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The Walking Dead – The Game. Folge 1

Erste Folge des Spiels zu The Walking DeadBasierend auf der erfolgreichen Zombiecomicserie (und vermutlich im Zuge der noch erfolgreicheren Fernsehserie) brachte Telltale Games vor wenigen Wochen die erste von fünf Folgen eines The Walking Dead-Spiels heraus. Und das ist viel besser, als man es von einem derartigen Spin Off erwarten würde. Der Clou an der Sache ist, dass sich getroffene Entscheidungen auf den Spielablauf auswirken sollen. TWD-Mastermind Robert Kirkman hat zum Glück auch beim Spiel viel zu sagen. Björn und Frauke haben die erste Folge „A New Day“ gespielt und tauschten sich dann darüber aus, was sie für besonders gelungen hielten – und was definitiv ins Auge ging. Leichte Spoiler im Text; wer sich überraschen lassen will, sollte diesen Text erst nach dem Durchspielen lesen.

Das Spiel ist für PC, XBox und PS3 erschienen und nur digital als Download für insgesamt 24,99 USD erhältlich (Website zum TWD-Spiel). Beide Autoren verwendeten die PC-Version. Hinweise und Infos lassen sich zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrads abschalten, ebenso wie Untertitel.

 

Der Spieler spielt den Universitätsdozenten Lee Everett, der zu Beginn mit Handschellen in einem Polizeiwagen transportiert wird. Ob er wirklich den Mord begangen hat, für den er festgenommen wurde, ist nicht bekannt. Im Lauf des Spiels trifft er auf einige Figuren, die man bereits aus den Comics kennt, zum Beispiel Glenn.

Zur Einstimmung der Trailer:

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Björn: Bevor wir anfangen, sollten wir vielleicht erstmal kurz unsere Credentials vergleichen. Wenn ich das richtig sehe, spielst du gelegentlich Videospiele, bist aber nicht weiter in der Szene drin, während ich ziemlich exzessiv spiele und eigentlich auch konstant über Spiele lese, twittere oder gelegentlich blogge. Stimmt das so?

Frauke: Yepp. Ich spiele ganz gerne mal, aber nur wenige Spiele (gerade Diablo 3) und verfolge auch keine Blogs oder Zeitschriften dazu. Hat weniger damit zu tun, dass ich kein Interesse dran habe, sondern damit, dass mir schlicht die Zeit dazu fehlt.

Björn: Im Gegenzug bist du tiefer in der Materie von The Walking Dead drin. Ich habe nach Paperback Nummer 3 aufgehört und bin irgendwie nie mehr zu der Serie zurückgekommen, habe aber die DVD der ersten TV-Staffel hier auf dem Popkultursammelstapel. Du bist in der Serie auf dem neuesten Stand?

Frauke: Ja, kann man so sagen. Ich lektoriere die deutsche Übersetzung der Comicserie, die bei Cross Cult erscheint, von Beginn an. Vor kurzem sind wir mit dem 15. Sammelband fertig geworden.

Björn: Okay, dann wirst du mehr Anspielungen erkannt haben als ich. Glenn kommt im Comic relativ schnell vor und die Farm kommt später auch vor, stimmt’s? Das Spiel ist also zumindest in Ansätzen ein Prequel zur Comicserie, scheint aber auch zu funktionieren, wenn man die Comics nicht kennt. Man verpasst vermutlich in dieser Episode nur ein paar Anspielungen und Cameos.

So startet die 1. Folge des TWD-SpielsFrauke: Ich bin mir sicher, dass man die Comicserie nicht kennen muss, um seinen Spaß an dem Spiel zu haben. Meine Einschätzung ist, dass es dem Comicleser einen Mehrwert gibt, ohne dass der Nur-Spieler etwas verpasst.

Björn: Denkst du, dass es das jetzt schon war mit den Bezügen zum Comic oder dass die Serie dazu tendieren wird, auch andere „Lücken“ zu füllen und andere Handlungsorte zu besuchen?

Frauke: Die Comicserie lässt viele Fragen offen. Der Gruppe rund um Rick sterben die Menschen wie die Fliegen weg, dann tauchen wieder neue auf. Da lassen sich im Spiel sicher sehr viele Nebengeschichten erzählen. Mir fällt hierzu sofort Michonne ein, dann Abe und seine Gruppe sowie die Geschichte rund um den Governor, die sicherlich viele Comicleser ziemlich mitgenommen hat.

