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Flash-Cartoons in alter Tradition

Neue Wege der Satire bei der Netzeitung

Animierte Zeichnungen üben auf mehr Leute als nur Angehörige unserer Nischenspezies eine Faszination aus, hauchen sie den doch ansonsten starren Figuren Leben ein. Auch Karikaturen oder gezeichnete Satire, wie sie z.B. des öfteren in den großen Tageszeitungen zu finden sind, sind in unserer Gesellschaft anerkannt und werden, oft im Gegensatz zu Comics, auch gerne von Erwachsenen gelesen.
Was liegt also näher, als diese beiden Elemente miteinander zu verbinden?
Als das für eine derartige Umsetzung geeignetste und aktuellste Medium bietet sich sicherlich das Internet an, durch das sich z.B. mit dem Flash-Format viele Möglichkeiten ergeben.
Nur, wem fallen jetzt spontan aktuelle, die Politik und die Gesellschaft kritisch betrachtende animierte Satirecartoons ein?
Eben.

Aber es gibt so etwas. Und zwar schon seit mehreren Jahren. Wochentag für Wochentag.

Aktualisierung: Der Artikel stammt vom September 2003, die Flash-Cartoons der Netzeitung wurden Anfang 2007 eingestellt.

 

Still und klammheimlich hat die Netzeitung das größte deutsche Flashcartoon-Archiv aufgebaut. Und zwar nicht mit Hilfe von erfahrenen Karikaturisten, sondern mit Comiczeichnern, von denen der ein oder andere Name Euch vielleicht bekannt vorkommt. Mit dabei waren oder sind Timo Würz, Karsten Schreurs, Bernd Schifferdecker, Peng + Go, Jan Rieloff, Thomas Gilke sowie Elke Reinhart und Gerhard Schlegel von Laska Comix.

In diesem Special stellen wir Euch dieses interessante Projekt vor. Dazu haben wir alle momentan beteiligten Künstler interviewt, deren Antworten im Anschluss zu finden sind.

Zur Einführung haben wir mit Timo Wirth, dem zuständigen Redakteur, gesprochen.

Er ist seit Januar 2001 Mitarbeiter bei der Netzeitung, die er als „einzige general interest, internet-only Zeitung in Deutschland“ mit dem Ziel, „minütlich aktuell Qualitätsjournalismus im Internet zu betreiben“ beschreibt und dabei hauptsächlich für Benutzerführung, Navigation, Konzeption und HTML-Produktion zuständig ist. Das Projekt „politische Flashcartoons“ findet er aber so interessant, dass er es noch nebenbei mitbetreut.

Die Idee zu den Flashcartoons kam überraschenderweise direkt aus der Chefredaktion. So sollte eine alternative und künstlerische Komponente eingebracht werden, die „die Möglichkeiten des Mediums Internet ausnutzt“ sowie „politisch und satirisch ist“. So gingen die Cartoons direkt zusammen mit der restlichen Netzeitung an den Start. Das war im Oktober 2000.
Dabei hat sich Timo Würz als erster verewigt mit der Folge „Wer ist der neue US-Präsident: Warten auf der Wahlergebnis in den USA“.

Der Kontakt zu den anderen Künstlern kam komplett über Timo Würz zustande, der sie dafür interessieren konnte, die Flashprogrammierung zu erlernen. Die weitere Entwicklung gestaltete sich durch einen Prozess, der einerseits aus learning by doing und andererseits aus Feedback der Redaktion und der Leser bestand und natürlich auch noch besteht. Momentan sei das Team mit fünf Cartoonisten (Timo Würz, Karsten Schreurs, Laska Comix, Thomas Gilke und Jan Rieloff) gut eingespielt, so dass kein akuter Bedarf bestehe, aber prinzipiell seien neue Zeichner willkommen. Man habe sich bewusst für Comiczeichner entschieden, so Timo Wirth weiter, um eine chaotischere Alternative zu der politischen und strengen Karikatur zu erhalten. Trotzdem werden sie in der Tradition der klassischen Zeitungskarikatur gesehen, nur dass sie durch filmische und interaktive Möglichkeiten erweitert sind, die neue spielerische und satirische Ausdrucksformen ermöglichen.

