Rezensionen

Conan – Die Tochter des Frostriesen …

… und andere Geschichten.“

Doppelrezension

Frauke:

conan_frostrieseConan ist das geistige Kind von Robert E. Howard, der den Barbaren in den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfand und für Kurzgeschichten verwendete.

Marvel veröffentlichte seit den Siebzigern Comics mit Conan.
Ende 2003 startete der Verlag Dark Horse eine eigene Reihe, die sich stark an Howards alte Ideen anlehnt und nichts mit den Marvel-Comics gemein hat.

„Die Tochter des Frostriesen …“ sammelt mehrere Einzelbände, u.a. die 2004 mit einem Eisner-Award für “Best Single Issue/Single Story“ ausgezeichnete Geschichte „The Legend“ und ist der Einstieg in die neue Welt von Conan.
Aufgezogen wird das Ganze als eine Legende, die sich einem gelangweilten persischen Prinz und seinem invadierenden Gefolge aus einem Denkmal und alten Schriftrollen des eroberten Landes ergibt. Demnach war Conan ein noch recht junger Krieger aus dem waldreichen Land Cimmeria, der durch die Geschichten seines Großvaters das Land Hyperborea kennen lernte. In diesem Land, das ihm wie ein Paradies vorkommt, lebten die Bewohner friedlich mit allen Tieren zusammen. Es gäbe keine Krankheiten, keinen Tod und es herrsche ewiger Sommer. Conan macht sich auf, um diese Wunder mit eigenen Augen sehen zu können. Unterwegs erlebt er den Überfall eines Dorfes mit und steht den Frauen bei, dessen Männer jagen gegangen sind. Er kann das Ruder in diesem ungleichen Kampf herumreißen und wird, nach etwas Überzeugungsarbeit, von der Dorfgemeinschaft aufgenommen. Nur kurz will er bleiben, um den Rachfeldzug zu unterstützen, und um sich dann weiter auf nach Hyperborea zu machen. Doch die Männer werden verraten, und auch sein Traumland, das er nicht als freier Mann betritt, sondern in das er als Gefangener gebracht wird, erweist sich als nicht ganz lupenrein…

Comicveteran Kurt Busiek ist der Autor dieser neuen Annäherung an den Barbaren (er wird es bis Ende 2005 bleiben; zwischendurch beehrt auch Mike Mignola die Serie; Tim Truman übernimmt ab 2006) und zeigt, dass er zu Recht schon ewig in diesem Metier arbeitet. Anfänglich noch etwas betulich, legt die Geschichte schnell an Tempo zu und fesselt einen bis zum Ende. Dabei sind seine Szenarien nicht reine Kulisse, um einen Einzelkämpfer und seine wilden Schlachten in Szene zu setzen, sondern erstaunlich tiefgründig durchdacht, wofür er sich auch ausreichend Zeit lässt.
Die Einzelgeschichte „Die Tochter des Frostriesen“ ist übrigens laut Wikipedia eine direkt von Howard in den 30ern geschriebene Geschichte, die aber nicht zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde.

Zeichner Cary Nord arbeitete eine Zeitlang an Daredevil und einigen anderen Marvel- und DC-Serien, bevor er Conan zu Papier bringt. Seine Bleistiftzeichnungen sind so gut ausgearbeitet, dass sie nicht getuscht, sondern sofort von Dave Stewart (zweimaliger Eisner-Gewinner 2003 und 2005) koloriert werden. Das gibt den Zeichnungen mitunter einen recht rohen Touch, der hervorragend zu dieser doch eher harten Welt passt.

Die Aufmachung von Panini kommt mit satiniertem Softcover und für diese Sammelbände gewohnt hochwertig daher. Als Zusatzmaterial gibt es die Skizzen von Cary Nord, mit denen er sich für die Serie beworben hat, sowie ein kleines Interview, das Kurt Busiek mit seinem Zeichner führt. Und zu guter Letzt werden die Cover der Einzelbände abgedruckt, die von Joseph Michael Linsner (Dawn) stammen. Und ich kann es drehen und wenden wie ich will, ich kann mich mit seinen wallenden Achtziger-Jahre-Mähnen und Pausbäckchen einfach nicht anfreunden. Na ja, sind ja nur die Cover.

