Welt am Draht

52 mal berührt: Blue Beetle #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 31 von 52: BLUE BEETLE #1 von Tony Bedard und Ig Guara.

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MARC-OLIVER: Man sollte meinen, dass es für „junge, unverbrauchte Figuren“ – oder zumindest für das, was man bei DC darunter versteht – mehr Ansatzpunkte gäbe, als das Spider-Man-Konzept zu klauen und daraus irgendeine blutarme Kopie zusammenzuklabüstern. Leider schlägt nach Static Shock aber auch Blue Beetle in diese Kerbe – bloß, dass man hier statt kübelweise schlechter Exposition zur Abwechslung mal wieder auf Blut, Gedärme, Massenmord und grausig entstellte Leichen setzt.

Gab’s ja auch erst so selten bei den „New 52“.

Das alles ist insbesondere deshalb so tragisch, weil es sich bei Held Jaime Reyes um eine Figur handelt, die mal ausnahmsweise nicht weiß und anders als die meisten anderen DC-Helden auch noch nicht im fortgeschrittenen Rentenalter ist. Und am Ende heißt’s wieder, schwarze oder hispanische Figuren würden sich schlecht verkaufen. Bedard und Guara sind rein handwerklich gerade so im grünen Bereich, aber das ist auch schon das größte Kompliment, das man Blue Beetle aussprechen kann. Was hier angeboten wird, ist uninspiriertes, seelenlos runtergespultes schlechtes Mittelmaß, das durch übertriebene Brutalität von seiner Einfallslosigkeit abzulenken versucht. Braucht kein Mensch.

ZOOM-FAKTOR: 3 von 10!


BJÖRN: Hola, Señor Fresco. Hast du eigentlich gemerkt, dass der Comic an der Grenze zu Mexiko spielt?

Ich kann an Blue Beetle schon positivere Seiten erkennen als du: Das Grundkonzept ist nicht verkehrt. Der blaue Käfer ist keine Superkraft, sondern eine Waffe, die den Besitzer völlig übernimmt und ihn zwingt, Dinge zu tun, die er nicht tun möchte. Das ist althergebracht, aber durchaus tragfähig und wird ordentlich eingeführt. Außerdem werden Monsieur Mallah und The Brain erwähnt. Und jeder Comic, der meine Lieblingsromanze zwischen sprechendem Menschenaffen und Gehirn im Glas zurückbringt, kann nicht ganz schlimm sein.

Er kann aber trotzdem schlimm genug sein, was daran liegt, dass Tony Bedard hier mit verkorksten Dialogen epischen Ausmaßes um sich wirft. Was auf den ersten paar Seiten das völlig übertriebene Alien-Sprech ist, werden später spanische Worte und Phrasen, die bis zum Erbrechen in jeden Dialog eingestreut werden. ¡Ay, caramba! Außer die Figuren kommen aus Deutschland oder Frankreich, dann müssen sinnlose Brocken Deutsch oder Französisch eingestreut werden („The verdammt thing is cursed“). Dabei will Bedard claremontiger als Claremont sein und schafft es, den Lesefluss völlig zu zerstören. Ich bin mir sicher, es gibt eine subtilere Art zu zeigen, dass dieser Comic einen Helden hat, der Chicano ist.

Immerhin geschieht in dieser Ausgabe etwas, ein Plot ist erkennbar und den Splatteranteil empfinde ich als deutlich annehmbarer als in anderen Neustarts. Nur ist beides nicht genug, um mich dafür zu interessieren, wie es weitergeht. Und für das unsinnige „Fußball ist ein Mädchensport“-Klischee gibt’s auch keine Liebe von mir. Ich glaube, stattdessen kaufe ich mal lieber die Hefte aus Keith Giffens und Cully Hamners Neustart von vor ein paar Jahren, die sollen nämlich wirklich gut sein. Will sagen: ¡Váyase, Escarabajo azul!

ZOOM-FAKTOR: 2 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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