Hank Williams gilt bis heute als einer der einflussreichsten Countrymusiker aller Zeiten. 1953 verstarb der US-amerikanische Sänger, der in den letzten Lebensjahren an Medikamenten- und Alkoholsucht litt, unter nie vollständig geklärten Umständen. Der Däne Søren Glosimodt Mosdal greift Williams‘ Todesnacht auf und fabuliert um sie herum eine Comicgeschichte.
Offiziell wurde der Tod des Musikers am 1. Januar 1953 bestätigt, zu welchem Zeitpunkt der Silvesternacht Williams tatsächlich verstarb, ist aber ungewiss. Mosdal schildert eben jene Nacht, in der ein junger Mann namens Charles Carr die Countrylegende in dessen Cadillac zu einem Auftritt in Clanton, Ohio fahren sollte.
Der dänische Künstler inszeniert diese Fahrt vorzugsweise als Hommage, als irreale Vision, in der alte Weggefährten wie Bassist Lum York oder Williams‘ Förderer Tee-Tot (in Form eines Fisches) erscheinen und bekannte Songs allegorisch verarbeitet werden. Der halluzinogene Charakter der Erzählung repräsentiert dabei, sofern ich die Intention des Autors richtig deute, die Medikamenten- und Alkoholsucht des Musikers auf der einen und den herannahenden Tod auf der anderen Seite. Die gesamte Fahrt von Williams und Carr in jener Nacht, so wie sie in diesem Comic geschildert wird, ist demnach auch als Inszenierung eines Sterbeprozesses anzusehen.
Søren Glosimodt Mosdals Zeichnungen erinnern dabei strukturell in etwa an die Comics von Uli Oesterle, wobei Mosdal fast noch kräftigere, ausdrucksstärkere Farben verwendet, um die schneeumwehte Silvesternacht zu konterkarieren.
Alles in allem hat mir diese freie Umsetzung der Todesumstände von Hank Williams gut gefallen, vor allem weil sie nicht nur reine Hommage ist, sondern auch den Ablauf versucht zu rekonstruieren, obwohl es nur einen Zeugen gab (Charles Carr, der Fahrer), der aber bis heute schweigt.
Lost Highway erweckt eine Nacht zum Leben, über deren Ablauf kaum Fakten bekannt sind, versetzt sie mit irrealen Erscheinungen und bleibt dabei vor allen Dingen der Person Hank Williams treu.
Für weniger geglückt halte ich die Aufteilung des Comicbandes: Mosdal versucht recht gezwungen, viele Aspekte aus dem Leben des Countrystars zu thematisieren oder zumindest grob anzureißen. Das führt dazu, dass er eine Unterteilung in viele Kapitel vornimmt (manchmal sind diese nur 2-4 Seiten lang) und damit den Lesefluss sehr oft unterbricht. Das wäre wohl weniger unvorteilhaft, wenn der Comic insgesamt mehr Seiten aufweisen würde. Überhaupt hätte ich mir persönlich eine Ausdehnung der Geschichte auf einen deutlich höheren Umfang gut vorstellen können.
So richtig es vom dänischen Künstler war, sich nicht an eine Gesamtbiografie zu wagen, sondern sich nur auf diese eine Nacht zu konzentrieren, umso bedauerlicher ist schließlich die Knappheit in der Ausführung.
Wertung:
Äußerst interessantes Werk, nicht nur für alle Fans von Hank Williams. Allein der geringe Umfang lässt etwas zu wünschen übrig.
Hank Williams – Lost Highway
Edition Moderne, März 2011
Text und Zeichnungen: Søren Glosimodt Mosdal
72 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 19,80 Euro
ISBN: 978-3-03731-076-2
Abbildungen: © der dt. Ausgabe Edition Moderne