Rezensionen

Der Tod und das Mädchen

Diese skurrile Serie, in der eine junge Frau vom Tod in Person verfolgt wird, war ursprünglich ein Webcomic, der mehrere Jahre auf dem Comickanal des ORF On (Onlineangebot der „Österreichischen Rundfunks“) veröffentlicht wurde. Dort war sie sehr erfolgreich und hatte viele Fans. Relativ kurzfristig hieß es dann im Mai dieses Jahres, dass ORF On sein Comicportal zum Juli hin einstellen werde, was für alle beteiligten Künstler sehr überraschend kam. Da der Comickanal eine der wenigen Onlineportale war, die für Webcomics bezahlen konnten, war die Schließung für die Künstler problematisch; schließlich fiel neben der Veröffentlichkeitsmöglichkeit auch ein finanzielles Standbein weg (wir berichteten hier und hier).

Nina Ruzicka entschloss sich schließlich nach langem Überlegen, Der Tod und das Mädchen drucken zu lassen. Dabei gab es so einige Hürden zu nehmen, wie ihr Druckbericht ausführlich und, trotz der gar nicht so lustigen Probleme, amüsant erklärt (übrigens interessant für alle, die irgendwann mal vorhaben, ihre Comics drucken zu lassen).

Oftmals in traditionellen Drei bzw. Vier-Panel-Geschichten wird von einer jungen Frau erzählt, der der Tod auf den Fersen ist. Eigentlich war es ihr bereits als kleines Mädchen bestimmt zu sterben. Aber da man dazu dem Tod in die Augen gucken und ihn bei irgendeinem Namen nennen muss, wurde dies durch widrige äußere Umstände immer wieder verhindert.
Fünfzehn (im original Online-Strip: zwanzig) Jahre später treffen sie sich zufällig wieder. Da der Tod ein schlechter Verlierer ist, will er nun endlich seinen Auftrag von damals zu Ende führen und verfolgt das Mädchen auf Schritt und Tritt. Dieses weiß aber um die Spielregeln, und so zanken und streiten sich die beiden, dass es eine wahre Pracht ist.
Dabei wird der Tod keinesfalls als altehrwürdige und weise Instanz dargestellt, sondern als eitler, selbstgerechter Pfau, der alles dafür gibt, dass er gewinnt. Aber auch er muss sich an Regeln halten (wer diese erstellt, wird allerdings, zumindest in diesem Band, nicht deutlich), und so darf er z.B. nicht mehr aktiv eingreifen, um den Tod eines Menschen herbeizuführen. Das Mädchen hingegen macht einen an sich pfiffigen, aber auch leicht erregbaren Eindruck. Und so scheint sie fast eine Herausforderung darin zu sehen, den Tod auf die Palme zu bringen.

Respektlos und erfrischend unbekümmert geht Nina Ruzicka mit dem in unser Gesellschaft oft tabuisierten Thema “Tod“ um. Trotz der Gags und des Funny-Zeichenstils kommen aber auch immer mal wieder philosophische Gedanken über das Sterben und der Umgang damit auf, was einen angenehmen Kontrast zu den an sich auf Pointen getrimmten Cartoons darstellt. Von diesen ernsteren Untertönen, weiterhin im Kontrast zur Leichtfüßigkeit des sehr menschlichen Todes, würde ich persönlich gerne mehr sehen. Schließlich beschäftigen wir uns alle mehr oder minder mit der Thematik, aber so richtig sprechen will kaum einer drüber. Da ist es beruhigend und interessant zu sehen, dass sich andere Leute auch so ihre Gedanken dazu machen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, will Nina aber die Geschichte sowieso weg von den Pointen hin zu einem mehr zusammenhängenden Comic bringen.

Das Format selber ist gut gewählt, es ist so groß, dass bequem drei Strips untereinander passen. Mit den 55 reinen Cartoon-Seiten hat man ’ne Menge zu lesen. Außerdem werden 37 zusätzliche Strips gebracht, die online nicht veröffentlicht sind, also ein Kaufanreiz auch für Kenner der Serie. Toll fand ich die Hintergrundinformationen, die es noch im Anschluss gibt und in denen zu bestimmten Strips etwas erklärt wurde, wie dies auch schon online geschieht.
Das Titelbild selber will mir allerdings nicht so recht gefallen. Das Motiv macht zwar neugierig, aber insgesamt wirkt es etwas zu schlicht. Außerdem sieht das Mädchen wie eine Zeitreisende aus den Achtzigern aus (Hinweis auf ihre gewollte Unscheinbarkeit?), so dass man vielleicht gar nicht auf den Gedanken kommen könnte, dass das ein brandneuer Comic ist.
Etwas unglücklich auch der Rückentext, der zentriert wurde und deshalb kein schönes Schriftbild abgibt (warum keinen Blocksatz?). “Dies ist der erste Band von dreien zum ersten Teil von Der Tod und das Mädchen“ ist als Information sicherlich notwendig, aber viel zu sperrig. Auch hier würde ich raten, beim nächsten Mal eine handlichere Aussage zu finden, zum Beispiel in zwei Sätze aufzuteilen.
Im Comic selber fällt mir störend der Gebrauch von zu vielen Schriftarten auf, wobei eine wie nachträglich reinretuschiert (einige Texte wurden in der Tat verändert, u.a. aus juristischen Gründen) und zu sehr nach unordentlicher Handschrift aussieht. Allerdings ist das auch schon so bei den Onlineausgaben so. Mehr Einheitlichkeit würde hier mehr Ruhe ins Schriftbild reinbringen.
Mein letzter Kritkpunkt betrifft das Papier, das mir schon zu satiniert rüberkommt und sich nicht so gut anfühlt. Ich bin schon immer drauf und dran, eine Seite anreißen zu wollen, um zu sehen, ob da überhaupt noch Fasern drin sind oder ob es nur noch Plastik ist. Bis jetzt konnte ich mich noch beherrschen.
Alles in allem stören also nur Kleinigkeiten, die teils auch auf die Unerfahrenheit im Druck zurückzuführen sind.

Ein erfrischender Comic der anderen Art, der sich momentan noch sehr cartoonig gibt. Ich bin gespannt auf die zwei weiteren Bände, die dann den ersten Teil von Der Tod und das Mädchen abschließen und in denen es sicherlich wieder Extraseiten geben wird. Und dann ist da ja noch der zweite Teil, dessen Anfänge man beim Comickanal nachlesen kann und den Nina nun auf ihrer Seite cartoontomb.de fortführt.

Der Tod und das Mädchen
Die Biblyothek
Zeichnungen und Text: Nina Ruzicka
64 Seiten, durchgehend farbig, Softcover; 12,- Euro (22,- SFr)
ISBN: 3-9810480-0-8

portofrei bestellen bei cartoontomb.de

1. Teil: Der Tod und das Mädchen (über 150 Folgen!) lesen beim Comickanal

Anfang 2. Teil: Der Tod und das Mädchen lesen beim Comickanal

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