Rezensionen

Hack/Slash 1 – Der erste Schnitt

Mit dem ersten Band der US-Serie Hack/Slash expandiert der Verlag Cross Cult weiter im Genre der Horrorcomics. Ob die augenzwinkernde Hommage an blutige Schlitzer-Filme gelungen ist, daran scheiden sich die Geister. Für Comicgate haben zwei Redakteure den Comic unter die Lupe genommen und kamen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, wie man in unserer Besprechung in Dialog-Form nachlesen kann.

 Christopher: Bevor's hier richtig losgeht, muss ich mich outen. Ich gucke mit großer Freude so genannte Slasher-Filme. (Wusste bisher nicht, dass es eine Bezeichnung für dieses Genre gibt…) A Nightmare on Elm Street, Freitag der 13., Scream – hach, da werden Jugenderinnerungen wach! Allerdings halte ich das Genre für ziemlich tot. Nach der Selbstreflexion von Scream war für mich irgendwie das Ende der Fahnenstange erreicht. Cross Cults neuer Band Hack/Slash schlägt aus meiner Sicht in die gleiche Kerbe wie Scream. Nicht ganz ernst, nicht ganz albern. Cassie Hack und ihr großer, grüner Freund Vlad ziehen durch die USA und erleben Abenteuer zwischen Horror und Highschool. Mir hat der Band viel Spaß gemacht. Hatte danach unbändigen Fernsehhunger auf The Faculty und Halloween

Benjamin: Der Slasher-Film als Subgenre des Horrors war mir, bevor ihn „Hack/Slash“ als thematische Grundlage heranzog, auch von der Bezeichnung her nicht geläufig. Aber mir gehts von der Vorbildung her genau wie dir, obwohl sie oftmals nicht durch erzählerischen Tiefgang und schauspielerische Leistung glänzen können, kann man sich der Anziehungskraft der blutigen Streifen einfach nicht entziehen. Ich persönlich glaube noch lange nicht, dass das Genre tot ist.
Neuartige Variationen einer ansonsten vorsehbaren Handlung wie in Wrong Turn oder Jeepers Creepers, Remakes von Texas Chainsaw Massacre oder Halloween, solche Filme packen mich immer wieder. Wie du aber angedeutet hast, muss man, wenn man zur Besprechung des Comics übergeht, klar zwischen subtilem Humor und Ernsthaftigkeit differenzieren. Und für mich hat Hack/Slash den Spagat zwischen beidem nicht sonderlich gut geschafft. Tatsächlich hab ich den Band nach jedem gelesenen Kapitel erstmal aus der Hand gelegt, weil er mich nicht richtig fesseln konnte, phasenweise sogar gelangweilt hat. Für einen Horrorcomic ist das kein gutes Zeichen…

 Christopher: Oh, okay. Bei mir war's anders. Ich habe den Band in einem Rutsch durchgelesen. Das ganze Szenario sah auf den ersten Blick ziemlich bekloppt aus, war dann aber irgendwie so bodenständig umgesetzt, dass ich gerne weitergelesen habe. Es stimmt schon, dass der Horror zu kurz
kommt. Man bekommt nie wirklich Angst, dass Cassie und Vlad den bösen Killer nicht finden und fertigmachen. Und es ist klar, dass die beiden immer heil aus der Sache herauskommen. Insofern: Vorhersehbar. Was mich dann gehalten hat, waren Details. Das exzellente Artwork von Stefano Caselli in der ersten Geschichte zum Beispiel. Oder das christliche Fanatiker-Gewäsch in der zweiten (“Floridas christlicher Radiosender Nummer Eins“) und der Killer-Nerd auf der Comic-Convention in der dritten. Ganz zu schweigen von „Death by Boobjob 2“. Ha, was hab ich gelacht! Ohne die vielen einfallsreichen, oft witzigen Einzelheiten würde mir aber was fehlen. Bin gespannt, ob die Serie das durchhält.