Björn: Findest du, derartige Verflechtungen wären eine gute Entscheidung, weil man den „Mythos“ der Serie so vertiefen könnte oder siehst du darin eher eine Gefahr, weil man möglicherweise zuviel erklärt?

Frauke: Ich glaube nicht, dass man damit an der Atmosphäre der Comics rüttelt. Im Gegenteil: Es zeigt, dass die Menschen auch ein Leben vor den Ereignissen im Comic hatten, was den Comicleser noch mehr eintauchen lässt. Und im Spiel werden ja auch nur kurze Momente gezeigt werden können, nicht ganze Lebensläufe erklärt.

Björn: Stimmt. Das könnte ein nettes Gimmick sein. Wichtig wäre für Spieler wie mich aber, dass es Vorgeschichten bleiben und nicht Wissen über die Serie vorausgesetzt wird. Das würde zu einem Problem werden. Aber mal weg vom Prequel-oder-Nicht: Wie war dein Gesamteindruck vom Spiel?

Frauke: Mir hat es alles in allem sehr gut gefallen. Als erstes sind mir die sehr professionellen Schauspielerstimmen aufgefallen. Wenn da was schief geht und die Stimmen steif oder einfach unpassend rüberkommen, kann es viel von der Atmosphäre kaputt machen; gerade in einem Spiel, das so handlungslastig ist. Hier ragen sie absolut positiv heraus. Gut fand ich auch den Einstieg, in dem man für kurze Zeit aus der Ich-Perspektive den ersten Kontakt mit den Zombies erlebt. Ziemlich atmosphärisch; gerade für mich, die sonst der Handlung nur aus der Beobachterposition folgt. Wie war denn Dein erster Eindruck?

Björn: Ich war positiv überrascht. Meine große Frage war ja: Welche Art von Spiel würde es werden? Als klassisches Adventure hätte es seine Probleme gehabt, weil diese Art von Spielen mit Dramatik nur schlecht umgehen können, was dem apokalyptischen Zombiegefühl geschadet hätte. Andererseits wäre eine reine Quick-Time-Event-Orgie, wie sie Telltale im Jurassic Park-Spiel präsentiert hat, vermutlich wieder eine spielerische Katastrophe geworden. Ich denke, dass Walking Dead da die richtige Richtung eingeschlagen hat: Ein paar Quicktime-Events, die aber großzügig getimet sind – ich bin nie gestorben, hatte aber trotzdem das Gefühl von Dringlichkeit. Ein großer Schwerpunkt auf den Dialogen, die sehr gut geschrieben sind, und den Figuren und nur einen relativ kleinen Adventure-Teil. Ich würde TWD übrigens eher als „interaktive Erzählung“ bezeichnen denn als „Spiel“. Wenn man mit der klassischen Idee eines Spiels da ran geht, könnte man enttäuscht werden.

Frauke: Ich bin am Anfang gestorben, weil mir die Tastenbelegung nicht klar war. Das ist auch einer meiner Kritikpunkte: Es gab etwas zu wenig Erklärungen. Zum Beispiel wurde gezeigt, dass W und S „nach vorne“ und „nach hinten“ bedeutet, aber dass man dann auch A und D für links und rechts verwenden kann, wurde nicht genannt (oder ich habe es aus irgendwelchen Gründen nicht mitbekommen). Für Spielefreaks sind diese Tastenbelegungen klar, für mich halt nicht. Auch dass man genauso gut die Pfeiltasten verwenden kann, hab ich eher zufällig herausgefunden. Intuitiv habe ich auch immer versucht, mit dem Mauszeiger in die Richtung zu deuten und Lee per Klick gehen zu lassen. Das ist aber in diesem Spiel nicht möglich, was ich sehr nervig fand. Hab keine Lust, die Figur nur über Tasten steuern zu können. Dann gab es noch zwei andere Tasten, mit denen man Zombies meucheln kann. Was die genau bedeuten/voneinander unterscheidet – keine Ahnung, da keine Erklärung.