„Die Themen ergeben sich aus der tagesaktuellen Politik- und Entertainment-Agenda“, erklärt er. „Bei der Auswahl und bei der Umsetzung haben die Cartoonisten völlig freie Hand. Ab und an gibt es Rückfragen von Cartoonisten, ob ein solches Thema interessant wäre oder der Cartoon zu anstößig sei. Manchmal schlage ich auch mal ein Thema vor.“ Und obwohl sich kein Zeichner auf bestimmte Richtungen festlegt, kristallisieren sich natürlich im Lauf der Zeit Vorlieben für bestimmte Stile oder aber auch Lieblingspolitiker heraus.

Wie ist das eigentlich, wurden auch schon mal Cartoons abgelehnt? „Klar. Allerdings kommt dies immer seltener vor. Ab und an wird mal noch was nachgebessert oder optimiert. Die Cartoonisten haben mittlerweile ein gutes Gefühl für politische Relevanz. Der brillante Mustercartoon ist tagespolitisch relevant, erzählt eine spannende Geschichte mit filmischen Mitteln, ist satirisch und hat einen überraschenden Schluss. Weitere Zutaten für mehr Raffinesse sind karrikierte Protagonisten und ein bisschen Interaktivität. Natürlich gibt es auch gute Cartoons, die gerade diese Kriterien nicht erfüllen.“

Mittlerweile findet man bereits um die 600 Flash-Cartoons im Archiv der Netzeitung. Das ansonsten „eher spärliche Angebot bei deutschen Nachrichtensites“ führt Timo darauf zurück, „dass in deutschen Printprodukten Comicstrips kein fester und etablierter Bestandteil ist. Außer, wenn es sich um Dilbert handelt.“ Im Ausland sähe das schon etwas anders aus. So gäbe es aus den USA Dutzende von Cartoonseiten. Timos Empfehlung: “Animation Express“ von Wired.

Und? Kommt das Konzept an? Wie reagieren die Leser auf die Flashcartoons der Netzeitung? „Die häufigste Frage momentan ist: Gibt es noch mehr Robbotodd-Cartoons von Laska? Außerdem nervt es viele Leser, wenn der Cartoon plötzlich unaufgefordert Sound von sich gibt und sie nicht wissen, woher er kommt. Ansonsten sind die Cartoons sehr beliebt. Viele Abonnenten haben den täglichen Cartoon auch in Ihrer E-Mail-Zeitung abonniert.“
Timos persönlicher Favorit war übrigens die Zeitungshundserie. Er vermisse den Hund, sagt er.

Direktlink zum Flashcartoon-Archiv der Netzeitung

Interviews mit den Zeichnern

Wir haben den momentan für die Netzeitung arbeitenden Flashcartoonisten acht Fragen gestellt (für Laska Comix antwortete Elke Reinhart). Außerdem findet Ihr durch Klicken des Namens eine Kurzbiografie inklusive einer Übersicht aller bis jetzt gezeichneten Cartoons. Weiter unten ergibt sich durch eine verlinkte Grafik jeweils ein Beispielcartoon.

Comicgate: Was macht Deiner Meinung nach einen guten Cartoon aus?

Timo Würz: Im NZ-Kontext sollte er tagesaktuell sein, witzig, und für Skurrilität bin ich immer zu haben.

 

 

Laska Comix: Hm … Inhaltlich: Dass am Ende etwas passiert, was man nicht erwartet hätte – im optimalen Fall etwas Lustiges. Je kürzer und reduzierter, desto besser.
Äußerlich: Er soll halt g'schmeidig ausschau'n!

