Welt am Draht

52 mal berührt: Deathstroke #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 20 von 52: DEATHSTROKE #1 von Kyle Higgins und Joe Bennett.

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BJÖRN: Junge, muss auf Simon Bisleys Titelbild ein scharfer Wind von rechts wehen. Oder wieso stehen Deathstrokes Hundemarken so stramm im 90°-Winkel?

Ich habe eine Schwäche für das Konzept des alten, einäugigen Hinternversohlers (weshalb ich auch Ennis’ Fury mehr mochte, als der Comic verdient hat) und das bietet mir Deathstroke. Slade ist ein professioneller Auftragsmörder, dessen Klienten glauben, er habe es nicht mehr drauf. Also wird er ihnen das Gegenteil beweisen. Und Leichen werden seinen Weg pflastern.

Wobei es nicht gerade selbstsicher wirkt, dass Higgins auf den ersten zwei Seiten wiederholt in Captions betonen muss, dass Deathstroke der „scariest badass“ auf dem Planeten ist. Als Beleg dafür ermordet Slade einen fetten Russen und ein Dutzend Soldaten, aber im großen Zusammenhang des DC-Universums: Jeder mit Superkräften kann sowas. Die Inferior Five hätten sowas gekonnt. Dass er später eine Fliege mit einer Büroklammer abschießt, sieht zwar arg nach Marvels Bullseye aus, hilft seiner Charakterfindung aber deutlich mehr. Beeindruckend, wenn man überlegt, dass der einäugige Terminator keine Tiefenwahrnehmung haben dürfte.

Im weiteren Verlauf des Heftes bekommen wir einen Kampf mit Monstern in einem Flugzeug (der zweite im DCnU nach Hawk & Dove) und eine Wendung serviert, die uns deutlich machen soll, dass Slade kein netter Typ, sondern eine völlig amoralische Figur ist. Nichts davon ist weltbewegend und in weiteren Ausgaben sollte Slade ein paar Hindernisse präsentiert bekommen, die es zu überwinden gilt; denn nur „badass“ dürfte als Konzept schnell öde werden.

Aber wenn Higgins hier plant, einen dreckigen Superhelden-Spionagethriller mit hohem Actionanteil zu schreiben, dann hat er mich erstmal als Leser gewonnen. An dem Genre habe ich nämlich durchaus meinen Spaß. Und Bennett als Zeichner überzeugt mich auch, obwohl seine erste Splashpage etwas steif wirkt und er und Jason Wright bei der Kolorierung zu sehr auf Braun-, Rot- und Orangetöne setzen.

Als Vorstellung der Hauptfigur und des generellen Tonfalls der Serie auf jeden Fall erfolgreich.

ZOOM-FAKTOR: 6 von 10!


MARC-OLIVER: Am meisten freue ich mich hier über Joe Bennett, der wirklich bessere, höher dotierte Jobs verdient hat, als die, die er die letzten zehn Jahre meistens machen musste. Zumindest The Crew mit Christopher Priest war aber ziemlich klasse, auch wenn die Serie sich leider nur sieben Ausgaben lang hielt.

Und, tja, das ist leider das Netteste, was ich über Deathstroke sagen kann. Du erwähnst Ennis, und speziell im Vergleich mit ihm fällt auf, was Kyle Higgins hier für eine Rumpelnummer vorlegt. „Nicht gerade selbstsicher“ ist da noch ein Euphemismus. Die Handlung funktioniert eh nach dem gut abgehangenen Schema F, was prinzipiell auch legitim ist. Aber dann muss halt die Ausführung stimmen, und selbst damit ist Higgins noch überfordert. Da ist meistens nichts, außer diesem wenig spektakulären Knochengerüst eines Plots. Und wenn Higgins sich doch mal zu einer Interaktion zwischen Deathstroke und seinen jugendlichen Sidekicks durchringen kann, dann hat sie null Glaubwürdigkeit und entlarvt nur, wie flach seine Figuren sind. Dementsprechend nichtssagend ist auch das Ende. Es überrascht nicht, es lässt nichts in einem anderen Licht erscheinen als zuvor, es verpufft einfach im leeren Raum. Ich nehme Higgins seinen Protagonisten nicht mal für eine Sekunde ab, geschweige denn die Nebenfiguren.

Insgesamt eine ziemlich trostlose Vorstellung, die bei mir bloß ein angeödetes Schulterzucken ausgelöst hat. Das gab’s alles schon etwa zehntausend mal, und meistens besser als hier.

ZOOM-FAKTOR: 2 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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