudem scheinen sich die Autoren auch nicht sicher zu sein, welche Altersgruppe sie ansprechen wollen. Zum einen haben die Dialoge oft Grundschulniveau, andererseits macht der Held Anspielungen auf The Matrix, was für einen Teenager im Jahr 2011 wohl eher unwahrscheinlich ist. Scott McDaniels Zeichnungen sind zwar recht kompetent, werden stilistisch aber wohl auch keinen Blumentopf gewinnen können. Insgesamt ein recht planloser und zudem auch noch schlecht umgesetzter Einstand. Schade. (John Rozum hat übrigens seinen Rücktritt als Co-Autor der Reihe bekanntgegeben, kaum, dass das erste Heft erschienen ist. Gründe unbekannt.)

ZOOM-FAKTOR: 2 von 10!


 

BJÖRN: Du nimmst mir den Großteil meiner Anmerkungen schon vorweg: Static Shock könnte nur dann noch mehr Spider-Man sein, wenn der Held sich in rot-blau statt in gelb-blau kleiden würde. Dabei ist jugendlicher Held, noch dazu aus ethnischen Minderheit, ja nun kein schlechtes Konzept. Und Miles Morales ist nun bei Leibe nicht der erste nicht-weiße Teenagerheld der letzten Jahre, ich denke nur an Marvels Araña und DCs eigenen Blue Beetle.

Nur: Ich mag Spider-Man. Peter Parker ist mir als Held normalerweise sympathisch, und sein Geplapper während der Kämpfe habe ich mit Freude gelesen und in den Filmen vermisst. Bei Static würde ich mir wünschen, dass er einfach nur die Klappe hält. Seine lockeren Sprüche sind von kolossaler Gezwungenheit („Just because they call it Big Apple doesn’t mean you can take bites out of it.“) und der Knabe schießt so weit über den Äquator der Selbstsicherheit hinaus, dass er am Nordpol der peinlichen Selbstgefälligkeit landet. Ich war mir nicht sicher, ob Static ein bewusst nervtötender Charakter sein soll, aber das ist wohl ernsthaft als sympathische Frivolität der Jugend gedacht, obwohl Static so frisch und natürlich wirkt wie Florian Silbereisen beim Gastspiel an der Rütli-Schule. Der „Keanu“-Spruch untermauert das ebenso wie Statics Kostüm, das die 1993er-Inkarnation von Superboy schon für ziemlich lahm befunden hätte. Nach Green Arrow sollte DC vielleicht akzeptieren, dass junge Helden einfach nicht die Forte der Autoren sind.

Jenseits dessen: Kompetente aber wenig aufregende Zeichnungen, die bereits angedeutete Tendenz, die einzelnen Seiten mit endlosen Monologen vollzumüllen (da ist noch ein Zentimeter frei, lass ihn noch einen saloppen Jokus machen) und Schurken, die beim Zuklappen des Heftes schon wieder völlig aus dem Gedächtnis verschwunden sind. Ich bin zu alt für diesen Scheiß, junge Leser sind zu hip für den Mist und ich habe keine Ahnung, wen dieser Comic ansprechen sollte.

ZOOM-FAKTOR: 2 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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