Diese neue Conan-Serie wird jeden enttäuschen, der bei dem Namen einzig und allein auf sinnloses Rumgeprügel aus ist, dafür aber Fantasyfans mit einer stimmungsvollen Atmosphäre und wohldurchdachten Szenarien, in der es mitunter nicht zimperlich zugeht, erfreuen.  

eric1


Chris:

Man durfte beim Anblick des neuen Conan-Comics durchaus skeptisch sein. In den Dreißiger Jahren verstrickte Robert E. Howard seinen barbarischen Archetypus erstmals in Abenteuer  und hauchte ihm Leben ein. Seitdem haben sich zahllose Fantasy-Autoren bemüht, Conan gerecht zu werden und Howards Grundton zu treffen. Inzwischen wird der Barbar aus Cimmeria als klassischer Vertreter des Genres gehandelt, der nicht hinter Gandalf und Konsorten zurücktreten muss. Ein gewisse Meisterschaft im Erzählen darf also erwartet werden, wenn sich ein neuer Autor mit Conan dem Barbaren auseinandersetzt.

Erinnerungen an die guten, alten Conan-Comics aus den Siebziger Jahren kehren zurück (“Savage Sword Of Conan“). Rauhe Panels in Schwarzweiß, teilweise so konventionell, dass man meinen konnte, die Zeichner der „Illustrierten Klassiker“ hätten ihre Finger im Spiel gehabt. Die Mischung aus klassischem Stil und rauer Oberfläche passten gut zu Conan und gaben den Klang der Geschichten optisch treffend wieder. Noch heute macht es Spaß, die alten Sachen zu lesen.

Die Bildwelten des neuen Zeichners Cary Nord sprechen da eine ganz andere Sprache. Sehr farbenfroh und glatt lassen sie Gedanken an Spider-Man und andere Strumpfhosenträger erwachen. Das gibt der anfänglichen Skepsis weiteren Nährboden. Hinzu kommt der neue Conan-Autor Kurt Busiek, der sich bisher vornehmlich im Superhelden-Universum herumgetrieben hat. X-Men, Daredevil, Marvels – und jetzt Conan? Kann das gut gehen? Ausgerechnet Busiek und Nord sollen dem wilden Cimmerier neues Leben einhauchen?

Zugegeben: Mit der Gestaltung der Hintergründe hat Cary Nord es nicht so. Aber irgendetwas trübt das anfängliche Urteil. Beim genauen Hinsehen sind seine Zeichnungen nicht so glatt, wie sie zunächst erscheinen. An den Rändern schleicht sich eine gewisse Unschärfe ein. Der Strich wird unruhig und nervös, ungeduldig und wild. Als wolle er aus den Bahnen ausbrechen. Ebenso Busieks Geschichte. Anfänglich plätschert eine ruhige, kleine Fantasy-Erzählung so dahin. Der Leser ist dabei, als Conan die Aesir kennen lernt und hilft, ihr Dorf gegen die feindlichen Vanir zu verteidigen. Eine kleine Intrige, eine kleine Liebelei, eine blutige Prügelei mit einem Eisriesen – bis dahin eine durchaus unterhaltsame Comic-Lektüre, aber nicht mehr.

Doch spätestens als die längere Episode in Hyperborea beginnt, ahnt der Leser, dass Busiek nicht unter der Last des Conan-Universums stöhnt und ächzt, sondern dass er die notwendige Ruhe aufbringt, um die phantastische Welt auszubreiten, die einst von Robert E. Howard erdacht wurde. Direkt vor den Augen des Lesers, ganz locker, so dass es fast unbemerkt bleibt, definiert Busiek Conan neu, gibt seinem Charakter Gestalt, wie es für den ersten Band einer Reihe angemessen ist. Conan als Rächer, Conan als Kämpfer, Conan als Liebender und treuer Freund – alle wichtigen Facetten das Fantasy-Barbaren kommen vor, frisch und lebendig inszeniert.

Die anfängliche Skepsis ist verflogen. Nachdem Conan mit seinen Verrätern kurzen Prozess gemacht hat, ist die Geschichte bald vorbei. Man schlägt den Comic zu und bleibt noch einen Augenblick gebannt sitzen. Wild und phantastisch war der Strudel, der einen auf Conans Schulter durch Hyperborea gespült hat. Und man fletscht mit den Zähnen: Der nächste Band kommt erst im November!

eric1

Conan – Die Tochter des Frostriesen und andere Geschichten
Panini Comics
Text: Kurt Busiek
Zeichnungen: Cary Nord
176 Seiten, komplett farbig, Softcover; 16,95 Euro
ISBN: 3833214368

 

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