Benjamin: Das Prinzip der einzelnen Episoden, eben mit diesen genannten Absurditäten, konnte ich zwar eindeutig herauslesen, aber es gab für mich einfach viel zu oft diese Momente, in denen ich dachte: „Meine Güte, muss das denn so peinlich auf die Spitze getrieben werden?“

Gerade da man Hack/Slash ja durchaus als eine Art Gegenentwurf zur Monsterjägerin Buffy betrachten kann, rutschen die Stories, die Charakterdesigns, sogar die Dialoge allzu häufig ins Klischeehafte ab. Außer dass Cassie sich punkiger anzieht und man deutlich mehr Blut spritzen sieht, besitzt der Band aus meiner Sicht wenig Eigenleben. Auch vom Rachemotiv, auf dem die Gemetzelabenteuer von Cassie und Vlad basieren, also dass sie die Slasher ausmerzen wollen, hab ich mir anfangs viel mehr versprochen. Vielleicht dachte ich aber auch eher an einen weiblichen Punisher für untote Monster, mit viel Hass und/oder Zynismus ausgestattet. Stattdessen bleibt die Serie von Tim Seeley und Stefano Caselli oberflächlich und seicht. Leider kann auch ein Einfall wie das Comic-Convention-Massaker nicht darüber hinwegtäuschen.

 Christopher: Zugegeben: Große Weltprobleme brechen sich weder an der Figur Cassie Hack noch in den Geschichten. Aber ist das ganze Horror-Genre nicht auf gewisse Art und Weise oberflächlich? (Bis auf wenige Ausnahmen.) Ich finde, das Argument zieht nicht besonders gut, weil ich es nicht auf mich nehmen würde, The Punisher oder Buffy als „nicht oberflächlich“ zu verteidigen. Ich hatte den Eindruck, dass Tim Seeley und seine Crew sehr genau wussten, welches Terrain sie mit Hack/Slash beackern würden. Die Oberflächlichkeit des Genres ist ihnen bewusst. Sie streichen es neu und recht erfrischend an, treiben es konsequent auf die Spitze und lachen sich wahrscheinlich am Zeichenbrett darüber kaputt. Und das war's. Klingt für mich so, als hättest du dir vorm Lesen etwas mit mehr Struktur und Ernsthaftigkeit vorgestellt… Kann das sein?

Benjamin: Sicherlich, Hack/Slash hab ich mir anders vorgestellt, aber nicht unbedingt ernsthafter. Es ist ja nach den ersten Seiten bereits klar herauszulesen, welches Konzept die Kreativen verfolgen und das wird konsquent durchgezogen. Aber manchmal wird innerhalb eines Mediums eben eine beabsichtigte Wirkung erzielt, manchmal klappt das nicht (so ging es mir). Ebenso wie Tiefgang in einer Geschichte (besonders im Horror) keine Garantie für eine erfreute Leserschaft ist, so ist auch das Prädikat „oberflächlich“ keineswegs als Abwertung gemeint, versteh mich da nicht falsch. Einige sehr gute Comics beruhen auf simplen Ideen und noch simpleren Umsetzungen. Meine Kritik bezieht sich mehr darauf, dass Seeley und Caselli, die Schöpfer und Autoren der Serie, sich zwar völlig im Klaren darüber sind, dass sie ein Genre mit einem Augenzwinkern überzeichnen und mit narrenfreiem Humor versehen, aber davon, dass sie dieses „neu und erfrischend streichen“, erkenne ich wenig bis nichts.

Okay, die Idee mit der Convention, auf der u.a. Robert Kirkman und Steve Niles ermordet werden und der fette Slasher-Typ mit dem Babykiller, der aus seinem Bauch kommt, sind ganz amüsant, aber auch da hätte man mehr herausholen können. Aber lass uns mal genauer auf die Zeichnungen zu sprechen kommen. Haben die dich genau so überzeugt wie die Geschichten an sich?

