Arne Bellstorf legt ein Debütalbum vor, das mit einigen sehr guten Ansätzen überrascht, aber insgesamt trotzdem nicht vollends überzeugen kann. Sein Comic „acht, neun, zehn“ orientiert sich stilistisch in etwa an den ruhigen Erzählungen von Daniel Clowes oder Adrian Tomine.
Dabei versprüht Bellstorf mit seinem Werk vor allem eins: Langeweile. Aber das soll und muss in diesem Fall auch so sein. Denn genau diese Stimmung herrscht in Christoph Bachmanns Leben in jenem geschilderten Sommer. Christoph, der ziemlich träg wirkende junge Mann auf dem Cover, erlebt die ganz normale Jugend-Tristesse. Ein paar Wochen Ferien, hinter sich ein verkorkstes Schuljahr, vor sich die freien Tage daheim mit seiner Mutter, der man seit der Scheidung des Vaters auch irgendwie nicht mehr viel zu sagen hat, und die Wiederholung der zehnten Klasse vor Augen.
So ganz allein ist Christoph dann scheinbar doch nicht, als er sich in Miriam aus dem Blumenladen verliebt. Aber auch diese Beziehung entpuppt sich für ihn als emotionaler Niederschlag und hebt die im Comic vorherrschende negative Grundstimmung kaum.
So ganz allein ist Christoph dann scheinbar doch nicht, als er sich in Miriam aus dem Blumenladen verliebt. Aber auch diese Beziehung entpuppt sich für ihn als emotionaler Niederschlag und hebt die im Comic vorherrschende negative Grundstimmung kaum.
„acht, neun, zehn“ wandelt zwischen Traurigkeit und Lethargie, der Inhalt ist kurz zusammenzufassen, und die knappen Dialoge stehen ihm im nichts nach. Die beim Leser sehr schnell eintretende Langeweile ist Bellstorfs größtes Plus, aber auch der offensichtliche Punkt, an dem man Kritik üben könnte. Die Charaktere, die fast alle ohne richtig ausgeprägtes Kinn auskommen müssen und dadurch sehr gleichgültig wirken, kommen mit nur wenigen Worten aus. Die Zeichnungen sind klar und einprägsam, und die Rollen für solch ein archetypisches Comicgeschöpf der modernen biografischen Kleinstadt-Jugenderinnerung wurden genau richtig verteilt.
Doch obwohl Arne Bellstorf scheinbar alles richtig macht, ist mir seine Story an einigen Stellen zu dürftig. Oder zu dick aufgetragen, je nachdem. Ich vermisse ein wenig den emotionalen Zugang. Die Geschichte wirkt recht blass, wenn man bedenkt, dass man doch als Leser eigentlich mit der depressiven Hauptperson mitfühlen soll und ja auch eine Liebesbeziehung eingebaut wurde, die mich persönlich aber ziemlich kalt gelassen hat.
Trotzdem geht die Atmosphäre in „acht, neun, zehn“ in eine sehr gute Richtung, und auch zeichnerisch wirkt Bellstorf solide. Am besten gefällt mir aber das Gespür für den Moment des Künstlers. Da merkt man sehr schnell, dass die Wechselwirkung der oftmalig einsätzigen Sprechblasen mit den komplett wortlosen Panels sehr bedacht ist und genau dort das Potential des Newcomers zu erkennen ist. Obwohl für mich also sehr interessante Ansätze zu erkennen sind und es handwerklich kaum etwas zu bemängeln gibt, bleibt es aufgrund der Kritikpunkte an der Geschichte und deren Konzept bei einer mittleren Bewertung.
Acht, neun, zehn
Arne Bellstorf
96 Seiten, schwarzweiß, Klappenbroschur, 13,- Euro
ISBN: 3931377989
Autorenseite bei Reprodukt
“Acht, neun, zehn“-Special inkl. Interview bei Splashcomics