Rezensionen

Noah 1 – Wegen der Bosheit der Menschen

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Cover Noah 1Der Auftaktband dieser neuen Serie gewinnt schon dadurch Aufmerksamkeit, dass einer der beiden Autoren niemand geringeres als der Regisseur Darren Aronofsky ist. Dieser hat Meisterwerke wie Black Swan und The Wrestler und so bildgewaltige Filme wie The Fountain gedreht. Angesichts der Bildgewalt der Filme verwundert es einen relativ wenig, dass sich der Filmemacher einem anderen bilddominierten Medium zuwendet. Schon bei The Fountain hat er ein Drehbuch zunächst als Comic umgesetzt, ehe er es verfilmt hat. So geht er nun auch bei seinem neuesten Projekt vor, das 2014 ins Kino kommen soll. Für die auf vier Bände angelegte Comicversion hat Aronofsky mit dem Kanadier Niko Henrichon (Die Löwen von Bagdad) einen talentierten Zeichner gefunden.

Aber warum gerade ein biblischer Stoff? Kann er diesem etwas Neues abgewinnen oder offenbart sich hier ein Sendungsbewusstsein, wie es oft bei biblischen Adaptionen geschehen kann? Letzteres lässt sich noch nicht abschließend beurteilen, sondern kann wohl erst nach Beendigung der Serie gesagt werden. Aber im Verbund mit Ko-Autor Ari Handel gelingen Aronofsky durchaus neue Aspekte.

Erzählt wird die Geschichte von Noah. Ja, derjenige mit der Arche. In dieser Serie ist Noah ein Mann, der als Nomade abseits der Menschen mit seiner Familie in der Wildnis lebt. Sein Großvater war Henoch und wie dieser hat auch Noah Visionen. Gott teilt ihm mit, dass er aufgrund der Verderbtheit der Menschen seine Schöpfung in einer großen Flut vernichten will. Noahs Warnungen stoßen nicht nur auf taube Ohren, sondern entfachen auch die Feindschaft der Herrschenden. So macht sich Noah mit seiner Familie auf den Weg zum Berg Ararat. Doch die Reise ist voller Gefahren.

Seite aus Noah 1Die Autoren legen zwar einen biblischen Stoff vor, der aber bislang nicht religiös geprägt ist. So ist diese Adaption eine Mischung aus der Bibel, aus History, Fantasy und Science-Fiction. Gut, die Bibel mit dem Historiengenre zu vermischen, ist nicht neu, da viele Aspekte ja nun historisch untermauert sind (wenngleich nicht gerade die Sintflut, wobei reale Naturkatastrophen durchaus der Bibel als Vorlage gedient haben). Fantasy? Gehört im Grunde dazu. Denn was für manche ein wesentlicher Glaubensbestanteil ist, ist für andere Fantasy oder Horror – man denke nur an Engel und Dämonen. Hier besteht der Fantasyanteil in Fabelwesen und Riesen.

Aber Science-Fiction? Tischt uns Aronofsky etwa so verschrobene Theorien à la Erich von Däniken auf? Nein, tut er nicht. Vielmehr stellt er mit diesem Element die Aktualität des alten Stoffes her, und zwar auf eine dezente Art und Weise. Denn manche Ruinen, die hier in der Gegend herumliegen, muten sehr modern an und scheinen Überreste von Hochhäusern und aus metallischen Bauten zu sein. Das ergibt mehrere Implikationen: Wir verhalten uns heutzutage so wie die Menschen, die Gott mit der Sintflut bestrafen wollte. Hochhäuser wären dann die neuen Türme zu Babel. Und, was den ganzen Band über deutlich wird: Heute wie damals ist der Mensch nicht ehrfürchtig genug gegenüber der Schöpfung. Das geht Hand in Hand mit einem Atheismus, der verkennt, woher die Schöpfung kommt. Gier, Raubbau, Wilderei und eine generelle Verachtung der Natur lassen sich insgesamt als Verachtung der Schöpfung und damit Gottes interpretieren. Insofern ist der Comic durchaus religiös, aber ohne Sendungsbewusstsein. Das entwickelt eine enorme Kraft.

Auch graphisch ist Noah hervorragend. Schon auf den ersten zwei Seiten, die ohne Worte auskommen, hat Niko Henrichon den Leser am Haken und legt mit diesen Panels kongenial den Grundton für den ganzen Band. Auch Farbgebung und Effekte können überzeugen und erzeugen eine Art märchenhaften Charakter. Aber auch diese erzählten ja schon immer etwas Wesentliches über die menschliche Natur.

 

Wertung: 9 von 10 Punkten

Gelungener Einstieg, der nicht nur spannend, unterhaltsam und graphisch gut gestaltet ist, sondern auch aktuelle Bezüge herzustellen vermag

 

Noah 1 – Wegen der Bosheit der Menschen
Ehapa Comic Collection, November 2012
Autor: Darren Aronofsky, Ari Handel
Zeichnungen: Niko Henrichon
Übersetzung: Uwe Löhmann
72 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 15,- Euro
ISBN: 978-3-7704-3598-2
Leseprobe

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Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Ehapa Comic Collection