Rezensionen

Corona Hotel 1

Corona Hotel 1Es ist schon ein ungewöhnlicher Comic, den Walter „Ghepetto“ Pfau da mit Corona Hotel fabrizierte. Äußerlich cartoonhaft, innen ernsthafte Alltagskrisen und tiefe Emotionen. Grund genug also, den Band mal genauer unter die Lupe zu nehmen und differenziert zu bewerten.

Zwei Geschichten sind darin enthalten Die erste dreht sich um ein Pärchen, das sich trennte, nachdem sie ihr Kind in der Schwangerschaft verloren hat, was ihn wiederum in Verzweiflung stürzt. Sie machen sich beide Vorwürfe deswegen, eine Geschichte der Enttäuschung und Reue also, die sich dann aber dann doch anders gestaltet, wie es der Leser erwartet hätte, wenn sich herausstellt, dass beide ein Geheimnis vor dem anderen verbergen. Die beiden Darsteller liegen trotz der schmerzhaften Trennung gefühlsmäßig näher beieinander, als sie sich selbst eingestehen wollen, Walter Pfau unterstreicht diesen hauptsächlichen Aspekt wirkungsvoll mit der wechselseitigen Einblendung der Personen, wodurch die parallel ablaufenden Handlungsverläufe ihren Effekt nicht verfehlen.

Die zweite Episode dreht sich um einen jungen Fotografen, der eines Nachts seine Bekanntschaft zu sich in die Wohnung mitnimmt, um ihr dort sein Hobby vorzustellen: Er fragt fremde Leute nach ihrem größten Wunsch und schießt dann ein Foto von ihnen…

Eigentlich findet der Künstler bei beiden Geschichten, die hier beinhaltet sind, den richtigen Ansatz, die Stories sind einfallsreich und mitfühlend.
Leider ist das größte Manko aus meiner Sicht, dass zu sehr auf jeweils eine kleine Idee gebaut wurde. Das Thema Kinderwunsch, das zum Drehpunkt genommen wird, um das Auseinanderleben zweier Menschen zu skizzieren, ist nett ausgewählt, der Plottwist auch tatsächlich überraschend, trotz allem ist die Geschichte viel zu früh zu Ende und außer ein paar Textpassagen, die Aufklärung und weitere Einblicke verschaffen, wird dem Leser zu wenig geboten. Ähnlich verhält es sich bei der Story des Fotografen. Statt auf tiefer gehende Dialoge konzentriert sich der Künstler zu sehr auf die grafische Ebene, was allzu oft dazu führt, dass großformatige und ungünstige Panelanordnungen, zahlreiche Nahaufnahmen oder sich wiederholende, an sich gute Elemente wie die Inszenierung der Fotopräsentationen ein gelungenes Storytelling verbauen bzw. sie dessen Platz sehr vereinnahmen. Ein weiterer Kritikpunkt ist das allzu gut gemeinte Characterdesign. Gerade bei Walter Pfaus wenig realistischen, sondern sehr überspitztem, kantigem Zeichenstil wirkt es dann noch zusätzlich unpassend, wenn z.B. bei einer Frau in jedem Bild die Nippel sich mehr als deutlich durchs Oberteil abzeichnen, obwohl hier nur harmlos geredet und sich kennen gelernt wird oder wenn die Dame aus dem ersten Teil in einem lila Ganzkörper-Jogginganzug (und lila Haaren, Schuhen, Augenbrauen) sich seitenlang wie eine Actionheldin durch eine eisige Berglandschaft hangelt (eigentlich eine Mutter, die ihr Kind verloren hat). Klar hat Corona Hotel auch bewusst lustige Momente, die auch z.B. in der genannten Fotopräsentation (sehr variantenreich und mit witzigen Texten versehen) gut zum Tragen kommen, aber da der Autor sich selbst eigentlich mehr einer ernsteren Thematik verschrieben hat, hätte es einer reduzierteren Erzählung bedürft.

Alles in allem kann man Corona Hotel schwer einordnen, was vor allem daran liegt, dass Walter „Ghepetto“ Pfau selbst zwischen überbordender, cartoonhafter Grafik und der damit automatisch einhergehenden Clownerie und emotionaler und seriöser Handlung wandert. Manche Szenen überzeugen in lustiger Hinsicht, manche machen traurig, insofern kann man dem Comic einen guten und richtigen Ansatz bescheinigen, trotzdem bedarf es für einen richtig guten Band einiges mehr.

Corona Hotel 1
Jiminy-Comics
Text und Zeichnungen: Walter Pfau
48 Seiten, Softcover; 10,- €

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