Rezensionen

Drei Schatten

Cover Drei SchattenDer kleine Joachim führt mit seinen Eltern ein Leben voller Idylle. Die kleine Familie lebt in einem kleinen Häuschen, umgeben von Natur. Die Geschichte von Drei Schatten spielt in einer nicht näher definierten Welt, die an Märchen und Volkssagen erinnert. Ihr Ausgangspunkt ist das Eindringen von drei dunklen Gestalten in das Familienidyll.

Joachim entdeckt eines Tages drei Reiter schemenhaft am Horizont, die langsam näher kommen und ihm Angst machen. Am ersten Tag verschwinden sie bald wieder, kehren aber regelmäßig zurück. Schon bald wird klar: Die drei sind gekommen, um Joachim zu holen.

Beispielseite aus Drei SchattenWas anfänglich wie eine klassische Fantasy-Genre-Geschichte beginnt, konzentriert sich schon bald auf die Frage, wie die Eltern mit dem drohenden Verlust ihres Sohnes umgehen. Während die Mutter Rat bei einer alten Wahrsagerin sucht, leugnet der Vater die Gefahr und will sie nicht wahrhaben. Schließlich verlässt er sein Heim und begibt sich mit seinem Sohn auf die Flucht. Diese Flucht führt die beiden auf ein großes Schiff, mit dem sie auf die andere Seite eines nicht näher definierten Gewässers übersetzen wollen, um dort vor der Gefahr sicher zu sein. Doch Sicherheit gibt es dort nicht, und die Flucht endet schließlich mit einem übermenschlichen Aufopferungsakt des Vaters. Auf diesen dramatischen Höhepunkt folgt eine abschließende Coda, die gleichzeitig todtraurig und tröstlich, melancholisch und wunderschön ist.

Drei Schatten wurde im letzten Jahr als einer von fünf „essentiellen“ Comics auf dem Festival von Agoulême ausgezeichnet. Sein Schöpfer Cyril Pedrosa hatte zuvor als Animator für Disney-Zeichentrickfilme gearbeitet und die Albenserie Ring Circus von David Chauvel (deutsch bei Salleck) gezeichnet. In Drei Schatten erinnern zwar die Charakterdesigns an Trickfilme, doch ist Pedrosas Zeichenstil hier deutlich individueller und weniger gefällig. Er verzichtet auf Farbe und lotet dafür die zahlreichen Möglichkeiten von Schwarz und Weiß aus. Von sehr hellen bis ganz finsteren Seiten, von fein ziselierten Linien bis zu grob aufs Papier gehauenen Kreidestrichen reicht Pedrosas Bandbreite. Der Künstler spielt virtuos auf der Klaviatur der Emotionen, die man mit zeichnerischen Mitteln herstellen kann. Am stärksten ist Drei Schatten immer dann, wenn Gefühle, Stimmungen und Atmosphäre vermittelt werden.

Beispielseite aus Drei SchattenErzählerisch wirkt der Band stellenweise etwas unentschlossen. Man kann sich vorstellen, dass zu Beginn der Arbeit kein fertiges Skript bereit lag und sich die Handlung erst im Laufe der Zeit entwickelte. Die Episode auf dem Schiff, die sehr breiten Raum in der Erzählung einnimmt, hat am Ende keine allzu zentrale Bedeutung für die Geschichte und die Nebenfiguren dieses Kapitels verschwinden ebenso schnell wieder, wie sie aufgetaucht sind. Doch spätestens der überaus gelungene Schluss lässt den Leser diese Schwächen vergessen. Aus einer banalen Abenteuergeschichte in einer fantastischen Welt ist eine anrührende Allegorie über den Verlust geliebter Menschen geworden.


Drei Schatten
Reprodukt, Juni 2008
Text und Zeichnungen: Cyril Pedrosa
272 Seiten, Softcover, s/w; 20,- Euro
ISBN: 978-3938511954

Leseprobe

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Abbildungen Drei Schatten © Cyril Pedrosa, für die dt. Ausgabe 2008 Reprodukt