 

 

Thomas Gilke: Naja, zuallererst mal, dass er „gut“ ist, also 'ne witzige Idee hat. Logisch. So richtig gut wird er dann allerdings nur, wenn er auch formal sowohl stimmig als auch interessant, bestenfalls überraschend ist … will meinen, es sollte auf jeden Fall schon rausgehen über einfaches von-Bild-zu-Bild-Durchklicken. Muss ja trotzdem keine Disney-Animation sein … 

Karsten Schreurs: Er kommt schnell und eingängig auf den Punkt, klärt komplexe Sachverhalte mit minimalsten Mitteln, kommentiert – und ist bestenfalls auch noch amüsant …

 

 

Jan Rieloff: Eine Situation herzunehmen und sie in einen überraschenden neuen Kontext zu setzen.

 


Kannst Du uns den Entstehungsprozess eines Cartoons von Dir beschreiben? Wieviel Zeit benötigst Du im Durchschnitt dafür?

TW: Wenn ich sage, wie lange (oder kurz) ich dafür brauche, wird mein Honorar gekürzt. :o)

LC: Hm … Extrem unterschiedlich:
Fall 1 (ideal): „Oh, ich habe eine Idee!“ – an den Rechner setzen – fertig = 2 Stunden.
Fall 2 (nicht so ideal): „Oh nein, schon wieder eine Woche um – mir fällt nix ein! Mir fällt nix ein! Hat irgendjemand eine lustige Idee?!?!?!“ – Immer noch nix – Immer noch nix – lustlose Web-Suche – schon mal mit der Intro-Nummerierung anfangen – immer noch nix … = 6 Stunden?

TG: Erstmal braucht es natürlich eine Idee (was ja manchmal fast das Schwerste ist). DANN geht's ins Netz, Recherche und Material zusammenklauben: ich mach ja eigentlich immer so Collage-Sachen. DANN das „Rohmaterial“ (aus-)sortieren und montieren, bis man alle einzelnen Elemente zusammen hat (Hintergründe, Köpfe, Arme, naja, was man halt von Fall zu Fall so braucht). DANN rein mit dem Ganzen in Flash, animieren. DANN ab zur Netzeitung.
Und die Frage mit der Zeit, die ist ehrlich gesagt ziemlich schwer zu beantworten… Ab wann sollte man die Zeit denn rechnen? Ab der Idee? Oder erst im Flash? Zumindest kann ich so viel sagen: manchmal gehts unglaublich flott, manchmal – Ihr werdet lachen – nicht.

KS: Hat man eine Idee, ist das Schlimmste schon vorbei: mit der Idee steht und fällt der Cartoon. Meistens mache ich mir schon am Vortag Gedanken über den Cartoon, denn leider ist es ja nicht so, dass man alles verwenden kann, was einem so zufliegt. Oft drückt man sich also was aus dem Hirn. Es passiert aber auch oft, dass man fünf Minuten vor dem ersten Strich plötzlich *den* Einfall hat.
Dann wird gezeichnet: komplexe Elemente wie Köpfe o.ä. skizziere ich auf Papier vor, scanne sie ein und zeichne sie in Flash nach. Weniger detaillierte Zeichnungen wie Hintergründe, Münder o.ä. werden dagegen direkt in Flash gezeichnet, dabei separiere ich Teile der Figuren schon so, wie ich später animieren möchte. Sind alle Elemente vorhanden, beginne ich mit dem Animieren, das im Schnitt genauso viel Zeit beansprucht wie das Zeichnen.
Ich brauch' für einen Cartoon locker bis zu fünf Stunden – ich bin da wohl auch etwas perfektionistisch, aber weil halt auch mein Name dabei steht, will ich da nichts hinrotzen…dafür machen mir die meisten Cartoons auch zuviel Spaß, als dass ich sie irgendwie runternudeln möchte.

