Rezensionen

The Red Star 4 – Schwert der Lügen

Cover von The Red Star 4Christian Gossett und sein Kreativteam katapultieren uns mit dem vierten Teil ihrer Saga zurück in die futuristische, an die Sowjetunion angelehnte Welt von Red Star. Und wieder lassen sie gezeichnete Elemente mit digital bearbeiteten Hintergründen aufwendig verschmelzen. Aber nicht nur die optische Darstellung ist bei The Red Star episch, auch die Story ist es:

Die Handlung setzt dort ein, wo Band 3 aufhörte. Das gigantische Schlachtschiff Konstantinov zieht in den Krieg gegen die eigene Nation, die Vereinigten Republiken des Roten Sterns. Ziel der Rebellen ist es, die zentrale Festung Erzengel des Feindes zu stürmen.

Die Serie bleibt ihrem Stil treu und bietet weiterhin pompöse Fantasy-SciFi-Action in cineastischer Qualität. Krieg ist hier ein Grundthema, welches innerhalb kaum überschaubarer Grenzen der Technologie wie der Zauberei zelebriert wird. Leider bringt das immer einen gehörigen Schuss Pathos mit sich. Und manchmal eben so viel, dass der Comic immer mal wieder an der Schwelle zur Übertreibung entlangschlittert.

Im vierten Band „Schwert der Lügen“ verfolgt Gossett gleich zwei Handlungsstränge parallel: Zum einen führt er die Geschehnisse um die Besatzung der RSS Konstantinov in der Gegenwart weiter, zum anderen schwenkt er über zu den gesellschaftspolitischen Ereignissen, die sich hundert Jahre vor der erstgenannten Zeitlinie zutrugen. Denn auch damals bahnte sich eine Revolution an. Das erweitert den Red-Star-Kosmos um ein weiteres Fragment, nur leider dürfte der Leser – so ging es zumindest mir – allmählich überfordert sein.

The Red Star basiert auf einem derart komplexen Konstrukt aus Hintergrundwissen und politischen Zusammenhängen, die sich über die Zeit innerhalb der fiktiven Welt angesammelt haben, dass der eigentliche Plot völlig an die Seite gedrängt wird. Offenbar sind sich die Macher dessen bewusst, denn wohl nicht umsonst wurden vorab auf einer stattlichen Anzahl von Seiten ausführliche Erklärungen zu allen Personen und Gruppierungen abgedruckt. Sogar eine (allerdings recht undurchsichtige) Timeline findet man zur groben Orientierung.

All das ist Ausdruck eines mittlerweile sehr überfrachteteten Universums, bei dem vermutlich selbst Christian Gossett nur schwer den Überblick behalten dürfte.

Mir persönlich hat The Red Star bis dato gerade aufgrund seiner unkonventionellen Thematik, seiner herausfordernden Erzählweise und seinem noch unkonventionelleren Media-Mix gefallen. Bei „Schwert der Lügen“ hingegen kann ich mich des Gefühles nicht erwehren, dass mittlerweile ein bisschen die Luft aus dem Projekt raus ist. Die tragenden Figuren, die man aus den bisherigen Alben kennt, sind hier eher außen vor. Vielleicht ist auch das der Grund, warum mir dieser Band nicht wie eine konsequente Fortführung, sondern wie eine ungesteuerte Aufrechterhaltung zu reinem Selbstzweck vorkommt.

Statt einen Gang zurück zu schalten, um die Geschichte von Red Star abzurunden und letztlich auch plausibler und nachvollziehbarer zu gestalten, schalten die Künstler nochmal einen Gang hoch und überladen das bestehende Universum jetzt erst recht. Das mag von Gossett bereits zu Beginn in dieser Bandbreite geplant sein, geht aber deutlich auf Kosten des Lesevergnügens. Da tröstet auch das lesenswerte Interview mit ihm am Ende des Albums nicht über die Enttäuschung hinweg.

 

Wertung:  Bewertung

Die Serie manövriert sich in eine enorme Komplexität, wieder etwas mehr Klarheit und Schlichtheit würde ihr gut tun

 

The Red Star 4 – Schwert der Lügen
Verlag: Cross Cult, September 2010
Text/Zeichnungen: Christian Gossett u. a.
208 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 29,80 Euro
ISBN: 978-3-941248-35-9

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Abbildungen © Christian Gossett, der dt. Ausgabe Cross Cult