Rezensionen

The Black Diamond Detective Agency (US)

 Eddie Campbell kennt man in Deutschland fast ausschließlich durch seine düsteren Zeichnungen für Alan Moores Jack-the-Ripper-Saga From Hell. Von seinen zahlreichen selbst geschriebenen Comics ist bisher nichts bei uns erschienen. Sein aktuelles Werk ist ebenfalls keine Eigenkreation, sondern beruht auf einem nicht verfilmten Drehbuch von C. Gaby Mitchell (war auch Co-Autor des Leo-DiCaprio-Films Blood Diamond).

The Black Diamond Detective Agency ist ein komplexer Krimi, der zur Jahrhundertwende in den USA spielt. Auch wenn die hübsche Aufmachung an einen Western erinnert, tauchen hier weder Cowboys noch Indianer auf. Vielmehr geht es um ein Sprengstoffattentat auf einen Zug, bei dem viele Menschen ums Leben gekommen sind. Neben der örtlichen Polizei und dem Secret Service ermittelt auch eine private Detektiv-Firma, die titelgebende „Black Diamond Detective Agency“. Diese findet sehr schnell den vermeintlichen Täter, der jedoch selbst Opfer eines großangelegten Komplotts wurde. Er flieht aus dem Gefängnis, gibt sich eine neue Identität und heuert selbst bei der Detective Agency als Ermittler an, um die eigentlichen Täter und deren strippenziehende Hintermänner zu finden.

Nebenbei erzählt The Black Diamond Detective Agency viel über die Modernisierung an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert: Die Ermittler benutzen z.B. Fotografien vom Tatort, ein „Doctor“ probiert frühe Methoden der Forensik aus und zwei Detektive unterhalten sich immer wieder über die Seltsamkeiten der modernen Welt.

Man sollte diese Geschichte nicht nebenbei lesen: Sie erfordert vom Leser Aufmerksamkeit und Konzentration. Campell streut viele kleine Hinweise, die zur Lösung des Puzzles beitragen und zum Teil recht unscheinbar in wortlosen Panels versteckt sind. In Seitenaufbau und Storytelling ist Campell sehr variabel. Auf Seiten mit vielen „talking heads“ folgen mehrere „stumme“ Seiten ohne jeden Text. Große, ganzseitige Panels wechseln sich mit kleinteiligen Kästchen ab. Auf einer Doppelseite findet Campbell sogar eine sehr originelle und wirkungsvolle Möglichkeit, drei parallel laufende Handlungsstränge zu zeigen.

 Durch die formalen Spielereien liest sich der Comic zwar nicht sehr flüssig, dafür ist dieses adaptierte Drehbuch im Ergebnis weit mehr als das Storyboard für einen nicht gedrehten Film, sondern ein wirklich eigenständiges Werk.

Der komplette Comic ist gemalt: mal mit feinen, oft mit eher groben Pinselstrichen, was schon mal für einen ungewöhnlichen und etwas sperrigen Look sorgt. Diese Optik dürfte nicht jedem Leser gefallen, sie sorgt aber, zusammen mit der Farbgebung, die viele Grau- und Brauntöne verwendet, für eine sehr stimmungsvolle Atmosphäre.

The Black Diamond Detective Agency ist eine sehr gelungene Graphic Novel, die intelligent aber nicht verkopft ist. Erschienen ist sie im noch jungen US-Verlag First Second, der gerade dabei ist, ein wirklich exzellentes Comicprogramm aufzubauen, mit einer klugen Mischung aus Eigenproduktionen und Importen aus Europa.

The Black Diamond Detective Agency
First Second Books, Juni 2007
Zeichnungen: Eddie Campbell
nach einem Drehbuch von C. Gaby Mitchell
144 Seiten, farbig, broschiert; 16,95 US-$
ISBN 978-1-59643-142-3

Eher düsterer Krimi als Superhelden-Story, echt lesenswert

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Leseprobe bei First Second Books
Trailer zum Comic (als Quicktime-Film)

Bildquelle: firstsecondbooks.net