Welt am Draht

52 mal berührt: Justice League Dark #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 50 von 52: JUSTICE LEAGUE DARK #1 von Peter Milligan und Mikel Janin.

jld

MARC-OLIVER: Theoretisch ist Justice League Dark genau die Art von konzeptioneller Flanke vors Tor, die Milligan oft sicher verwandelt: eine „düstere“ Version der Justice League, auf übernatürliche Phänomene spezialisiert, die zwar lose mit Batman, Superman und Co. verbandelt ist, im Zweifelsfall aber ihr eigenes Süppchen kocht. Unter anderem mit dabei: alte Bekannte Milligans wie Shade oder John Constantine. In der Praxis kommt die Serie mit ihrem Debüt aber leider noch nicht einmal aus der eigenen Spielfeldhälfte heraus.

Teilweise liegt das an Zeichner Mikel Janin. Der erzählt zwar objektiv betrachtet die Geschichte, ohne dass sich Verständnislücken oder sonstige Defizite bemerkbar machen. Die im besten Sinn grausige Doppelseite mit der Autobahn ist sogar richtig originell und gut gemacht. Aber leider sieht man seinen Figuren in fast jedem Kästchen an, dass er viel mit dem Computer arbeitet. Das wirkt durchgängig alles recht steif und steril und mindestens einen Schritt entfernt von lebenden, atmenden Figuren, die es dem Leser erlauben, wirklich in die Geschichte eintauchen zu können.

In erster Linie muss sich Milligan aber an die eigene Nase fassen, denn auch dies ist eine Debütausgabe, in der zwar viel passiert, aber wenig interessiert oder berührt. Vieles erscheint routiniert, der Cliffhanger sogar etwas platt, und insgesamt hätte man sich gewünscht, dass Milligan vielleicht an einer Figur dranbleibt und sie entwickelt, statt alle ein, zwei Seiten zum nächsten neuen, meist konfusen Schauplatz mit neuen, meist unbekannten Figuren weiterzuzappen, die man dann auch wieder nicht richtig kennenlernt. Die erste Szene mit Shade hat immerhin kurz mein Interesse geweckt, läuft dann aber auch ins Leere. Am Ende gibt’s nochmal einen hohen Ball in den gegnerischen Strafraum, der aber auch keinen Abnehmer mehr findet.

Eher enttäuschender Start.

ZOOM-FAKTOR: 4 von 10!


 

BJÖRN: Ja, das größte Problem von Justice League Dark ist, dass das ganze Heft an Strukturmangel leidet. Milligan bringt zwar alle Figuren aufs Papier, stellt aber niemanden so richtig vor. Einzelne gute Momente (die von dir erwähnte Autobahnseite; die Seite davor, wenn die Frau merkt, dass sie nicht ist, was sie zu sein glaubt; die Seite, auf der Shade seine selbst geschaffene Freundin vernichtet) halten sich nicht die Waage mit den konfusen restlichen Geschehnissen. Ich verstehe zwar, wohin Milligan das alles steuert, aber der Comic hätte – gerade für Neuleser, die John Constantine, Zatanna und Co. noch nicht kennen – eine deutlich straffere Rahmenhandlung vertragen.

Auch in seinen Mono- und Dialogen erscheint mir Milligan viel zu bemüht: Die Erzählung von Madame Xanadu ist komplettes „Tales from the Crypt“-Sprech, während der Austausch zwischen Superman, Wonder Woman und Cyborg über Wissenschaft und Magie völlig gestelzt und unglaubwürdig in ihrer Situation wirkt. Und das ist noch bevor Wonder Woman anfängt, einen laufenden Kommentar von dem abzugeben, was wir auf der Seite sehen. („Superman. You’re being cut to ribbons.“)

Die Starrheit der Janin’schen Figuren hast du ja bereits erwähnt, da nicke ich also nur weise und wiederhole einfach mal dein Fazit: Eher enttäuschender Start.

ZOOM-FAKTOR: 4 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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