Rezensionen

Appartement 23


app1Emilie ist tot. In ihrer Dachgeschosswohnung in einem stinknormalen Mietshaus nahm
sie sich das Leben. Über die Gründe dieser Tat schweigt sich der Comic aus. Im Zentrum steht die weitere Existenz der jungen Frau, die fortan das Gebäude (und dessen Bewohner) als Geist aufsucht.

Es scheint fast so, als würden Emilie auch nach dem Ableben noch unerledigte Aufgaben zuteil. Als unsichtbare Beobachterin dringt sie durch Wände und Decken hindurch in die intimsten Bereiche ihrer Nachbarn ein, erfährt Geheimnisse und erlebt Abgründe. Da ist z.B. ein trauerndes Ehepaar, das seine kleine Tochter vermisst. Oder der eigenwillige Nachbar mit der großen Bibliothek, der ganz in der Welt der Künste aufgeht. Und natürlich spielen sich in mancherlei Schlafzimmern Dinge ab, von denen Fremde lieber nichts wissen sollten. Emilie bleibt indes fasziniert an einem finanziell abgebrannten Künstler hängen, der einen Zauberspiegel vor dem Gerichtsvollzieher zu retten versucht. Im Austausch mit einer Katze (das einzige Wesen, das Emilie sieht und mit ihr sprechen kann) ergründet die junge Dame die Beziehung zu diesem Mann.

app2Guillaume Sorel (Mens Magna, Die Toteninsel) legt mit Appartement 23 ein zauberhaftes Comicwerk vor. Die Handlung ist zwar etwas wirr, aber das ist nicht von allzu großer Bedeutung. Die Atmosphäre des Bandes ist ohnehin von eher philosophisch-lyrischer Natur und deshalb auf allegorischer Ebene zu begreifen. Erzählt wird, mit Zitaten und Gastauftritten allerlei literarischer Figuren, von Trauer, Abschied und Liebe. Der eigentliche Plot tritt dem gegenüber stark zurück und endet so unvermittelt, wie er zu Beginn einsetzt.

Besonders hervorzuheben sind zweifelsohne die anspruchsvollen Bilder Sorels: Die zarten Tuschelinien sind mit monotoner Aquarellkolorierung ausgefüllt. Das Ergebnis ist eine dichte Aneinanderreihung von Facetten eines Farbtons, Schattierungen von Grau in Grau. Dadurch entsteht der Effekt, dass der Comic einen nostalgischen, nachdenklichen Esprit versprüht, dabei aber gleichsam detailreich und malerisch erscheint.

 

Wertung:wertung8

Ein vor allen Dingen grafisch hervorzuhebendes Comicalbum, dessen Geschichte aber auch zum Nachdenken anregt

 

Appartement 23
Splitter Verlag, September 2014
Text/Zeichnungen: Guillaume Sorel
Übersetzung: Swantje Baumgart
104 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 19,80 Euro
ISBN: 978-3-86869-755-1
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Abbildungen ©  der dt. Ausgabe: Splitter

 

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