Rezensionen

Die Schiffbrüchigen von Ythaq 1

ythaq1 Ein altbekannter, erloschener Verlag erhebt sich phönixgleich aus der Asche, mit einem Tusch und zwei neuen Comicserien! Der Splitter-Verlag ist von den Toten wieder auferstanden. In Wahrheit ist es aber ein ganz neues Team (aus altbekannten Namen; ein jeder schaue selbst auf deren Website), ein neuer Standort, ein neuer Verlag. Mit dem alten Splitter-Verlag hat er nur die Vorliebe für frankobelgische Albenserien gemein.

 
Der Tusch nun, mit dem der Verlag seinen Neubeginn feiert, ist der neue Erfolgshit in Frankreich: Die Schiffbrüchigen von Ythaq, aus der Feder Christophe Arlestons, der in Deutschland hauptsächlich durch Lanfeust von Troy und die Spinoffs zu dieser Serie (Troll von Troy, Gnome von Troy und Lanfeust der Sterne, alle mittlerweile bei Carlsen Comics) bekannt ist.

Der erste Band „Terra Incognita“ macht seinem Namen alle Ehre: Ein Luxusraumschiff gerät in „Seenot“ und stürzt, in seine Einzelteile aufgelöst, auf einen fremden Planeten. Die Bar des Schiffes zerstört bei ihrer unsanften Landung große Teile eines Banfoo-Dorfes. Die drei Insassen der Bar, der Mechaniker Narvarth, die strafversetzte Offizierin Granit und ein verwöhntes Gör – Miss Calista – auf Männerfang sehen sich gefräßigen Fischen und der eigentümlichen Justiz der Banfoos ausgesetzt. Diese stark lispelnde biberähnliche Rasse pflegt das Urteil über Angeklagte sehr demokratisch zu fällen und wer für schuldig befunden wird, landet direkt in einem Meeresbecken mit monströsgefräßigen Fischen. Doch die unfreiwilligen Helden überstehen diese Widrigkeiten mit Müh und Not und machen sich auf die Suche nach den anderen Überlebenden der weit verstreuten Notlandung.

Es gibt da allerdings noch eine andere Partei, die sich auf die Suche macht, und die hat eindeutig unlautere Motive. Die sinistre Markgräfin Ophyde von Bridmoth schickt ihre Häscher nach Überlebenden aus dem All aus, um an deren Technologie heranzukommen. Einer der Häscher ist der grausame und gefährliche Söldner Dhokas. Andere Handlanger Ophydes sind zum Glück einfach zu deppert, um wirklich gefährlich zu sein …

 
Zwar geht die Grafik Adrien Flochs künstlerisch nicht über das hinaus, was man von den meisten französischen Fantasyserien gewohnt ist, aber es macht doch Spaß, die teilweise irrwitzigen Hintergründe und Settings zu bestaunen. Die Stadt Bridmoth zum Beispiel, die nur über eine tiefe und breite Schlucht zu erreichen ist, oder der in die Klippen hinein gehauene Gerichtsplatz der Banfoos, der eine Mischung aus Parlamentsraum und Haifischbecken darstellt. Die Bilder vermitteln zuweilen ein rasantes und actiongeladenes Tempo, das sichtlich vom Manga inspiriert ist, und die erfreulich mitreißend sind.

 
Die Story lebt von der für Arleston typischen Art von Albereien, die man aus Lanfeust von Troy kennt.
So wird in einer Panelüberschrift ein Gasthaus folgendermaßen gelobt: „Im Schnarchenden Zauberbuch gibt es auf jeder Etage warmes Wasser. Man muss es nur hochtragen.“ Oder der Mechaniker sagt, nachdem er eine Kabelverbindung nicht geblickt hat („Lethal Weapon“ lässt grüßen!): „Es war nicht das Grüne, sondern das Rote! Sie sehen sich so ähnlich, dass ich sie dauernd verwechsle …“
Das ist keine große Literatur, aber spannend und spaßig.
Die Figurenkonstellation ist klassisch: ein dümmlicher Kerl unterwegs mit zwei attraktiven Frauen in aberwitzig entblößendem Outfit. Doch trotz aller Klischees und Albernheiten hat die Handlung etliche schöne Abenteuermomente und sogar einen wirklich überraschenden Cliffhanger zu bieten.
 

Dieses Album ist ein rundum gelungener Auftakt des neuen Verlagsprogramms. Was der neue Splitter-Verlag übrigens nicht mit dem alten gemein hat, das ist die schlampige Aufmachung. Beim Neuen geht dem frankobelgischen Albenliebhaber ein Traum in Erfüllung: die Übersetzung ist tadellos, das Lettering ebenfalls. Die Gestaltung des Hardcovers lässt keine Wünsche offen, und innen sind sogar Bildchen der Autoren, der Folgebände und eine deutschsprachige Bibliografie der Verfasser drin. Da kann man als Rezensent schon etwas überschwänglich werden, wenn man diesen Band in der Hand hält. Nicht, weil der Comic neue Maßstäbe setzen würde, sondern weil die Edition neue Maßstäbe setzt. Weiter so!
 

Die Schiffbrüchigen von Ythaq 1: Terra Incognita
Splitter, Oktober 2006
Text: Christophe Arleston
Zeichnungen:Adrien Floch
64 Seiten, Hardcover, farbig; 13,80 Euro

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