Rezensionen

Jessica Blandy 2

Cover Jessica Blandy 2Als 1992 mit „Enola Gay“ das erste Jessica Blandy-Album in Deutschland erschien, war nach diesem einen Band auch gleich wieder Schluss. Nun unternimmt der Verlag Schreiber & Leser einen zweiten Anlauf, diesen Klassiker des franko-belgischen Comics in einer kompakten Ausgabe herauszubringen. Dabei sammelt jeder Band drei einzelne Alben der Serie. Im nun vorliegenden zweiten Band der Werkausgabe sind die Stories „Blue Nights“, „El Zamuro“ und „The Girl from Ipanema“ enthalten.

Jean Dufaux ist ja ein wahrer Tausendsassa im Comicbereich. Er textete Comics aus so gut wie jedem Genre. Von Funny über Fantasy, Horror, Historienstoffe, Seefahrer, Erotik und Spionage kann er einfach alles. Eine seiner prägendsten Serien aber war Jessica Blandy, deren erster Band 1987 in Frankreich erschien und mit dem der franko-belgische Comic nach Ansicht mancher erwachsen wurde. Es wurden nicht mehr nur unterhaltsame Stories geliefert, diese wurden fortan auch mit Gesellschaftskritik verbunden. Und damit steht die Serie ganz in der Tradition des amerikanischen Kriminalromans.

Ein deutlicher Hinweis darauf findet sich schon in der ungewöhnlichen Heldin. Sie sucht nicht das Abenteuer und ist auch keine Kriminelle, Polizistin, Agentin oder Detektivin, sondern eine Schriftstellerin, die unfreiwillig in ihre Abenteuer verstrickt wird. Und sie kommt nicht ohne Blessuren davon. Zu Beginn von „Blue Nights“ muss sie ihre Wunden lecken, betrinkt sich besinnungslos und versucht, sich mit Sex von den schlimmen Erfahrungen (aus dem ersten Band) abzulenken. Auch später wird sie nicht ungeschont davonkommen. Das einzige, was sie teilweise vorantreibt, ist der Wille, ihre Haut zu retten. Und dafür ist ihr jedes Mittel recht. Auch Sex, freiwillig oder unfreiwillig. Dabei vermeiden Dufaux und Renaud jeden Voyeurismus à la Serpieri (Druuna), sondern verstehen es, mit Andeutungen und Soundwörtern das Grauen deutlich zu machen. In punkto (nichtsexueller) Gewalt ist der Comic sehr viel expliziter.

Seite aus Jessica Blandy 2Aber Dufaux erzählt keine Actionabenteuer, sondern legt viel Wert auf Atmosphäre und Spannung. In „Blue Nights“ etwa weiß Blandy gar nicht, dass sie in einen Kriminalfall verstrickt ist. Nur der Leser weiß durch die Parallelhandlung etwas mehr. Und genau das schafft die Spannung: Man fiebert mit einer Heldin, die keine Ahnung hat, was um sie herum vorgeht.

Die gesamte Serie ist auch eine Reise durch die USA, sowohl in popkultureller als auch geographischer Hinsicht. In „Blue Nights“ spielt nicht nur der Jazz eine tragende Rolle, es gibt auch Querverweise zu Psycho von Alfred Hitchcock. Dass die Handlungsorte ständig wechseln, wurde schon im ersten Band deutlich. Hier spielt die Geschichte erst in New York und dann an der amerikanisch-mexikanischen Grenze. Damit schaffen Dufaux und Renaud eine Reise durch die Vereinigten Staaten – aber nicht um des bloßen Kolorits willen, sondern weil beispielsweise eine Handlung wie in „El Zamuro“ auch von der Umgebung, in der sie spielt, mitbestimmt wird.

Die detailreichen, realistischen, manchmal etwas glatten Zeichnungen kontrastieren total mit der düsteren Handlung. Ein schöner Schein, unter dem das Böse steckt. Jeder ist käuflich und alles ist verrottet, voller Verrat, Verdorbenheit und Gewalt. Dies ist so intensiv und schockierend geschildert, dass es den Leser nicht kalt lässt. Das gilt insbesondere für die große Storyline an der mexikanischen Grenze, die von „El Zamuro“ und „The Girl from Ipanema“ gebildet wird. Hier wird auch der Charakter von Jessica Blandy deutlicher als in „Blue Nights“ (in dem sie nur betrunken ist): Sie will nur ihre Ruhe, wird aber in Machenschaften verwickelt, die ihren Gerechtigkeitssinn wecken. Gegen Ende handelt sie nicht aus Gewinnstreben, sondern will nur noch Rache.

Die sehr realistische Härte und Charakterisierungen ergeben zusammen mit den gelungenen Zeichnungen eine der besten Krimiserien überhaupt. Man kann nur hoffen, dass Schreiber & Leser alle 24 Alben auf Deutsch herausbringen kann und diese das verdiente Publikum finden.

 

Wertung: 10 von 10 Punkten 

Einer der großen Krimiklassiker des franko-belgischen Comics, der mit krassem Realismus und Gesellschaftskritik vollkommen überzeugt.


Jessica Blandy 2 – Blue Nights/El Zamuro/The girl from Ipanema
Schreiber & Leser, April 2011
Text: Jean Dufaux
Zeichnungen: Renaud
160 Seiten, farbig, Hardcover
Preis: 24,0 Euro
ISBN: 978-3-941239-59-3
Leseprobe

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Abbildungen: ©  der dt. Ausgabe Schreiber & Leser

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