JR: Erstmal halte ich mich die Woche über auf dem Laufenden, und zumeist entsteht dann eine kleine Idee während dieser Zeit. Dann wird sie hin und her gewälzt, ob sie machbar ist, wieviele Einzelteile zu zeichnen sind usw. Der tatsächlich messbare Arbeitsprozess liegt dann je nach Aufwand zwischen vier und fünf Stunden. Ich habe auch schon mal acht Stunden an einem gesessen, aber das ist eher die Ausnahme.


Was ist für Dich das Reizvolle an animierten Cartoons, und wo liegen die Nachteile?

TW: Ehrlich gesagt reizte mich an dem Projekt weniger das Cartoonmachen, sondern eher die Herausforderung, ein solches tägliches Animationsprojekt von Null ab innerhalb eineinhalb Wochen auf die Beine zu stellen und in der Zeit betriebsbereit zu kriegen. Hat ja geklappt. Danke an alle Zeichner nochmal. Und an Perikles! Das Projekt war vor allem am Anfang, in der Organisationsphase, eine gute Übung für weitere große Projekte, die ich jetzt mitbetreuen darf. Bei der Netzeitung durfte ich'n bissel üben. Hat ja auch alles toll geklappt, wie gesagt.

LC: Vorteil: Sie bewegen sich! Sie können quietschen! ICH bestimmte, wer was wann sieht (nicht wie beim Comic, bei dem wohlmöglich Leute das Ende zuerst lesen!!!!)
Nachteil – zeichnen geht manchmal schneller …

TG: Reizvoll ist vor allem, dass man – Wunder der Technik! – selbst in der Lage ist, Trickfilme zu „drehen“; wenn man sich mal überlegt, was das vor gar nicht mal allzulanger Zeit noch für ein Riesenaufwand gewesen ist. Für den Leser ist das, denk' ich mal, auch toll, einen Kurzfilm geboten zu kriegen. Man kann ja auch plötzlich filmische Effekte einsetzen, die im Comic so nicht möglich wären: Kamerafahrten, Sounds, so was eben, und natürlich Buttons, d.h. die Leser können teilweise mehr oder weniger aktiv in einen Film eingreifen.
Nachteile? Es ist ja nicht so leicht zu vergleichen, Animation und Comic ist ja dann doch nicht dasselbe. Vielleicht, dass manchmal eine Animation überhaupt nicht nötig wäre und eine Pointe fast besser in einem einzigen Bild funktionieren würde: sozusagen übers Ziel hinausgeschossen.

KS: Das Reizvollste für mich ist die enge Verwandschaft zum Trickfilm und dass ich mich da mit geringem Aufwand an filmischen Mitteln bedienen kann in einem Umfang, der für mich vor Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Es macht halt Laune, seine eigenen kleinen „Filme“ zu basteln, aus dem eher starren Korsett des Comics auszubrechen und ein diktatorisches Erzähl-Medium zu verwenden.
Der Nachteil liegt natürlich an dem damit verbundenen größeren Aufwand. Zuweilen wird ein Cartoon auch nur in der Erzählweise gestreckt, der als Einzelbild dann vermutlich besser funktioniert hätte.

JR: Das Reizvolle ist das Nachdenken über die nötigen Bewegungsprozesse und die Möglichkeit, filmische Techniken wie Schnitte, Zooms, erklärende Totalen oder Ähnliches anzuwenden. Es entsteht also tatsächlich jedesmal ein kleiner Kurzfilm. Der Nachteil liegt darin, dass es bei manchen Gags unnötig ist, einen Cartoon zu animieren, weil man alles, was er beinhaltet, auch auf einem gezeichneten Blatt wie in der gedruckten Tagespresse darstellen könnte. Dann muss die Idee durch Bewegung gestreckt werden, manchmal geht dabei etwas an Dichte oder „Scherztempo“ verloren.


Wie motiviert man sich, jahrelang jede Woche einen „Kurzfilm“ abzuliefern? Gehen Dir manchmal die Ideen aus?