Björn: Die Steuerung ist ein Problem, da stimme ich dir zu. Da störte auch, dass es unsichtbare Mauern in der Landschaft gibt. Es also so aussieht, als könne ich nach vorne oder hinten gehen, aber auf einmal stoppt die Figur, weil das Spiel nicht will, dass ich da lang gehe, sondern mich nur nach links und rechts lässt. Was relativ deutlich wird, ist, dass das Spiel für Konsolen entwickelt und dann auf den PC geportet wurde. Ich vermute, dass es sich mit einem XBox-Controller besser steuern lässt, was natürlich für diese Art von Spiel nicht die ideale Lösung ist. Eine angemessene Maussteuerung, bei der ich im normalen Spielverlauf einfach klicken kann, wohin ich gehen möchte, wäre mir auch lieber gewesen. Ich war aber nach ein paar Minuten drin und habe zum Ende hin kaum noch über die Steuerung nachgedacht.

Was mir viel negativer aufgefallen ist, war eines der wenigen Puzzle im ganzen Spiel. Wenn das ein Beleg für die allgemeine Qualität der Rätsel ist, dann bin ich der Meinung, dass man am Besten ganz auf die Puzzles verzichten und voll auf Dialogentscheidungen und Manipulation der Umwelt setzen sollte. Das Radiorätsel war ein schrecklicher Bruch zwischen Geschichte und Gameplay, bei dem beide nicht gut ausgesehen haben.

Carley ist im TWD-Spiel eine toughe JournalistinFrauke: Das Radiorätsel wäre mein nächster Kritikpunkt gewesen. Es passte wirklich null in die Storyline rein. Wer ist schon so blöd und legt die Batterien falsch gepolt rein und wartet dann gelangweilt darauf, dass der Protagonist das „Rätsel“ knackt? Und natürlich isses eine Frau, Carley, die das nicht auf die Reihe bekommt (die sonst einen sehr fitten Eindruck macht, was ich als sehr angenehm empfand, aber wie gesagt hier überhaupt nicht zusammenpasst). Dass Telltale tolle Rätsel herausgeben kann, zeigen sie doch mit Puzzle Agent 1 und 2 und, in völlig überdrehter Variante, der Sam & Max-Reihe. Gerne Rätsel, dann aber bitte originelle.

Björn: Es ist ja nicht mal ein Rätsel. Es ist ein Fetchquest mit anschließendem Schlag ins Gesicht. Die Frau ist Journalistin, sagt mir aber „ich wüsste gerade nicht einmal, wonach ich suchen sollte“. Sprich: Sie weiß nicht einmal, wie Batterien aussehen. Das mit dem falsch reinlegen wäre erklärbar, wäre es in einer hektischen Szene passiert. Aber mit dem Bild darunter, wie man die Batterien richtig einlegt, ist es so unglaublich dumm, ich bin überhaupt nicht darauf gekommen, nochmal nach den Batterien zu schauen und dachte, ich müsste noch einen anderen Gegenstand finden. Und es passt wirklich gar nicht zu der jungen Dame, die ansonsten sehr kompetent wirkt, gerade auch im Umgang mit der Waffe und das „hilfsbedürftige Frau“-Klischee ja weitgehend unterläuft. Was hältst du eigentlich in Sachen Charakterisierung von Lee, unserem Protagonisten?

Lee, die Hauptfigur des TWD-SpielsFrauke: Lee find ich ziemlich sympathisch, weil er nicht als Held dargestellt wird. Obwohl wir ihn spielen, bleibt er für uns geheimnisvoll. Was in seiner Vergangenheit wirklich passiert ist, ob er zu Recht verhaftet wurde – man weiß es nicht. Für einen Universitäts-Professor (oder nur Dozent, weiß es gerade nicht) wirkt er allerdings erstaunlich durchtrainiert und alltagskompetent, das verwunderte mich etwas. Und wir haben nicht erfahren, was er überhaupt an der Uni lehrt, oder?

Björn: Nein, Lees Jobtitel erfahren wir nicht. Ich hatte mit Lee meine Probleme: Ich mag ihn als Figur, und schwarze Protagonisten sind immer noch eine Seltenheit, obwohl ja schon ein Schwarzer die Hauptrolle in Night of the Living Dead gespielt hat. Aber die „geheimnisvolle Vergangenheit“ fand ich narrativ nicht gelungen.
Das funktioniert mit einem unzuverlässigen Erzähler in einem Buch oder einem Film. Aber hier im Spiel bin ich ja quasi Lee, entscheide, wie er handelt, wen er rettet, welche Art Mensch er ist. Trotzdem weiß ich zunächst nicht, warum er im Polizeitransport sitzt; weiß nicht, wie du sagst, ob er tatsächlich ein Mörder oder aber unschuldig ist. Sollten meine Antworten das beeinflussen, dann wäre das eine interessante Variation, aber so, wie’s derzeit steht, finde ich es hölzern.
Gilt auch für die Apotheke, bei der sich erst im Verlauf des Spieles herausstellt, dass sie Lees Eltern gehört. Lee muss das von Anfang an wissen. Bei mir war es irgendwann als Dialog zur Auswahl und ich war mir da nicht sicher: Stimmt das? Oder erfindet er das gerade nur? Da war für meinen Geschmack eine zu große Trennung zwischen mir als Spieler und Lee als Spielfigur, die seltsam ist, weil ich ja bei der Beschreibung von Gegenständen und ähnlichem auch seine Gedanken mitbekomme. Dieses „Mysteriöse“ halte ich im Moment eher für eine Schwäche als für eine Stärke. Wenn es wenigstens der klischeebeladene Amnesie-Plot wäre, dann gäbe es dafür zumindest eine Erklärung.

