Rezensionen

Tanatos 1 – Der Sohn des Todes

Cover Tanatos 1Na also, nachdem einige der Comics, die für das „All in One“-Konzept von Ehapa ausgewählt wurden, von eher durchwachsener Qualität waren (für unsere Rezension auf den jeweiligen Comic klicken: Hell's Kitchen, Die Chroniken von Centrum, Engel, Der Herr der Finsternis) bringt der Verlag mit Tanatos nun eine französische Albenreihe, die man schließlich beinahe ausnahmslos loben muss. Angesiedelt in Frankreich des frühen 20. Jahrhunderts, handelt der erste abgeschlossene Zyklus „Der Sohn des Todes“ von dem sich entfaltenden Masterplan des französischen Superschurken Tanatos, der im Jahr 1914 die Politik der Nationalversammlung direkt beeinflusst und durch Anschläge und Attentate insgeheim zum kriegsauslösenden Faktor wird.

Die Figur des Tanatos, ein dunkel maskierter Erfinder und Verbrecher, dessen Name sich vom griechischen Gott des Todes ableiten lässt, bleibt über die komplett Story hinweg mysteriös. Gemeinhin spricht man von ihm im Volk auch als „der Skarabäus“, seine Angestellten hingegen reden ihn meistens mit „Herr Graf“ an, seine wahre Identität kennt aber wohl niemand. Überhaupt passt jene letzte Bezeichnung sehr gut zum eloquenten und gerissenen Schurken, der über eine wohlorganisierte Belegschaft und ein nobles Schloss verfügt.
Zudem ist es vonnöten, das zugrundeliegende Szenario zu umreißen, wenn man den Charakter von Tanatos und seine Rolle in diesem geschichtsträchtigen Comic verstehen will: Die Geschichte spielt sich im Jahr 1914 ab, d. h. dass man als Leser direkt mit der Zeit vor dem 1. Weltkrieg bis hin zur vollständigen Eskalation (gegenseitige Kriegserklärung aller Verbündeten) konfrontiert wird. Und das, soweit ich das sehe, tatsächlich im realgeschichtlichen Kontext, zumindest soweit es den französischen Blickwinkel der Geschehnisse betrifft. Denn genau darum geht es in diesem Album. Eingestreute Titelblätter französischer Zeitungen unterstützen die Chronologie der Weltpolitik, die zuerst nur grob um das französische Zentrum, von dem dieser Comic ausgeht, kreist, sich dann aber, durch Tanatos Beeinflussung, diesem immer weiter annähert. Das Ende ist klar, Europa befindet sich im Krieg. Wie lässt sich also ein Superschurke mit dieser historischen Nachbereitung verbinden?
Nun, Didier Convard und Jean-Yves Delitte bauen ihre Figur des Tanatos geschickt in den bestehenden Rahmen an. So wird aus der Handlung eine spannende Kriminalgeschichte, die mit den politischen Ereignissen verwoben ist und zum Teil sogar als Grundlage für diverse Vorfälle herangezogen wird.

Was mir sehr gefallen hat, ist die Tatsache, dass es keine Helden gibt, sondern lediglich einen ambitionierten und mutigen Detektiv, der dem stattfindenden Morden nachgeht. Tanatos hingegen passt eigentlich erstmal so gar nicht ins bestehende zeitgeschichtliche Bild des französischen Landes. Er ist ein Genie, das in fremde Rollen schlüpfen kann und das in einer Art „Bathöhle“ unter seinem Schloss neuartige Fluggeräte beherbergt, die es zu jener Zeit eigentlich gar nicht geben kann. Gezielt führt er seinen Plan in mehren Stufen aus, darunter fällt die Ermordung unliebsamer Abgeordneter, die Zerschlagung einer Rüstungsfirma und die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand. Ihm zu Dienste stehen eine Reihe loyaler Zeitgenossen, die so anschauliche Codenamen wie „Angsttöter“ oder „Um-die-Ecke-Bringer“ besitzen. Damit ist alles in diesem Comic, was mit Tanatos zu tun hat, abwegig genug, um die Geschichte der Hintergründe des 1. Weltkrieges ad absurdum zu führen.

Aber gerade diese Gratwanderung zwischen Realismus und Absurdem hat mir imponiert, denn für beide Elemente lässt dieser Band genügend Spielraum. Und schließlich muss man sagen, dass das Aufarbeiten der französischen Haltung zum Krieg durchaus auf ernsthafte Weise geglückt ist; eindrücklich wird die politische Aufheizung zwischen Sozialisten und Nationalisten geschildert, ebenso die Geheimtreffen zwischen den Waffenherstellern verschiedener Länder, die unbedingt ihren Profit aus dem nahenden Krieg schlagen wollen. Solche Themen dann noch in die übergreifende Erzählung über einen Superschurken nachvollziehbar einzubetten, ist sicherlich nicht einfach.

Wesentlich einfacher wäre es da auf jeden Fall gewesen, die Bilder auf manchen Seiten etwas lesefreundlicher zu gestalten. Delittes Zeichnungen sind an manchen Stellen überbeleuchtet und grell, was daran zu liegen scheint, dass die schwarzen Konturstriche nochmals eine weiße Umrandung aufweisen, was doch sehr stört. Ich weiß nicht, ob das an der Bearbeitung durch den Ehapa Verlag liegt oder ob das Problem bereits in den Vorlagen bestand, aber wenn einem die Augen schon fast wehtun, auch wenn es nur auf wenigen Seiten sehr extrem ist, dann trübt das einfach den Lesegenuss. Da ist aber wirklich auch der einzige Kritikpunkt, den ich an Tanatos finden kann. Ich freue mich auf einen weiteren Zyklus, der für März 2010 angekündigt ist.fen zwischen den Waffenherstellern verschie

e Fluggeräte beherbegt, die es zu jener Zeit eige


Tanatos 1: Der Sohn des Todes
Ehapa Comic Collection, August 2009
Text: Didier Convard
Zeichnungen: Jean-Yves Delitte
112 Seiten, farbig, HC; 29,95 Euro
ISBN: 978-3-7704-3286-8

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