TW: Ideen gehen mir nie aus. Hab eher zu viele.
Ich empfinde dies als tolle Möglichkeit, regelmäßig vor Publikum mit dem, was ich eh mache, meinen Senf zur Politik und zum Tagesgeschehen abzugeben.

LC: Motivation A: Aus Spaß an der Freud, aus Ergeiz, es jede Woche erneut zu schaffen.
Motivation B: Das Geld.
JA!

TG: Nun, man macht das Ganze ja nicht rein zum Spaß! Geld gibt's natürlich auch für die Cartoons. Dass man nicht immer gleich motiviert ist, ist auch klar. Aber bei welchem Job ist man das schon?
Besonders zäh wird's, wenn einem einfach nix einfallen will. Damit ist die Frage 2 wohl auch beantwortet: Ja. Mir gehen manchmal die Ideen aus. Bei manchen Cartoons merkt man, glaub ich auch, dass sie nur sehr krampfig entstanden sind … wirklich GAR NIX eigefallen ist mir bis jetzt allerdings noch nie was, Gott sei dank!

KS: Der finanzielle Aspekt spielt natürlich eine nicht unwichtige Rolle. Irgendwann entwickelt man aber auch so 'ne Art Routine bzw. Verantwortungsbewusstsein und macht sich schon eher automatisch an die Arbeit. Manche Cartoons machen auch weniger Arbeit, wenn einem die jeweilige Thematik liegt, dann geht's wie von selbst – andere Cartoons dagegen zicken mächtig rum. .. Diese Launen sind halt das Schlimmste … 😉

JR: Ich bin jung und brauche das Geld … Ich habe mich daran gewöhnt, einmal die Woche zu liefern, es macht Spaß, und immerhin haben alle NZ-Cartoonisten über die Jahre einen ganz schönen Backkatalog abgeliefert. Mich macht das stolz, die Liste zu sehen, es ist ein bisschen wie Tagebuch zeichnen.
Die Ideen gehen mir eigentlich nicht aus, aber es gibt eben gute und weniger gute, je nach Form. Zur Not kann man immer noch ein prominentes Gesicht verzerren.


Gibt es Themen, zu denen Dir nichts sonderlich Interessantes einfallen würde bzw. die Dich selber nicht interessieren, und die Du deshalb nie in Deinen Cartoons behandeln würdest?

TW: Boulevardklatsch törnt mich voll ab. Kein Boris und Effe bei mir!

LC: Eindeutig Politik – Leute karikieren ist nicht meine Sache, und ich rege mich über Politik zu sehr auf…

TG: Äh … weiß nicht … man sucht sich die Themen ja schließlich selber aus, von daher stellt sich das Problem nicht wirklich… mir fällt auf Anhieb gerade leider nichts Uninteressantes ein … vielleicht Aktienkurse? Mathematische Spezialfälle? Die Deklination von „Sauna“ im Schwedischen im Vergleich zum Alt-Persischen?

KS: Nein – ich hab' eigentlich zu allem 'ne Meinung. 🙂
Die einzige Schere im Kopf schnippelt aus Rücksicht auf die Netzeitung, die ja lieber ein großes Publikum bedienen als das TITANIC-Magazin-Klientel, also ist man da eher brav unterwegs. Nachvollziehbar, aber trotzdem bedauer' ich es zuweilen schon, keine Cartoons basteln zu können, die mal „weh“ tun …

JR: Wenn mir Bekannte ganz begeistert versichern, dass die Geschichte, die sie gerade erlebt haben, doch einen ganz tollen Cartoon abgeben würde, weil sie unheimlich witzig ist, dann fällt mir dazu garantiert nichts ein. Ansonsten muss man ja auch gewisse Geschmacksrichtlinien beachten, Witze über Jürgen
Möllemann wären jetzt z.B. unangebracht.