Frauke: Ja, das mit dem Bruder und der Familie war bei mir genauso. Auf einmal wurde durch einen Auswahltext klar, dass wir uns offensichtlich in der Apotheke seiner Familie befinden. Ich bin davon ausgegangen, dass ich irgendeine ungewöhnliche Entscheidung getroffen hatte, wodurch ich es erst so spät erfahren habe. Aber wenn es Dir genauso ging … (Wobei, beim zweiten Gucken hab ich gemerkt, dass es schon ganz am Anfang im Polizeiwagen erwähnt wird. Da habe ich es mir aber nicht gemerkt.) Fairerweise muss ich aber dazu sagen, dass ich die Dialoge und Szenen dazu sehr schön fand. Der Schreck über das Schicksal seiner Familie hat man ihm auf alle Fälle abgenommen. Hier also wieder eine der von Dir bereits genannten Stärken: gute Texte, die durchaus mal mehr in die Tiefe gehen, als man sie von Videospielen erwarten würde.
Lee muss Clementine im TWD-Spiel beschützenWen ich übrigens extrem sympathisch finde, ist Clementine; das kleine Mädchen, um das sich Lee kümmert. Keine dieser altklugen, nervenden Bratzen, sondern einfach ein Kind, dessen Angst und Unsicherheit, was mit seinen Eltern passiert ist, einen schon etwas mitnimmt. Auf sie gebe ich als Lee gerne Acht, das haben die Entwickler für meinen Geschmack gut hinbekommen.

Björn: Ja, das Mädchen schlägt sich bisher sehr gut. Kinder sind ein echtes Problem in solchen Situationen, aber sie ist weder altklug noch völlig verblödet und sich konstant in Gefahr bringend. Ich stimme dir zu, ich hatte am Ende Interesse daran, dass es Clementine gut geht und werde das, solange sich da an der Charakterisierung nichts ändert, auch weiterhin als eine meiner Hauptmotivationen behalten.
Wobei einige der anderen Figuren noch Tiefe brauchen: Larry ist mir derzeit noch zu sehr grundloser Unsympath, den ich bei der erstbesten Gelegenheit den Zombies zum Fraß vorwerfen würde, und seine Tochter Lilly ist auch noch nicht definiert. Aber die Stärke des Episoden-Stils ist ja, das man sich in späteren Folgen verstärkt auf bisher vernachlässigte Figuren konzentrieren kann.
Bei den Dialogen stimme ich dir aber nur zum Teil zu: Videospiele dieser Art können und sollten Dialoge dieser Qualität haben, haben sie aber oft nicht. Oder sie verlieren sie in der deutschen Übersetzung mit lustlosen deutschen Synchronsprechern. Daher eine gute Wahl des Spiels, die Originalsprache nicht zu synchronisieren.
Ich denke, womit die Serie als Ganzes stehen und fallen wird, ist die Frage, ob die Entscheidungen, die ich treffe, auch tatsächlich spürbare Konsequenzen haben werden oder ob man da zuviel trickst und am Ende ein Mass Effect 3 abzieht.

