Am Weihnachtsabend 2011 ist die Welt für Nick Ewing noch in Ordnung: Er genießt einen beschaulichen Abend mit Frau und Kind, sein Sohn schenkt ihm eine gravierte Mundharmonika. Kurz danach bricht die Zombieapokalypse herein und beendet mit einem Schlag das zivilisierte Stadtleben. Einige Zeit später haben sich die Menschen in die Sportstadien New Yorks zurückgezogen, die dort herrschenden Clanchefs teilen die Stadt machtstrategisch unter sich auf. Nick arbeitet für einen dieser skrupellosen Anführer, zumindest solange bis ihn ein persönlicher Verlust auf einen Rachefeldzug führt.
Rockmusiker Claudio Sanchez (Coheed and Cambria) und seine Frau Chondra Echert zeichnen gemeinsam als Autoren für den Comic Key of Z verantwortlich. Leider gelingt es ihnen nicht, aus dem vorhanden Potential besonders viel rauszuholen. Dabei ist die grundsätzliche Prämisse, dass sich Menschen aus Schutz vor den Untoten in den großen Stadien New Yorks verschanzen, überaus reizvoll. Schnell merkt man als Leser, dass dieses Konzept der rivalisierenden Gruppierungen, der um Macht buhlenden Gangster viele Möglichkeiten zur inhaltlichen Tiefe eröffnet hätte. In Ansätzen erlebt man zwar die sich in Kürze etablierten Strukturen, etwa wenn sich Vertreter feindlicher Parteien zu einer Konferenz treffen, um über Zollgebühren zu streiten. Anstatt ausgefeilte politische Ränkespiele auszuformulieren, nutzen die Autoren dies nur als vage Kulisse für ihre recht eindimensionale Rachestory rund um die Hauptfigur.
Das trifft im Übrigen fatalerweise auch auf die Zombies selbst zu. Dass sich in der Stadt an jeder Ecke die sogenannten „Schlurfwandler“ tummeln, scheint die Figuren in diesem Comic nicht übergebührlich zu stören. Damit sind auch sie nicht wirklich im Zentrum der Handlung. Bei einer ausgereiften Erzählung mit viel Platz für Reflexionen des menschlichen Miteinanders im Lichte der Apokalypse würde diese Idee funktionieren (siehe große Teile von The Walking Dead). In Key of Z wirkt hingegen alles wie im Eiltempo und ziemlich oberflächlich. Rechnet man die zuvor genannten Faktoren heraus, bleibt als Grundgerüst fast nur noch ein simpler Guter-Mann-jagt-bösen-Mann-Plot übrig, der nebenbei mit etwas unbeholfenen Zeitsprüngen auch noch wenig nachvollziehbar gestaltet ist.
Das eine große Manko ist das Platzproblem. Mit einer weniger starken Fokussierung auf nur eine zentrale Person und mit einer langfristigen Perspektive hätte man das vorhandene Potenzial durchaus nutzen können. Als vollgepackte und überhastete Miniserie bleibt dagegen jeder noch so interessante Ansatz auf der Strecke. Und was das Ganze mit der zombiebeeinflussenden Mundharmonika auf sich hat, ist mir schleierhaft. Außer natürlich dem emotionalen Bezug des Hauptcharakters, der daraus den Antrieb für seine Rache zieht. Naja.
Zumindest kann Key of Z dank der Zeichnungen von Aaron Kuder mit einem mehr als anständigen Artwork aufwarten. Auch wenn manche explodierende Köpfe seltsam atomisiert aussehen, versteht er sein Handwerk. Die Skizzen Kuders im Anhang des Bandes verraten, wie stark seine Arbeiten sein können, insbesondere, wenn man sie in schwarz-weiß sieht. Vergleicht man diese Seiten mit dem fertig kolorierten Endprodukt, wünscht man sich fast, man hätte es für diesen Comic bei der Rohfassung belassen. Einer nicht ganz unpopulären, thematisch verwandten Comicreihe hat dies jedenfalls nicht zum Nachteil gereicht.
Wertung:
Kann man als Hardcore-Zombie-Fan zwischendurch mal lesen, ein Meisterwerk verpasst man allerdings nicht
Key of Z
Cross Cult, August 2013
Text: Claudio Sanchez, Chondra Echer
Zeichnungen: Aaron Kuder
Übersetzung: Christian Heiß
128 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 18 Euro
ISBN: 978-3-86425-184-9
Leseprobe
Abbildungen: © der dt. Ausgabe: Cross Cult