Verpflichtet man sich, für eine Mindestzeit für die Netzeitung zu zeichnen, oder läuft das alles nach Lust und Laune?

TW: Ausstieg nicht möglich. :o)
Mich trifft's ja besonders hart: Wenn jemand ausfällt oder irgendwas gaaaaanz schnell gemacht werden muss, krieg ich'n Anruf. Ist aber immer der grösste Spaß.

LC: Hm … Vom Timo hört man da fantastische Best-Zeiten, in dem ein Cartoon entsteht … Bei mir ist es eher so, dass ich etwas Bestimmtes machen möchte, was den Aufwand eigentlich nicht rechtfertigt, aber das ist mir egal, weil es meine generelle Arbeitsauffassung ist. Manchmal ist viel los und dann muss der Cartoon schnell, schnell gehen – meist ist das Ergebnis dann auch nicht so berauschend, manchmal bin ich dann doch überrascht, mit wie einfachen Mitteln ein akzeptabler Cartoon rauskommt – liegt glaube ich am Inhalt: Ist der Inhalt schwach, muss das Drumherum aufgebrezelt sein …

TG: Ach, ich bin eigentlich nicht der Ansicht, dass ein Cartoon nur dann gut sein kann (und darum sollte es ja gehen), wenn man mindestens soundsolang dran gearbeitet hat. Abgesehen davon kann ich gar nicht so schnell arbeiten, dass ich nur so kurz bräuchte, dass ich ein schlechtes Gewissen haben müsste.

KS: Im Grunde läuft das nach „Lust und Laune“. Aber die erwähnte Routine, das Team und die Netzeitung als Portal – das hält einen schon bei der Stange. 🙂

JR: Die Netzeitung lässt uns da freie Hand. Hauptsache, der Cartoon ist qualitativ und inhaltlich auf einem für die Zeitung vertretbaren Stand.


Hast Du schon mal Leser-Mails zu Deinen Cartoons bekommen? Wenn ja, für welchen Cartoon, und wie war diese Resonanz?

TW: Yup, öfters schon. Weiß aber nicht mehr auswendig, zu welchen.

LC: Nope … Doch, eine: Eine Beschwerde, dass, wenn man den Ton ausschaltet, die Geräusche im Film trotzdem noch kommen … Das stößt aber an die Grenzen meiner Flash-Erfahrung …

TG: Ja, hab ich … das war für einen Stoiber-Cartoon irgendwann, der hat gefallen, und einmal ein Lob für meine Serie zur Wahl, „Krieg der Kanzler“. Und dann nochmal für einen ziemlich bitteren Putin-Cartoon, als das Musical-Theater in Moskau von Tschetschenen besetzt wurde… dazu gab's auch positive Resonanz, der Schreiber war von irgendeiner Stadtzeitung (aus dem Ruhrgebiet, glaube ich) und hat meinen Cartoon nochmal „unter die Lupe genommen“, so was freut einen natürlich, wenn man merkt, dass jemand wirklich über einen Cartoon weiter nachdenkt!
Und dann gab's auch noch die von uns selbst angeforderte Resonanz in Form von „Lösemails“, als wir, Laska Comix, Timo Wirth und ich den Netzeitungshund entführt hatten, eine super Idee von der Elke übrigens!

KS: Das Feedback auf einzelne Cartoons hält sich bei mir eher in Grenzen. Ab und an möchte jemand eine kleine Zeichnung oder so – ich freu' mich aber immer wieder, wenn andere Websites wie www.perlentaucher.de einen meiner Cartoons verlinken.
Die größte Resonanz hab' ich mal zufällig beim Googlen entdeckt: auf einer Anti-Castor-Website hat man sich ziemlich über einen „primitiven“ Cartoon von mir aufgeregt, wo ein Castor-Gegner als Demo-Warm-Up versucht, einen ICE zu stoppen. Ich war schon erstaunt, dass ausgerechnet solche Leute wohl weniger Spaß verstehen als so mancher Politiker … 😉