Christopher:
Good Point. Drei Geschichten, zwei Zeichner. Das Artwork der ersten Geschichte von Stefano Caselli gefiel mir richtig gut. Volle, kräftige Figuren und tolle Kolorierung. In den anderen beiden Geschichten wird's dann unter dem Strich von Federica Manfredi etwas schwächer, aber immer noch sehr okay. Vielleicht sind die Panels etwas zu glatt und aufgeräumt. Insbesondere hat mir gefallen, dass Cassie und die anderen weiblichen Figuren nicht als überzogene Superbabes daher kommen. Trotzdem sind sie sexy. Wie hats's dir gefallen?

 Benjamin: Die erste Story geht für mich optisch voll in Ordnung, Casellis Bilder sind bestimmend und aussagekräftig, dazu passt die düstere Farbgebung optimal zur Thematik. Anders verhält es sich bei den Teilen, die Federica Manfredi gestaltete. Ich kann deine Meinung vollkommen unterstreichen, die sauberen, feinen Zeichnungen und die recht helle Kolorierung lassen die beiden letzten Stories beinahe wie aus einem Zeichentrickfilm wirken. Gerade nach dem gelungen Artwork zum Einstand war ich also anschließend enttäuscht.

Dass dir der Band mehr Spaß machte als mir, Christopher, kam wohl deutlich rüber, aber wie würdest du Hack/Slash insgesamt bewerten, gerade im Vergleich mit dem sonstigen qualitativ hochwertigen Programm des Verlags?

Christopher: Cross Cult wird ja schon seit ein paar Jahren immer wieder in Herr-Gott-Himmelshöhen gelobt. Das kommt nicht von irgendwo her und hat seinen Grund, das Programm ist einfach gut. Allerdings verstellt das manchmal den Blick auf die Tatsache, dass Cross Cult auch nur ein ganz normaler Comic-Verlag ist (wenn's sowas überhaupt gibt…). Konkreter ausgedrückt: Sin City, 300, Hellboy sind in trockenen Tüchern, haben Erfolg beschert, und jetzt muss etwas Neues her. Hack/Slash halte ich da für einen gelungenen Griff: Artwork ist in Ordnung, Story und Atmosphäre funktionieren, Aufmachung wie gewohnt großartig. Kleinen Minuspunkt gibt's von mir für den dieses Mal sehr langen Anhang mit Zusatzmaterial (Weihnachtsextra „Schlitzen durch den Schnee“, Galerie, Skizzenbuch, Theaterstück, Psychoakten). Das hätte von mir aus auch über mehrere Bände verteilt werden können. Ansonsten wünsche ich der Serie viel Erfolg. Bis jetzt sehr vielversprechend und unterhaltsam.

Benjamin: Im Gegensatz zu den meisten anderen Comics des Verlags kann der Inhalt aus meiner Sicht nicht dem äußeren Anschein gerecht werden. Hardcover im handlichen A5-Format, klasse Papierqualität, üppige Extras, wie immer bekommt der Leser hier den gewohnten Standard serviert. Nur die abgedruckten Stories an sich halte ich für wenig überzeugend, das mag aber zum Teil auch an meinem subjektivem Empfinden liegen, denn ich hab jetzt auch schon (z.B. im CC-Forum) mehrere Meinungen gehört, die sich eher mit deiner decken. Das (Luxus)-Problem mit dem vielen Bonusmaterial erklärt sich, wie ich vermute, dadurch, dass die US-Trades eins zu eins übernommen werden. Zudem gibt's ja nicht viel zu verteilen, weil ja noch nicht mal der dritte US-Sammelband erschienen ist. Naja, ich bin jedenfalls auf den zweiten deutschen Band gespannt, vielleicht werd ich dann von dieser Serie überzeugter als es bisher der Fall ist.

Hack/Slash 1: Der erste Schnitt
Cross Cult; Oktober 2007
Text: Tim Seeley

Zeichnungen: Stefano Caselli, Federica Manfredi
154 Seiten; 19,80€
ISBN-13: 978-3936480627

Christophers Wertung:
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Benjamins Wertung:
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