Mit Quästor startet eine neue frankobelgische Serie, die auf den ersten Blick wie ein weiterer typischer Historiencomic aussieht. Denn meist wird darin im historischen Gewand ein Krimi erzählt. Was wenig verwundert, denn Krimis und Thriller sind, im besten Falle, dazu geeignet, ein Psychogramm der Gesellschaft zu entwerfen und viel Lokalkolorit aufzubauen. Im historischen Genre kommen natürlich noch die geschichtlichen Umstände dazu.
Im Trojanischen Krieg waren Ido und sein Schwertträger Aesus Simonides beteiligt am Fall der stolzen Stadt. Angesichts des folgenden Massakers ist Ido aber so angewidert, dass er beschließt, das Schwert niederzulegen und stattdessen als Quästor, eine antike Mischung aus Polizist und Privatdetektiv, Mörder zu fangen und zu bestrafen. Eines Tages kommt eine schöne junge Frau zu ihm, um Hilfe zu erbitten. Ido und sein Freund wollen eigentlich Urlaub machen, doch unheimliche Mörder folgen der Frau. Ihre Flucht und ihr Auftrag führen die Detektive weit über die bekannten Grenzen hinaus.
Quästor ist eine recht wilde Mischung, die zwar ihren Charme hat, bei der aber noch nicht alle Rädchen harmonisch ineinandergreifen. Die Macher, Autor Jean-Luc Sala und Zeichner Nicola Saviori, sehen die Serie wohl ein Stück weit auf den Spuren von Lanfeust mit dem Mix aus Fantasy, Krimi, Sagen und Witz. Zwar ist die Geschichte historisch angesiedelt, besitzt aber einen kleinen Sci-Fi-Einfluss (die Roboter), viel Fantasy (die mythischen Gestalten des antiken Griechenlands), viel Humor und stellenweise auch Brutalität. Der Witz ähnelt mit den mal mehr, mal weniger versteckten Anspielungen ein bisschen dem von Lanfeust (passenderweise erschien die Serie zunächst in Episodenform im französischen Lanfeust Mag).
Es ist eine bezwingende Idee, Detektive in CSI-Manier in der Antike anzusiedeln, wobei das in Verbindung mit Mythen und Sagen nicht sonderlich harmoniert, da es nicht konsequent ist. Pure Rationalität und Wissenschaft vertragen sich nicht sehr gut mit persönlich auftretenden Göttern und Titanen. Der Witz und der eher Fantasy-orientierte, bisweilen unübersichtliche Stil kontrastiert zudem unangenehm mit der phasenweisen Brutalität, besonders am Anfang. Gut, sie wird genutzt, um Motivation und Gesinnungsänderung der Helden zu verdeutlichen. Doch dieser erste Eindruck bleibt den ganzen Band über haften und verhindert ein stimmiges Gesamtbild.
Immerhin gibt es viele schöne Anspielungen, wie etwa den Vergleich moderner Navis mit antiken Ausgucken oder Referenzen zu den Simpsons. Auch schön und vor allem erhellend ist, wie herausgearbeitet wird, dass viele heute noch geläufige Redensarten damals entstanden sind und was sie ursprünglich bedeutet haben. Der ganze Band ist sehr dynamisch und schön zu lesen, aber noch nicht unbedingt begeisternd. Dafür ist er stellenweise auch zu überfrachtet und zu uneinheitlich. Er bietet aber auf jeden Fall einen netten Einstieg mit Potenzial nach oben. Jedenfalls, wenn es bald auch eine richtige Handlung gibt und die Macher sich für eine Erzählrichtung entscheiden können.
Wertung:
Gute Idee, die aber uneinheitlich und ohne klare Linie umgesetzt ist
Quästor 1 – Ménage à Troja
Splitter Verlag, Juli 2012
Text: Jean-Luc Sala
Zeichnungen: Nicola Saviori
Übersetzung: Monja Reichert
48 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 13,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-489-5
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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Splitter Verlag