Welt am Draht

52 mal berührt: O.M.A.C. #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 9 von 52: O.M.A.C. #1 von Keith Giffen und Dan DiDio.

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altMARC-OLIVER: Kurz gesagt: Der umtriebige Keith Giffen und DC-Chef Dan DiDio machen hier einen auf Kirby. Länger gesagt: O.M.A.C. meint „One-Man Army Corps“, also „Ein-Mann-Armee“, und ist ein von Jack Kirby geschaffener Super-Titan mit Irokesenschnitt, einem Überschuss an roher Kraft und jeder Menge Energiegeknister um sich rum. Offenbar kehrt man hier zu den Wurzeln des Konzepts zurück, denn wie Kirbys Ur-O.M.A.C., alias Buddy Blank, ist auch Giffens und DiDios Figur, Kevin Kho, eine Bürodrohne, die vom intelligenten Satelliten Brother Eye zum O.M.A.C. verwandelt und mehr oder weniger ferngesteuert wird, wenn Not am Mann ist.

Giffen und DiDio halten Modeerscheinungen wie Spannungsbögen, Charakterisierung oder Handlung dabei offenbar für überbewertet. Jedenfalls taucht das O.M.A.C. in der Firma Kevin Khos auf und reißt Wände und Böden ein, bis es in ein Geheimes Untergeschoss gelangt, wo offenbar die Schergen des Überschurken Darkseid ein mysteriöses Experiment am Laufen haben. Es folgen einige Begegnungen, bei denen sich O.M.A.C. und andere Figuren kurz Energiestrahlen ins Gesicht schießen. Es folgt noch mehr Sachschaden auf einer Doppelseite, auf der überhaupt nur Sachschaden zu sehen ist. Es begibt sich schließlich, dass O.M.A.C. ein leuchtendes Dingelchen im Boden entdeckt, reinsteigt, selbst leuchtet und damit seine Mission irgendwie dann auch erfüllt hat. Währenddessen wird Kevin Kho von seiner Freundin gesucht.

Die Zeichnungen sind mehr als ansehnlich – es macht Spaß, wie die Macher ausgehend von einem simplen Neun-Panel-Gitter die Geschichte erzählen. Andererseits tut man Giffen und DiDio aber eben auch Unrecht, wenn man ihnen eine „Geschichte“ unterstellt – wer von beiden dafür verantwortlich ist, wird im Heft übrigens nicht aufgeschlüsselt, also vermutlich beide. Ich könnte jetzt schnell endlich mal meinen vierbändigen Jack Kirby’s Fourth World Omnibus lesen, um eine (ungefähre) Ahnung zu bekommen, was das alles (vielleicht) zu bedeuten hat, aber dann bräuchte ich O.M.A.C. wahrscheinlich auch nicht mehr. Kirby-Fetischisten sind bei Joe Caseys und Tom Sciolis Gødland besser aufgehoben. Für alle anderen bringt dieses Heft eh nix.

ZOOM-FAKTOR: 3 von 10!


 

BJÖRN: Warum hasst du Spaß so sehr?

Stimmt schon, die erste Ausgabe von O.M.A.C. ist weitgehend storyfreies Kirby-Gewichse (man kündigt sich nicht umsonst als „Daring“ Dan Didio und „Krackling“ Keith Giffen an), aber ich will meine Helmut-Schön-Gedächtnisbatschkapp fressen, wenn Keith Giffen nicht eines der weltbesten Kirby-Gewichse abliefert. Das Artwork ist klar, übersichtlich, ich weiß immer was passiert, die Farben sind hell und freundlich und trotz ultrastatischem Gitter von 2 mal 3 Panels (macht nach Adam Riese keine 9 Panels ) bringt der gute Mann eine Wucht und Energie auf die Seite, die ich ansteckend fand. Das Panel, in dem die junge Dame sich als Roboter enttarnt und O.M.A.C. mit ihrem Maschinengewehrmund mitten ins Gesicht ballert? Das war für mich ein echter „F*%$ Yeah!“-Moment.

Auch damit, dass Giffen und DiDio hier Figuren aus Jack Kirbys Jimmy Olsen (!) reaktivieren und uns der Welt doofste Dialoge kredenzen, kann ich gut leben, weil O.M.A.C. sich – anders als Tony Daniels Detective Comics – eben nicht ernst nimmt. Die Gobbler rufen „Gobble!“, um Himmels Willen. Das alles passt wie die metaphorische Faust aufs Auge, da könnte man auch Bud Spencer als Gaststar auflaufen lassen.

Gut, irgendwas muss man sich ausdenken, damit das Konzept der Riesenklopperei nicht öde wird, aber es gibt Andeutungen eines „This man, this monster“-Elements und das Versprechen, dass die Dinge in der nächsten Ausgabe richtig seltsam werden, hält mich als Leser erstmal bei der Stange. Sicher, alles hier ist so retro wie Disco, aber das ist nichts Schlimmes, solange das Retro unterhaltsam ist und sich nicht in reinem „damals war alles besser“ ergeht. Bei all den Downern, die sonst so im DC-Universum unterwegs sind, bin ich dankbar für ein Heft, das mir einmal monatlich spaßige Massenkeilereien verspricht. Da warte ich dann auch nicht erst aufs Paperback.

ZOOM-FAKTOR: 7 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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