Welt am Draht

52 mal berührt: Batman: The Dark Knight #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 51 von 52: BATMAN: THE DARK KNIGHT #1 von David Finch und Paul Jenkins.

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MARC-OLIVER: altPuh, ist es noch weit?

David Finch zeichnet hier, Paul Jenkins ist irgendwann zu weit vorgerückter Stunde als Autor dazugestoßen, den Plot hat man sich angeblich trotzdem noch irgendwie zusammen ausgedacht. Und, naja, der Comic soll – wie man sich anhand des Titels schon ableiten kann – wohl die Leute ansprechen, die den gleichnamigen Film gut fanden und jetzt mehr wollen. Soweit die Theorie.

Bei der Umsetzung macht sich dann das eine oder andere déjà-vu bemerkbar – nicht etwa, weil man sich zu nah am Film bewegen würde, sondern eher, weil sich die Geschichte aus unerfindlichen Gründen fast wie eine schlechtere Version von Batman #1 liest, das eine Woche vorher erschienen ist: Wayne hat ’nen großen Auftritt in Gotham City, Batman prügelt sich durch die versammelten Insassen der Arkham-Anstalt.

Äh, ich find’s ja prinzipiell gut, wenn Autoren ihr eigenes Ding machen können und sich nicht erst untereinander absprechen müssen. Aber wenn der Neustart innerhalb einer Woche zwei sehr ähnliche Batman-Szenarien ausspuckt, sollte man sich vielleicht Gedanken machen, ob man für die Serie nicht besser jemanden angerufen hätte, der andere Ideen hat. Oder ob man drei Serien macht, statt vier. Verschärft wird das Ganze noch dadurch, dass Finch, ebenso wie Batman-Zeichner Greg Capullo, einen Stil hat, der sowohl von Jim Lee als auch von Todd McFarlane nachhaltig inspiriert worden ist. Der Redakteur ist jedenfalls derselbe, an mangelnder Kommunikation kann’s also nicht gelegen haben. Kurios.

Von den Oberflächlichkeiten abgesehen, haben die beiden Serien aber zum Glück dann doch sehr unterschiedliche Herangehensweisen. Wo Snyder und Capullo akribische Filigrantechniker sind, packen Jenkins und Finch erzähltechnisch gerne mal die dicke Holzkeule aus. The Dark Knight ist mal mehr, mal weniger robuste Genre-Kost mit Zeichnungen, die oft nur aus dem Augenwinkel gekonnt aussehen.

Das Heft ist bei weitem nicht so grottenschlecht wie die Erstausgabe von Detective Comics, und ich finde es insgesamt sogar einen Tick gelungener als Batman and Robin. Wenn man kurz zuvor aber Batman gelesen hat, braucht diesen Comic kein Mensch. Dann merkt man nämlich erst, wie gut Snyder und Capullo im Vergleich zu ihren Kollegen sind – weder Finch noch Jenkins können handwerklich auch nur entfernt dagegen anstinken.

ZOOM-FAKTOR: 4 von 10!


 

BJÖRN: Die Ähnlichkeiten zu Batman #1 sind tatsächlich frappierend, was für Jenkins und Finch nur ein zusätzlicher Albatross um den Hals ist, weil hier nichts auch nur im Ansatz so gelungen ist wie in Snyders und Capullos Titel. Klar, es ist auch nichts so schlecht wie in Detective Comics, aber wie du mir bei meiner Besprechung von Batman and Robin an den Kopf warfst: Das heißt nichts.

Die inneren Monologe sind Beispiele beeindruckend missratener Prosa („Fear is a cannibal.“ Ist klar. Und „Love is a battlefield.“), David Finchs Gesichter scheinen auf einigen Panels völlig zu schmelzen (außer, das hier wird noch ein Batman/Cthulhu-Crossover, dann hat der fischäugige, dicklippige Bruce Wayne sicher Verwandte in Innsmouth), die präsentierte Romanze für Bruce Wayne ist eine 08/15-Exotin, so wie auch der Ausbruch aus Arkham völlig 08/15 ist. Der Humor in Bruce Waynes Rede ist komplett gezwungen, wenn auch nicht so gezwungen wie die tagesaktuellen Referenzen im folgenden Dialog (Wirtschaftskrise + China). Und die Art, wie die schmachtenden Frauen an Bruce Wayne hängen? Heiliger Bimbam! Dagegen ist ja jedes Barbarengemälde von Frank Frazetta eine feministische Fingerübung. Was auch die Frage aufwirft: Die Dame in Arkham? War das Dumb Bunny von den Inferior Five? Und ist der Buttshot dann automatisch eine ironische Brechung?

Ach ja, statt einfach Arsch zu treten, muss Batman sich bei der Polizei vor dem Arkham Asylum erstmal einen dramatischen Auftritt verschaffen und einen Klugscheißerspruch vom Stapel lassen.

Spätestens als auf der letzten Seite Two-Face in der neuen Hardcoreversion auftritt, über zwei Meter groß und mit mehr Muskeln bestückt als eine Wrestlinggroßveranstaltung, wurde mir klar, dass das hier DCs Antwort auf die erfolgreichen Image-Comics der Jahre 1993 und 1994 ist. Nur, warum es 17 Jahre gebraucht hat, um diese Antwort rauszukloppen, das verstehe ich noch nicht ganz.

Batman and Robin hat wenigstens Spaß gemacht, The Dark Knight erscheint – besonders nach Batman #1  – einfach nur völlig überflüssig.

ZOOM-FAKTOR: 2 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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