Ich muss gestehen, die wenigen frankobelgischen Serien, mit denen ich bis jetzt in Kontakt kam (Blueberry, Rubine, Michel Vaillant), haben mein Interesse nicht gerade gefördert, weitere Comics dieser Art kennen zu lernen.
Zum Glück hat mich die Inhaltsbeschreibung von Betelgeuze doch neugierig gemacht. Denn ansonsten hätte ich eine der besten Comicserien, die ich bis jetzt in diesem Jahr gelesen habe, verpasst.
Momentan gibt es drei Bände auf deutsch, aber weitere sind bereits in Vorbereitung.
Ein Forschungstrupp hatte sich zum sechsten Planeten des Sterns Betelgeuze aufgemacht, um die überprüfen, ob dieser besiedelt werden könnte. Der Kontakt brach aber unerklärlicherweise ab. Sechs Jahre lang hat man nichts mehr von ihnen gehört.
Außerdem sendet ein geheimnisvolles Wesen, Mantrisse genannt, Signale von dem Kolonialplaneten Aldebaran nach Betelgeuze. Nun soll ein neu entsendete Gruppe herausfinden, was auf dieser fremden Welt passiert ist…
Betelgeuze ist die direkte Fortsetzung der fünfteiligen Serie Aldebaran (auch erschienen bei Epsilon), die ich aber (noch) nicht gelesen habe. So habe ich mich also als Neueinsteiger in das Universum von Leo (Luiz Eduardo de Oliveira) gewagt.
Das geht auch erstaunlich gut. Außer, dass ich noch nicht viel über die Mantrisse weiß, habe ich nicht das Gefühl, dass mir wichtige Kenntnisse fehlen.
Leo erschafft mit zurückhaltenden, unspektakulären Bildern seine eigenen Welten. Dabei scheint seiner Fantasie keine Grenzen gesetzt zu sein, wenn es darum geht, sich fremdartige Pflanzen und Tiere auszudenken. Gerade der realistische Zeichenstil macht das Ganze umso faszinierender und glaubwürdiger.
Leider steht das genau dann ein wenig im Weg, wenn man die Cover als Kaufanreiz auslegen möchte. Diese sind nämlich – zumindest für jemanden, der die manchmal fast schon aggressiven Cover der US-Comics gewohnt ist -, viel zu schlicht, als dass sie einen neugierig machen.
Aber nicht nur zeichnerisch beherrscht der Mann sein Handwerk. Selten habe ich eine Geschichte so verschlungen, die angenehmerweise immer mal wieder ein paar Haken schlägt und deshalb nie langweilig wird. Neben der Suche nach den Geheimnissen von Betelgeuze gibt es auch noch die zwischenmenschliche Ebene, durch die der Leser die Protagonisten nach und nach kennen lernt. Die Charaktere wirken überzeugend (wenn auch in seltenen Fällen etwas stereotypisch), und man fiebert mit, wie es weitergeht.
Ein Detail ist mir besonders aufgefallen: Leo scheut sich nicht, seine Figuren nackt zu zeigen. Eigentlich sogar auffallend oft. Aber da das nie aufgesetzt oder aufmerksamkeitsheischend wirkt, ist es einfach eine nette, fast befreiende Abwechslung zu den nackedeifreien US-Comics.
Ein spannender und trotzdem angenehm unaufgeregter Comic, dessen Handlung man fasziniert mitverfolgt und der seinen Preis absolut wert ist. Mein erster Comic dieses Jahr mit der Höchstnote. Hoffentlich bringt Epsilon bald den vierten Band heraus!
Betelgeuze 1: Der Planet
ISBN 3-932578-30-9
Betelgeuze 2: Die Überlebenden
ISBN 3-932578-48-1
Betelgeuze 3: Die Expedition
ISBN 3-932578-59-7
Autor, Zeichnungen: Leo
Epsilon Verlag
je 48 Seiten, farbig, Softcover
je 9,- Euro
Betelgeuze-Seite von Epsilon (mit direkter Bestellmöglichkeit)
offizielle Aldebaran-/Betelgeuze-Seite von Dargaud (frz. Verlag)
schöne Fanseite zu Leo und Aldebaran…
… sowie Betelgeuze (auf französisch)