Der Titel sagt eigentlich schon alles: dies hier ist ein Fußball-Weltmeisterschaftscomic – und es wird jeder verarscht, der nicht bei drei auf den Bäumen ist.
Unser aktueller Bundestrainer Klinsi ist völlig verzweifelt: die deutsche Nationalmannschaft verliert 5:0 gegen die Mannschaft von den Malediven – und die hatten nur Flip-Flops an! Es muss etwas getan werden, wenn wir noch Weltmeister werden wollen!
Klinsi beschließt kurzerhand, die Mannschaft bei sich zu Hause zu trainieren – in den USA. Doch da der Weg bekanntlich das Ziel ist, ist dies schon mal die erste Übung für unsere wackeren Helden…
Steine in den Weg bekommen sie natürlich auch gelegt, und zwar von der PRGM (Polit-Rentner gegen Merkel) in Form von Gerhard, Joschka und Otto. Die würde es nämlich gewaltig fuchsen, wenn ausgerechnet unter der Kanzlerin Merkel Deutschland Fußballweltmeister wird. Und so denken sich die Herren alles Mögliche aus, um Olli, Michi, Poldi, Kevin, Schweini und Co nicht zu einer guten Form kommen zu lassen.
Das klingt jetzt alles ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Und auch der Rest der Handlung macht keinen unbedingt logischen Eindruck. Aber darum geht es hier gar nicht. Denn auch bei diesem Comic ist der Weg das Ziel, sprich die ganzen kleinen Seitenhiebe, die unentwegt verteilt werden auf Politiker, Prominente (Beckenbauer als Kaiser Franz mit Krönchen, Nörgel-Netzer, der selbst mit einem 4:0 gegen Italien nicht zufrieden ist (“Man kann so ein Spiel auch ruhig mal achtnull gewinnen“), Klinsmanns USA-Jettereien) oder auf die verzweifelten Schönredereien nach katastrophalen Ergebnissen auf den Pressekonferenzen; dies alles wird konstant wie Maschinengewehrsalven abgefeuert. Im Vergleich dazu kommt unsere Nationalmannschaft selber gar nicht soo schlecht weg. Nur warum Olli Kahn sogar fast durchweg positiv dargestellt wird, ist mir ein Rätsel. Vielleicht ist selbst das als Parodie gedacht…
Kurz vor Schluss hält Klinsi auf einer Pressekonferenz sogar noch ein Wort der Kritik für uns bereit: als Erklärung, warum er so lange in der Kabine war (er musste Angela und Gerhard eine Standpauke halten), antwortet er, dass er, in aller Bescheidenheit, das Land vor dem Untergang bewahrt habe, „ein Land voller Kleinkrämer, Neider und übellauniger Besserwisser“. Ja holla, mit so etwas hätte man gar nicht gerechnet.
Am Ende siegt dann zumindest der ehrliche Sportsgeist, und trotzdem hält das Team von Klinsi in Not noch eine faustdicke Überraschung für uns bereit.
Eckart Breitschuh (“Lindenstraße“-Comics) schafft es mit wenigen Strichen, schon fast karikierend, unsere Promis zum Leben zu erwecken; man erkennt immer, meistens amüsiert, wer dargestellt werden soll. Trotz kleinerer, oftmals guter Gags in den Zeichnungen scheint er aber ziemlich unter Zeitdruck gestanden zu haben. Die Bilder haben meist keinen oder nur einen einfachen Hintergrund, sind manchmal doppelt zu finden (natürlich mit einem anderem Text) und machen den Eindruck, als seien sie locker-flockig aus der hohlen Hand entstanden. Das stört nicht; ein optisches, mühselig ausgearbeitetes Meisterwerk darf man aber nicht erwarten.
Es ist auch verständlich, denn Eile ist geboten. Zeit ist der größte Feind dieses Comics. Wie schnell kann er sich überleben (ich sag' nur 0:4 Deutschland:Italien; und wie gerade bekannt gegeben wurde ist Jens Lehmann und nicht Oliver Kahn Torhüter bei den WM-Spielen 2006) und spätestens nach der Weltmeisterschaft wird er nur noch Nostalgiecharakter haben und eine Momentaufnahme der deutschen Fußballgeschichte sein. Aber bis dahin (und für Vollblut-Fans darüber hinaus) ist er ein ideales Geschenk für alle Fußballbegeisterten.
Klinsi in Not
Agon Sportverlag (mehr zum Comic)
Text: Thomas Kilchenstein, Jan Christian Müller (beide Sportredakteure bei der Frankfurter Rundschau)
Zeichnungen: Eckart Breitschuh
80 Seiten, komplett farbig, Hardcover; 9,95 Euro
ISBN: 3897842793
Interview mit Zeichner Eckart Breitschuh zu Klinsi in Not