JR: Zu zwei Cartoons habe ich aufgebrachte Leserkritiken bekommen. Die erste ist schon länger her: Da sitzt ein Skelett im Lehnstuhl und bekommt die Nachricht, dass die Zwangsarbeiterentschädigung endlich ausgezahlt wird. Das fand der betreffende Leser geschmacklos. Bei dem zweiten spielte Möllemann als Kind verkleidet mit einem Jojo, auf dem ein Hakenkreuz prangt, und bekommt von dem Jojo beim Hochrollen eine verpasst und geht zu Boden. Da ging es um das Flugblatt, das er herausgebracht hatte. Und man kann erraten, wie die Kritik lautete: geschmackloser Einsatz eines Hakenkreuzes an unpassender Stelle. Trotzdem war ich stolz auf die Resonanz, immerhin gab es jemand, der die Cartoons zur Kenntnis genommen hat und dass man immer noch anecken kann.


Hast Du einen persönlichen Lieblingscartoon (bei den eigenen und bei den Kollegen)?

TW: Ich habe festgestellt, dass die meisten Cartoons am Tag des Erscheinens am besten funktionieren (ist ja auch Sinn der Sache). Mit Abstand sind wenige relevant. Ich liebe Gurkes Sachen!

LC: Nope – über jeden Cartoon, in dem mir die Optik oder der Inhalt gefällt, freu ich mich! Außerdem bin ich auf die ganze Cartoonisten-Crew der NZ ziemlich stolz: so viiiiiiiiiiele Cartoons inzwischen! Und ich denke, wir sind alle ein Stück weiter gekommen und besser geworden!

TG: Ehrlich, da fällt mir jetzt kein spezieller Cartoon ein, aber es gibt natürlich immer wieder Lieblinge … ach doch, die neue
Gemeinschafts-Soap „So oder so ist das Leben“ finde ich spannend, weil die Geschichte sich so anarchisch entwickelt und unsere doch jeweils sehr unterschiedlichen Stile aufeinenderprallen.
Bei meinen eigenen Cartoons gibts natürlich auch Lieblinge, aber teilweise auch, weil ich irgendwas meiner Meinung nach technisch elegant gelöst habe… aber das ist für jeden anderen ziemlich langweilig.

KS: Ich mag' Slapstick in Cartoons sehr gerne – bei anderen und bei mir. Diese überraschenden und aktionsbetonten Momente funktionieren mMn in Flash besonders gut …

JR: Am besten hat mir die Zusammenarbeit mit allen anderen Cartoonisten an der Fortsetzungsgeschichte am Adventskalender 2002 gefallen. Das war wirklich herausfordernd, weil man den Nachfolgecartoonisten mit einem Cliffhanger völlig im Stich lassen konnte und sich einen gegrinst hat, wie der jetzt da wohl wieder herauskommen will. Es hat immer geklappt und es ist eine herrliche,teilweise zum Schreien komische, absurde Fortsetzungsgeschichte daraus geworden.

weiterführende Links:

Animation im Internet: riesige Fundgrube an Links (z.B. zu Flash-Tutorials) und Informationen, entstanden aus dem Hauptseminar „Animation im Internet“ des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig

Cinemawork: laut Webseite „die älteste Flashcomic-Werkstatt Deutschlands“, nämlich im Jahre 1997 vom Flashcartoon-Zeichner und Medienkritiker Timothy Speed ins Leben gerufen

Interview mit Timothy Speed: Dieses Interview hat das Magazin „Dr. Web“ vor etwa zwei Jahren mit Timothy Speed geführt. Aktualisierung: Interview ist nicht mehr online. Kurzzusammenfassung hier, Website des Künstlers hier.

Flash-Surftipps: interessante Links von Dr. Web

Die 50 besten Flash-Seiten: zusammengetragen von comic-surf