Rezensionen

Wonderland 2 – Jenseits vom Wunderland

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altDer Titel der Fortsetzung „Jenseits vom Wunderland“ trifft es ziemlich gut. Denn zum einen spielt die Handlung dieses Bandes in der „realen“ Welt und nicht, wie der erste Band, im Wunderland. Und zum anderen werden, verglichen mit dem ersten Band, einige Charaktere mehr, ins Jenseits geschickt. Die Fortsetzung des literarischen Horrorcomics ist ziemlich blutig geraten und dürfte auch Splatterfreunde ansprechen. In manchen Szenen liegen die Gedärme in Massen herum..

Doch von vorne: Nachdem Calie im ersten Band selber unliebsame Erlebnisse im Wunderland erlebt hatte und schließlich ihren Bruder in das Alptraumreich schickte, um dessen Verlangen nach einem Opfer zu stillen, lebt sie nun unter anderem Namen in New York und versucht, ihre Erlebnisse psychisch zu verdauen. Leider kommt ihr Bruder in unsere Welt und veranstaltet zusammen mit der Grinsekatze wahre Massaker.

Da der Band nicht mehr im Wunderland spielt, halten sich die literarischen Anspielungen auf Alice im Wunderland und die Fortsetzung Hinter den Spiegeln von Lewis Carroll ziemlich in Grenzen. Neue Charaktere werden nicht eingeführt und da nur wenige Szenen im Wunderland spielen, geht ein großer Reiz des ersten Bandes hier verloren. Entkleidet man den Band von allen übriggebliebenen literarischen Anspielungen, wird schnell klar, dass es ein typisches Sequel einer Horrorgeschichte ist, wie man es in Spielfilmen schon tausendfach gesehen hat. Sei es nun Halloween, Nightmare on Elm Street, Freitag der 13., Scream und welche Horrorfilmserien noch massig Fortsetzungen erlangten: Das Grundschema der Sequels ist ähnlich.

Die, meist weibliche, Überlebende des ersten Teils leidet zu Beginn des zweiten Teils an den Konsequenzen ihrer Erlebnisse und schafft es nur schwer, auch psychisch wieder zu Fuß zu fassen. Sie baut sich ein neues Leben auf, aber der Böse kehrt zurück und macht Jagd auf sie. Man erfährt auch sehr viel mehr Hintergründe über die Heldin und über den Schurken, was im Falle des letzteren häufig die Angst vor dem Schurken mindert, weil es ihn dem Leser oder Zuschauer näher bringt. Dabei gestalten sich die Fortsetzungen meist blutiger und heftiger als ihre Vorgänger und kommen meistens weniger spannend daher.

Genau dieses Prinzip wird mit diesem Comic verfolgt, und zwar in jeder Hinsicht. Damit liegt abseits der guten Grundidee, die ja auch schon dem ersten Band zugrundelag, und den spärlichen literarischen Anspielungen kaum etwas richtig Kreatives vor. Das Problem des Horrors im Comic ist zudem ein grundsätzliches: Weil die Bilder im Gegensatz zum Film eingefroren sind, verlieren sie durch die Möglichkeit des längeren Betrachtens an Schrecken, und da der Leser sein eigenes Tempo bestimmen kann, kommen Schocks weniger intensiv vor als im Film. Deswegen müssen Horrorcomics schon sehr spannend sein und eine gute Story vorweisen, um vor den kritischen Augen von Horrorfreunden bestehen zu können. In diesem Fall gibt es storymäßig einige Abzüge. Aber spannend ist die Geschichte, da die Hauptfigur lange Zeit nichts von der aktuellen Bedrohung mitbekommt und der Leser beginnt, sich um sie Sorgen zu machen. Die ganzen familiären Verwicklungen, die hier eingeführt werden (der Opa heißt dann Howard Philips in Anspielung an den Schriftsteller Howard Philips Lovecraft) sind schlicht überflüssig, aber der starke Augenmerk auf die Psyche Calies ist sehr gut und stimmig gelungen. Der Schluss ist leider ziemlich unbefriedigend, da im Grunde alles auf Anfang gedreht wird und nichts wirklich voran kam.

Wovon der Band aber zusätzlich lebt, sind die Zeichnungen von Daniel Leister. Vor allem die weiblichen Figuren, zugegebenermaßen oft in Pin-Up-Posen, sprechen vor allem den männlichen Leser an. Durch häufige Wechsel von Close-Ups und Totalen und Bildausschnitten geben die Zeichnungen ein hohes Tempo vor und sind sehr abwechslungsreich. Auch die Farbgebung von Nei Ruffino weiß Akzente zu setzen. Das bezieht sich nicht nur auf die blutigen Szenen, sondern vor allem auch auf die psychische Befindlichkeit der Heldin, die durch die Farben widergespiegelt wird. Schade nur, dass die Panelanordnung oftmals sehr wirr ist und manchmal recht anstrengend werden kann.

 

Wertung: 6 von 10 Punkten

Ein gelungenes Sequel, das aber abseits der literarischen Anspielungen sehr konventionell ist.


Wonderland 2: Jenseits vom Wunderland
Panini Comics, Oktober 2010

Text: Raven Gregory
Zeichnungen: Daniel Leister
Seiten, farbig, Softcover 
Preis: 19,95 Euro 
ISBN: 978-3-86201-016-5 

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