Rezensionen

A.K.A. – Überraschung!

Chris Deutsch – man könnte mittlerweile fast sagen, er folgt einer Tradition – hat sein Kommunikationsdesign-Studium in Mainz mit einem Comic abgeschlossen; A.K.A. – Überraschung! ist seine Diplomarbeit.

Dass dabei innovative und belebende Comics entstehen können, hat ja z.B. schon held von Flix gezeigt.

A.K.A. bestätigt diese Beobachtung. In frischen Szenen und Dialogen wird von den drei Freunden Alex, Kim und Andy (=A.K.A.) erzählt, bei denen es beziehungstechnisch etwas durcheinander geht. Die Technik ist ebenfalls interessant: hauptsächlich vor bearbeiteten Fotos, aufgenommen in Mainz und Saarbrücken, lässt Chris seine Figuren agieren. Aber auch vor Strichmännchen scheut er nicht zurück, wenn er Situationen erklärt oder seinen Gedanken freien Lauf lässt.

Andy und Alex (die Figur, die aussieht wie Jay aus „Jay and Silent Bob“, nur weniger geschwätzig ist) waren ein Paar, das sich getrennt, aber nach einem großen Streit ausgesöhnt hat, wie man in Rückblenden erfährt. Während Andy dann für ein Semester nach Australien ging, kamen Alex und der gemeinsame Freund Kim zusammen. Nun holen die beiden Andy vom Bahnhof ab und versprechen ihm eine große Überraschung: sie wollen ihm mitteilen, dass sie ein Paar und sogar zusammengezogen sind. Dummerweise vertraut noch vor dieser Bekanntmachung Andy Kim an, dass er es nicht ertragen könnte, Andy bereits wieder in einer Beziehung zu sehen…
Und so nimmt der Tag der drei seinen Lauf. Kim und Alex überlegen sich ständig abstruse Ersatz-Überraschungen, denn die Wahrheit wollen sie ihrem Freund nicht antun. Und da auch noch das Auto kaputt ist und sie zu Fuß laufen mussen, entwickelt sich das Ganze zu einem Road-Movie-Comic der besonderen Art.

Chris Deutsch überzeugt in seinem Comicdebüt mit Situationskomik, originellen Einfällen und real wirkenden Dialogen.Bei der großen Bandbreite in der Mimik der Figuren erschließt sich schnell die momentane Stimmung. Auch wenn er manchmal etwas abstrus abgleitet, gibt einem der Comic beim Lesen ein authentisches Gefühl. Und obwohl er einige Erfahrungen aus seinem Leben aufgreift, sei A.K.A. nicht autobiographisch zu verstehen, wie Chris in dem Interview bei uns erzählt.

Auf einen der interessanten Punkte bin ich noch gar nicht eingegangen: die Namen und das Aussehen (Gesichter, Frisuren, Kleidung) der drei Freunde sind bewusst geschlechtsunspezifisch gewählt. Es soll offen gelassen werden, ob es sich um Jungs oder Mädels haltet, da Chris sich dadurch eine interessantere Dynamik innerhalb der Gruppe verspricht.
Die Idee ist nicht uninteressant, kommt aber meiner Meinung nach nicht vollends beim Leser an. Für mich waren die drei eindeutig männlich – wenn nicht über das Aussehen, so doch über das Verhalten definiert. Diese Zuordnung hatte aber keinen Einfluss auf die Geschichte.
Das bewusst kindliche, indifferente Aussehen stellt sich dann aber selber ein Bein; es will sich nicht wirklich mit Autofahren, Kiffen, ernsthaften Beziehungen und Zusammenwohnen vereinbaren lassen.

Kleinere Fehler in der Logik und ein paar zu ausschweifend erzählte Geschichtchen trüben nicht das Lesevergnügen. A.K.A. schwelgt gleichzeitig in Fantasie und Realität, ist witzig und kurzweilig und zeigt seinen Autor als aufmerksamen Beobachter, auch und gerade von Alltagskuriositäten.
Für Leser, die tiefgehende Geschichten erwarten oder in Bildern versinken wollen, ist der Comic aber sicherlich nicht geeignet. Hier geht es viel um’s Erzählen und weniger um’s Anschauen. Auch wird er wohl eher den Geschmack der jüngeren erwachsenen Leser zwischen zwanzig und dreißig treffen.

Zusammenfassend: ein toller, lockerflockiger Start mit einer für den Epsilon Verlag ungewöhnlichen Eigenproduktion! Ich hoffe, wir werden noch mehr von Chris Deutsch sehen.

Übrigens lässt der Epsilon Verlag für mache Comics sogenannte Trailer produzieren, in denen der Comic vorgestellt wird und man neugierig gemacht werden soll. Auch für A.K.A. gibt es solch einen Trailer. Allerdings wird er meiner Meinung nach dem Comic nicht gerecht (bei Der Feind hat das besser funktioniert). Man versteht zwar, worum es gehen soll, die Untertöne und der Witz des Comics bleiben aber auf der Strecke. Dazu kommt noch die recht billig wirkende Tonuntermalung. Wer sich’s angucken will: hier klicken (Flash-PlugIn erforderlich) aber bitte nicht vom Trailer auf den Comic schließen.
 

A.K.A. – Überrraschung!
Epsilon Grafix
Text und Zeichnungen: Chris Deutsch
70 Seiten, s/w, Softcover; 7,50 Euro


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Website von Chris Deutsch

A.K.A. beim Epsilon Verlag 

Pandimaniacs (Onlinecomic von Chris und Ben Deutsch)

Bildquelle: Chris Deutsch