Frauke: Oh ja, Larry. Da war ja auch eine ziemliche Inkongruenz drinne. Ich rette dem alten Unsympath sein Leben, und dafür überlässt er mich den Zombies?! Das hat mich schon etwas aus der Story rausgerissen.
Zum Thema „gute Dialoge in Spielen“ sind wir uns doch im Grunde einig: Man erwartet sie nicht, weil sie halt oft nicht vorhanden sind. Umso schöner ist es, wenn es dann doch passiert. Das will ich anderen Spielen auch gar nicht streitig machen (Tipps für Spiele mit tiefergehenden Dialogen, btw?). Ich glaube übrigens nicht, dass ein Spiel nur durch die Synchronisation leiden kann. Es gibt auch andere Faktoren wie schlechte Originalsprecher. Hier wurde aber eine wirklich gute Auswahl getroffen, gerade bei unserem Protagonisten Lee. Und wer des Englischen nicht so mächtig ist oder wen das Genuschel stört: Man kann sich die Texte per Untertitel einblenden lassen.

Björn: Eine schlechte Synchro kann dir ein Spiel richtig verleiden, glaub’s mir. Lustlos hingenuschelte Dialoge töten ein Spiel genau so wie einen Film.

Frauke: Auf die Konsequenzen meiner getroffenen Entscheidungen bin ich schon gespannt. Es wirkt ja doch immer etwas fatalistisch, wenn eine Nachricht kommt à la „Clementine will remember your decision“. Ein paar haben wir vermutlich schon miterlebt, zum Beispiel als Hershel Clementine fragt, ob sie mich kennt. Wenn ich mich vorher ihr gegenüber komisch verhalten hätte, hätte sie an dieser Stelle vielleicht gezögert und Hershel hätte mich nicht oder anders aufgenommen.

Björn: Bei solchen Entscheidungen bin ich immer etwas vorsichtig. Das kann schnell ausarten, weshalb Firmen dazu tendieren, „Pseudo-Entscheidungen“ einzubauen. Auf der Farm ist es egal, ob ich versuche, das Kind oder Shawn zu retten, der Ausgang ist derselbe, nur ist dann der Vater des Kindes möglicherweise sauer auf mich. Ich schätze aber, dass ich das mit dem richtigen Handeln in der folgenden Szene egalisieren kann.

Trailer zu „Choice Matters“:

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Wenn du am Ende des Spiels entscheiden musst, welche der beiden Figuren du rettest, dann stellt sich für mich die Frage: Hat das wirklich Relevanz oder wird die überlebende Figur am Ende der nächsten Episode gekillt, damit man nicht zuviele verschiedene Szenen schreiben muss? Auch das würde den Entscheidungen an Wirkung nehmen. Will sagen: Episode 5 sollte sich möglichst stark nach etwas anfühlen, das ich über vier Episoden geprägt habe. Sowas ist aber schwer und arbeitsintensiv … Wenn die Entscheidungen aber am Ende nur ein „Sympathiemeter“ sind, dann wird da viel Potenzial verschenkt.
Ich wäre ein riesiger Fan davon, das Spiel wirklich zum Äquivalent eines Wähl-dein-eigenes-Abenteuer-Buch zu machen. Meine Sorge ist aber – und das habe ich in zu vielen Spielen gesehen –, dass am Ende alles zu sehr auf ein vorgegebenes, kanonisches Ende hinausläuft.

Beispiel, wie Entscheidungen bei TWD getroffen werden:

Kommentar im TWD-Spiel, auf den eine Antwort gegeben werden muss     Die Antworten zur Auswahl im TWD-Spiel

Frauke: Damit, dass Entscheidungen Konsequenzen haben, wirbt das Spiel ja. Alles andere wäre Nepp.
Am Ende wurden aber nur fünf meiner Entscheidungen angezeigt und sie in prozentuellem Vergleich zu denen der anderen Spieler gesetzt. (Anzeige, wie viel Prozent an Spielern sich wie ich entschieden haben.) Das fand ich ganz interessant, hätte aber gedacht, dass deutlich mehr als fünf Entscheidungen „schwerwiegend“ sind. Was, glaubst Du, waren die Wichtigsten? Und hast Du das Spiel mit unterschiedlichen Entscheidungen gespielt? Ich hätte es zwischendurch gerne mal ausprobiert, hab aber von Spielspeicherungsseite nichts gefunden, als dass ich mittendrin einsteigen könnte (was für mich auch ein Kritikpunkt ist).

