Ich muss gestehen, dass die Yps-Hefte nicht wirklich Teil meiner Kindheit waren. Die Rangfolge war damals vielmehr ungefähr so: Micky Maus-Magazin, unregelmäßig Fix & Foxi und ganz selten mal ein Yps-Heft in den Händen gehalten. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich Yps mehr mit Gimmicks als mit Comicgeschichten assoziiert habe. Urzeitkrebse und andere legendäre Beilagen sind aber selbst mir geläufig gewesen. Es ist jedoch erstaunlich, dass die jetzt erschienene Neuauflage von Thomas der Trommler den Nachweis liefert, dass ich offenbar früher doch richtig gute Stories verpasst habe.
Die Serie ist eigens für das deutschsprachige Magazin Yps in den 70ern in Auftrag gegeben worden und liegt jetzt erstmals komplett in einem Band vor. Szenarist Peter Wiechmann, dessen Kauka-Reihe Andrax ebenfalls von Cross Cult neu aufgelegt wurde (Rezension zu Band 1, Band 4 und Band 5, Interview dazu mit Andreas Mergenthaler), schuf eine historisch tief verwurzelte Geschichte, die sich während des Dreißigjährigen Krieges abspielt. Es ist ein Comic, der offensichtlich für ein erwachsenes Publikum entwickelt wurde – umso bemerkenswerter, dass er in Yps versteckt war, das sich ja doch eher an eine jüngere Zielgruppe gerichtet hat.
Wiechmanns Werk beginnt mitten in den Wirren dieses europäischen Krieges. Feldherr Tilly überfällt mit seinen Männern einen Adelshof in Hessen. Aufgegriffen als einziger Überlebender wird Thomas, ein junger Grafensohn, und gezwungen, sich Tillys Heer anzuschließen. Ursprünglich als Trommler an vorderster Front fungierend, entwickelt sich dieser jedoch unter den Fittichen des kriegserfahrenen Geronimus recht schnell zu einem talentierten und ambitionierten Kämpfer.
Beeindruckt von Thomas beschließt Tilly, ihm ein eigene kleine Einheit zu unterstellen. Thomas sucht sich seine Männer selbst aus. Es sind illustre Gestalten, die zwielichtig erscheinen und, wie man durch Rückblenden erfährt, in der Vergangenheit viel durchgemacht haben. „Die Trommler“, so der Name der Truppe, geraten aber zwischen die Fronten und es wird beschlossen, sich forthin als unabhängige Söldner zu verdingen und den Krieg zu überstehen.
Ähnlich wie bei Andrax ist die Entstehungszeit der in sich schlüssigen Episoden um Thomas unverkennbar, von ihrer Authentizität und ihrer Lebendigkeit haben sie jedoch nichts verloren. Auch hier hat Peter Wiechmann mit spanischen Zeichnern zusammengearbeitet, nämlich mit Josep Gual und Juan Sarompas, die abwechselnd zum Zeichenstift griffen. Die Schwarz-Weiß-Zeichnungen der beiden sind wenig effekthaschend und schaffen es durch feine Striche und mit Liebe zum Detail, die Bilder der Kriegszeit einzufangen.
Thomas der Trommler ist eine lohnenswerte Wiederentdeckung (oder wie in meinem Fall: Neuentdeckung), eine Comicreihe mit nostalgischem Touch und historischer Authentizität. Daneben schafft es der Comic gut zu unterhalten, denn hier gilt es, in vielen Kampfszenen einen gelungenen Abenteuercomic zu entdecken, der auch losgelöst vom historischen Kontext zu goutieren ist.
Der Hardcover-Band überzeugt mit vielen Hintergrundinformationen sowohl zur Zeitgeschichte als auch zur Veröffentlichungshistorie der Reihe. Einzig das für Cross Cult untypische, leichte, raue Papier wirkt unglücklich, denn schwarze Flächen erscheinen größtenteils ganz schön blass und ausdruckslos. Vielleicht wollte man bewusst ein glänzenderes Papier vermeiden, um dem nostalgischen Charme gerecht zu werden, allerding hat das gewohnte Papier bei Andrax auch gut gepasst.
Thomas der Trommler
Cross Cult; April 2009
Text: Peter Wiechmann
Zeichnungen: Josep Gual, Juan Sarompas
Albumgröße, Hardcover, sw, 160 Seiten; 26,- Euro
ISBN 978-3-941248-27-4
Disclosure/Klarstellung:
Thomas der Trommler entstand unter der Beteiligung von Comicgate-Redakteurin F. Pfeiffer (Lektorat).
Bilder aus Thomas der Trommler © Peter Wiechmann und Cross Cult