Welt am Draht

52 mal berührt: Batman #1

DC Comics startet sein komplettes Superhelden-Universum neu. COMICGATE trifft sich zum Speed-Dating mit den Erstausgaben aller 52 Serien. Wird es dabei zu heißen Spätsommer-Flirts kommen? Zu wilden Schlabberzungenküssen? Oder bleibt es doch eher beim Austausch lauer Unverbindlichkeiten? Hier ist alles drin, Freunde der Sonne. Folge 29 von 52: BATMAN #1 von Scott Snyder und Greg Capullo.

batman

MARC-OLIVER: Hey, ist Capullo nicht der Typ von Spawn und X-Force? Ist er, und er hat sich beachtlich entwickelt. Was umso erstaunlicher ist, als er sich verhältnismäßig rar gemacht hat und seit den frühen 1990ern nur an etwas mehr als einer Handvoll Serien substanziell beteiligt war. Capullos Stil hat zwar natürlich von Jim Lee, Andy Kubert und Co. kräftig was mitbekommen, ist aber trotzdem noch als „Capullo“ identifizierbar und ganz schön anzuschauen – und eine Geschichte unfallfrei in Bildern erzählen kann der Mann auch, wie man hier sieht. Zumindest bis auf die Szene, in der Bruce Wayne seine Zukunftsvision für Gotham City vorstellt, die im Bild dann doch arg weniger spektakulär aussieht, als die Story es zu erfordern scheint.

Davon abgesehen, ist es aber eher Scott Snyder, der etwas enttäuscht. Den Verkaufszahlen nach toppt Batman #1 die September-Charts im US-Markt, und man muss das fast schon wieder als vertane Chance einordnen. Nimmt der Geschichte irgendjemand den Mordverdacht gegen Dick Grayson ab, den Snyder hier konstruiert? Da bin ich selbst bei kompletten Neueinsteigern skeptisch. Wenn man mit Batman halbwegs vertraut ist, kann einem diese Finte jedenfalls höchstens ein Augenrollen entlocken. Schlimmer noch: Wenn das Snyders Ernst ist, dann lässt er sogar Batman als Deppen dastehen, wenn der – im Gegensatz zur versammelten Leserschaft – als einziger seinen Partner verdächtigt.

Auch der Rest der Geschichte gibt nicht viel her. Es ist prinzipiell ’ne gute Idee, neben Batman auch Bruce Wayne mal so etwas wie einen Auftrag für Gotham zu geben. Aber erschöpft der sich wirklich in ein paar großen, Dubai-mäßigen Mega-Wolkenkratzern? Was soll das bringen?

Ich hab hier den Eindruck, dass Snyder seinen Lesern und sich selbst viel zu wenig zutraut. Der Mann kann doch schreiben, wie man am Szenenaufbau oder den Dialogen (oder an Swamp Thing) erkennt – warum also so eine lahme Geschichte als Einstieg? Man kann das Heft nicht mal als schlecht bezeichnen, eher als mutlos und etwas unglücklich. Ich werd hier dranbleiben, aber das ist eher ein Vertrauensvorschuss, der sich aus Snyders anderen Sachen speist. Vielleicht kommt der überraschende Kniff ja in der nächsten Ausgabe.

Selbst wenn’s so ist, wäre das allerdings immer noch mindestens einen Monat zu spät, um von einem wirklich gelungenen Start sprechen zu können.

ZOOM-FAKTOR: 6 von 10!


BJÖRN: Den Vertrauensbonus gebe ich Snyder auch, aber auf Grundlage des Heftes: Direkt am Anfang darf Batman sich im Arkham Asylum einmal durch die Greatest Hits seiner Schurkengalerie prügeln (plus Professor Pyg), ohne dabei ins Schwitzen zu geraten. Das sieht schick aus und macht Lust auf mehr. Vor allem aber sagt es: Wenn Batman sich so leicht durch eine Sammlung seiner wichtigsten Gegner möbelt, dann hat Snyder hier Größeres mit ihm vor. Und ich vertraue ihm da so weit, dass Größeres nicht in einem Debakel enden wird, wie damals die Einführung von Hush durch Jeph Loeb.

Insgesamt empfand ich Batman als einen ansprechenden Mix aus Superheldenaction, Detektivarbeit und Einblick ins Leben Bruce Waynes, der keine größere Schwäche zeigt. Und Snyder schafft es sogar, die „Wer ist wer“-Boxen sinnvoll zu erklären, die in Legion of Super-Heroes am Ende so lächerlich werden.

Ich persönlich mochte den Cliffhanger: Ja, es ist völlig klar, dass Dick Grayson nicht der Schurke ist. Aber als Anreiz, die nächste Ausgabe zu kaufen, reicht es mir. Die Frage für mich war: Wieso taucht Dicks Name da auf? Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das befriedigend zu erklären, vielleicht sogar unter Rückgriff auf die Actionszene am Anfang des Comics, und ich denke, Snyder schafft das.

Greg Capullo beeindruckt mich schwer: Das Spawn-Element kommt der Darstellung des nächtlichen Gotham City sehr entgegen, die Actionsequenz fetzt und ich mag die leicht übertriebene, cartoonhafte Mimik von Jim Gordon und Harvey Bullock. Nur in den Bruce-Wayne-Passagen – also: bei Licht betrachtet – knickt Capullos Artwork ein. Bruce, Dick, Damian und Tim sehen sich jenseits von Haarschnitt und Körpergröße viel zu ähnlich. Und dann kommt auch noch Lincoln March dazu, der ebenfalls Bruce Wayne mit etwas glatterer Frisur ist? An der Stelle muss Capullo nachbessern. Dafür zeichnet er einen großartigen Batman. Die Art, wie Batman kurz vor Schluss durch das nächtliche Gotham schwingt, ist richtig schnieke. Noch dazu schafft der Mann es, das doof aussehende neue Kostüm durch geschickten Einsatz von Schatten und Cape in fast jedem Panel zu verbergen. Auch das halte ich ihm zugute.

Für meinen Geschmack ein sehr zufriedenstellender Einstieg in die Welt des Batman.

ZOOM-FAKTOR: 7 von 10!


 

Bereits im Juni hatte COMICGATE alle 52 neuen DC-Serien vorurteilslos begutachtet und eingeordnet: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4.

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