Björn: Vom Gefühl her: Wie ehrlich ich bezüglich meiner Vergangenheit bin, sollte früher oder später zurückkommen und mich in den Arsch beißen. Eventuell auch diese Kleinigkeiten, ob ich gesagt habe, dass ich die Zombie-Babysitterin gekillt habe oder ob das etwas anderes war.
Die relevanteste Entscheidung sollte die am Ende sein, ob ich den Elektrofreak oder die Journalistin mit der Knarre rette, die weiß, wer ich wirklich bin. Das sollte Konsequenzen haben – und im Rahmen einer Zombiegeschichte natürlich primär negative Konsequenzen. Also Szenen, in denen irgendjemand verreckt, weil ich die „falsche“ Person gerettet habe. 
Die anderen Entscheidungen halte ich für eher vernachlässigbar. Ich glaube, da misst das Spiel nur, wie sehr mich andere Figuren mögen.
Ich plane TWD nochmal mit ganz anderen Entscheidungen zu spielen, sobald ich sehe, dass es wirklich durch meine Auswahl verändert wird. Wenn das nicht der Fall sein sollte – erneut verweise ich auf Mass Effect 3 – dann reicht mir halt ein einmaliges Durchspielen.

Frauke: Vielleicht erläuterst Du kurz mal das Ärgernis mit Mass Effect 3.

Björn: Das Ärgernis war, dass ich über 100 Stunden in Mass Effect 1 bis 3 Entscheidungen traf, die angeblich den Ausgang des Spiels verändern würden … und am Ende gab es exakt ein Ende, das sich nur darin unterschied, in welcher Farbe etwas explodierte. Das ist leicht verkürzt, aber trifft’s. Und da fühlte ich mich – und nicht nur ich – dann doch von Bioware ganz derbe verarscht. Und als gebranntes Kind …

Frauke: Verstehe. Gegenüber diesem Aufwand ist TWD dann aber eher ein Leichtgewicht … Sollten denn die Entscheidungen in ME3 nur Einfluss auf das Ende haben oder auch auf den Spielverlauf?

Björn: Beides. Aber das Ende war das Relevantere, weil man das Gefühl hatte, dass man sein „persönliches“ Ende erreicht. Und das hoffe ich in TWD eigentlich auch.

Zombis aus dem Spiel zu The Walking DeadFrauke: Gehen wir mal optimistischerweise davon aus, dass es so ist. Ob sich TWD nach der zeitlich nur knapp vorangegangenen ME3-Enttäuschung überhaupt so etwas leisten könnte … Andererseits werden die Settings selber und damit die Umstände sicherlich identisch bleiben, alles andere wäre zu viel Aufwand. Da ist TWD dann doch recht statisch. Keine Ahnung, wie das bei ME3 ist.

Björn: Die Entscheidung, ob man generell bei Tag oder Nacht aus dem Haus geht, wurde in TWD im Vorfeld so angepriesen, dass abhängig davon eine ganz neue Situation stattfände. In der Realität ist’s eher ein anderer Anstrich für eine doch sehr ähnliche Szene. Da muss man aufpassen, dass Spieler am Ende nicht bitter enttäuscht sind.

Frauke: Ach stimmt, die Tageszeitensache habe ich ganz vergessen. Ich habe den Tag gewählt. Du auch?

Björn: Ja, auch den Tag. Aber wie gesagt: Letzlich war’s ja egal. Oder zumindest scheint es derzeit so …
Mit dem Caveat: Ich würde für die tolle Stimmung und die guten Dialoge TWD derzeit allen ans Herz legen. Etwa fünf Euro für eine Folge sind ein sehr fairer Preis für einige Stunden Unterhaltung. Ob ich das Gesamtpaket völlig empfehlen kann, werde ich aber erst feststellen, wenn ich sehe, wie sich die Entscheidungen auswirken oder nicht.

Frauke: Es gibt momentan übrigens ein Sonderpaket von Telltale: TWD kostet mit seinen fünf Folgen ja 24,99 USD. Für 44,99 USD bekommt man fast alle Spiele von Telltale als „The Walking Dead and the Almost Everything Pack”. Und das lohnt sich alleine schon wegen der zusätzlichen drei Sam & Max– und der zwei Puzzle Agent-Spiele, die mir viel Spaß gemacht haben, sowas von! Dicke Empfehlung von uns. Dazu kommen noch Back to the Future, Jurassic Park und einige andere Spiele. Und die zweite TWD-Folge könnte quasi jeden Moment erscheinen.

 

Viele weitere Videos – unter anderem auch Interviews mit den Machern – und mehr Infos findet Ihr auf der Website des The Walking Dead-Spiels.

Zum Ende des Spiels ist ein Résumé von uns geplant. Vielleicht schaffen wir es sogar noch, mittendrin eine Zwischenbilanz zu ziehen.