Welt am Draht

52 mal berührt: Birds of Prey #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 30 von 52: BIRDS OF PREY #1 von Duane Swierczynski und Jesus Saiz.

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MARC-OLIVER: Die Vorgängerserie lief kommerziell recht gut und hatte in Gail Simone zudem eine Autorin mit einem guten Ruf und einer gewissen Anhängerschaft. Da sollte man eigentlich meinen, dass es einen triftigen Grund geben müsste, wenn DC trotzdem nach nur einem Jahr und vollkommen ohne Not die Pferde wechselt, Birds of Prey generalüberholt und mit neuem Personal wieder ins Rennen schickt.

Leider lässt sich dieser triftige Grund hier nicht feststellen. Die erste Ausgabe zeigt einen weitgehend kompetent ausgeführten Allerwelts-Action-Thriller mit leider sehr austauschbar wirkenden Hauptfiguren – nicht mehr und nicht weniger. „Weitgehend“ kompetent, weil es zweimal holprig wird: das erste Mal, wenn Black Canary vier Seiten lang an einer ins Fleisch schneidenden Schlinge baumelt, zwischendurch offenbar vom Autor vergessen wird und dann Zeit für ein ausgiebiges Flashback hat, bevor sie gemächlich ein Messer zückt, mit dem sie sich losschneidet; das zweite Mal, wenn einer der Angreifer am Schluss seine Maske verliert und das Gesicht darunter dem seines Opfers ähnelt – ist das Absicht von Seiten des Autors und Zeichners? Oder ist es nur zufällige Ähnlichkeit? Ich bin an der Stelle als Leser verwirrt, denn es wird nicht ersichtlich, was ich mit der Szene anfangen soll. Schlechtes Storytelling, das.

Das Ende kommt zwar überraschend, verhallt aber im leeren Raum, denn man lernt hier keine Figur gut genug kennen, mit ihr fiebern zu können, und der Plot selbst bleibt auch vage und generisch. Vollkommen verzichtbare Nummer.

ZOOM-FAKTOR: 4 von 10!


BJÖRN: Angeblich hat Bill Jemas damals bei Marvel die Rückblende als Erzähltechnik verboten. Sollte dem so sein: Kann DC bitte, bitte, bitte endlich Bill Jemas anheuern? Birds of Prey ist beileibe nicht der einzige Neustartcomic, der mit Rückblenden durchsetzt ist, aber er ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Besonders wenn die Rückblenden völlig sinnlos sind, so wie es die zweite Rückblende ist, die zu zwei weiteren unnötigen Rückblenden führt.

Insgesamt ist Birds of Prey einmal mehr solide Hausmannskost. Nicht wirklich schlecht, nicht wirklich groß. Saiz‘ Zeichnungen sind ordentlich, aber unspektakulär. Das Heft sieht aus wie dutzende andere Hefte des Neustarts. Die Handlung bewegt sich langsam voran, aber wenigstens bekommen wir eine große Actionszene, auch wenn die nicht so kickt, wie es die Einzelteile (unsichtbare Attentäter, zwei Actionheldinnen und ein Oldtimer in einer Kirche) versprechen. Black Canary bleibt weitgehend undefiniert, aber ich mag ihre Partnerin Starling, die ein neues Element im DC-Universum darstellt. Pistolenschießende Action-Lady, die ganz eindeutig Spaß an der Sache hat? Gefällt mir. Gerne mehr davon. Wobei auch Swierczynski es nicht schafft, mehr als zwei seiner vier Hauptfiguren (wenn ich dem Titelbild glauben darf) in dieser Ausgabe unterzubringen. Auch daran sollte man arbeiten.

Oh ja. Und was es mit dem Angreifer auf sich hat, habe ich auch nicht verstanden. Ich dachte auch zuerst, dass er das selbe Gesicht wie sein Opfer haben sollte. Aber Black Canary geht danach nicht weiter darauf ein. Insofern …

Insgesamt ist Birds of Prey solide, aber dröge. Ein Einzeltitel mit Starling in den richtigen Händen (doch wieder Gail Simone?) könnte hingegen wirklich Spaß machen.

ZOOM-FAKTOR: 4 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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