Mind the Gap

MTG Folge 11: Previews 02/2005

FREE COMIC BOOK DAY:
Wieder einmal ist es soweit. Der Free Comic Book Day steht vor der Tür. Am 7. Mai könnt Ihr alle versuchen, bei Euren Comicläden eine Prise Comics gratis zu bekommen. Das Event dient eigentlich der Vermarktung der Comics. Der Previews meint, dass es die perfekte Gelegenheit sei, Comics der ganzen Familie vorzustellen. Wie viele der bunten Heftchen aus Amerika Ihr schließlich ergaunern könnt, hängt meist von Eurem Verhältnis zum Comicladenbesitzer ab.

Wie es in Amerika so ist, hat man die kostenlosen Comics in zwei Lager eingeteilt: „Gold Sponsors“, dazu zählen vor allem die großen Verlage wie DC Comics, Marvel, Dark Horse, Image, aber auch kleine Größen wie Bongo oder Devil’s Due. Diese Comics sollte Euer Laden auf jeden Fall haben. Die kleineren Verlage schimpfen sich dagegen nur „Silver Sponsor“, doch oft gibt es hier die interessanteren Artikel. Ihr solltet vor allem nach AdHouse Books und Comics Festival Ausschau halten.

Aber tut mir bitte noch einen kleinen Gefallen und geht Eurem Comicladenbesitzer nicht allzu sehr auf den Nerv, da er einen Teil der Kosten dieses vermeintlich kostenlosen Comictags mitträgt.

STAR WARS:
Wahrscheinlich habt Ihr schon im letzten Previews gesehen, dass man sich bei Dark Horse darauf vorbereitet hat, den dritten und letzten (neuen) Star-Wars-Film zu begrüßen. In Comics ausgedrückt handelt es sich hierbei um eine ganze Reihe neuer Titel. Anfangen sollte man mit der offiziellen Comicadaption Star Wars: Episode III Revenge of the Sith #1-4 von Miles Lane. Während man sich mit Doug Wheatly einen bereits erfahrenen Star-Wars-Zeichner besorgt hat (“Star Wars Empire Vol.2“), überrascht der Coverzeichner Dave Dorman, dem ein kleines Meisterwerk gelungen ist, indem er die Magie der Originalplakate der 70er wiederauferstehen lässt

Hinzukommen weitere „kleine“ Star-Wars-Titel, die bereits eine längere Laufzeit haben. Was noch herausfällt aus dem Standardkonzept, ist eine Variante im Animations-Look namens Star Wars: General Grievous #1-4. Die Geschichte des Vierteilers lässt sich schnell zusammenfassen: Flynn Kybo macht sich auf die Suche nach einem Sith mit Namen General Grevious. Wer schon in den Neunzigern die Zeichnungen von Rick Leonardi – zu sehen in den Abenteuern der X-Men – mochte, wird sich über das, was er hier sieht, freuen. Fast hätte ich Chuck Dixon vergessen…

Um das ganze Sortiment abzuschließen, sollte man sich noch das ultimative Star Wars Stickerbuch zulegen, damit an Eurem Kühlschrank, in Eurem Zimmer und überall sonst die dunkle Seite der Macht herrscht.

THE FOUNTAIN HC:
In der Regel ist es nichts neues mehr, wenn sich ein Drehbuchschreiber, oder sogar ein Regisseur sich dazu entscheidet, für ein oder zwei Projekte die Lager zu wechseln, doch im Fall von Darren Aronofsky sollte man eine Ausnahme machen und sich einmal genau ansehen, was der Mann, der verantwortlich für „Pi“ und „Requiem for a Dream“ ist, zu sagen hat. Aronofsky hat sich bewusst dazu entschieden, sein neues Projekt zuerst bei Vertigo als Comic zu veröffentlichen, obwohl er den dazugehörigen Film, mit Hugh Jackman, schon dreht.

Aronofsky beschreibt drei verschiedene Zeitepochen: Die erst Geschichte spielt 1535, während eines Maya-Kriegs in Südamerika. Die zweite findet in unserer Zeit statt, in der sich ein Doktor auf die Suche nach einem Heilmittel für Krebs macht. Die letzte Geschichte erzählt von einer Reise durch die Galaxis und die Zukunft. Die drei Geschichten werden zusammengehalten durch ihren Protagonisten Thomas, der versucht das Leben seiner Geliebten zu verlängern.

Die gemalten Bilder von Kent Williams (“Blood: A Tale; Destiny: A Chronicle of Deaths Foretold“)verlangen dem Betrachter eine Menge ab. Obwohl das Bild auf den ersten Blick verstanden scheint, sollte man die Bilder nicht wie in einem Manga lesen, sondern sich Zeit lassen, wenn man über die Panels schweift. Man merkt dann schnell die Verbundenheit zwischen Film und Comic in den Bildern. Dort wird mit Zoom und Schuss-Gegenschuss gearbeitet. Der Effekt der Bilder ist aber auch beim schnellen Lesen unverkennbar.

THE FLY CHRONICLES TP:
„Life at the Bottom of the Food Chain“. So lautet der Untertitel der gesammelten Strips von Michal Blaney, der sich viel Mühe gibt, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen, eben aus der Fliegenperspektive. Mit seinem Sammelband, der bei Active Images erscheint, lässt Blanely die Tradition eines Gary Larson wiederaufleben. Obwohl die Bilder und der Humor einen beim ersten Blick schon zum Lachen bringen, kann ich mir nicht vorstellen, ob der Band in der Lage ist, dieses Niveau aufrecht zu erhalten: „Nathaniel, in this house, we vomit not our food and suck it back up without smacking our lips, please.“

NIL – A WORLD BEYOND BELIEF:
Ein Comic mit dem Titel NIL (Slave Labor Graphics) und einem Protagonisten, der sich Nul schimpft. Hinzu kommt ein philosophisches Mischmasch aus nihilistischem Chic? Das hört sich alles etwas zu obskur an. Auf der anderen Seite ist eben dieser Nul auf der Suche nach dem Sinn. Und was kann es besseres geben als nach dem Sinn zu suchen? Durch eine falsche Mordanklage aus dem System geworfen macht sich unser Held in Schwarz-weiß auf den Weg. James Turner steckt hinter dieser Idee und wenn sein Comic das halten kann, was das Cover verspricht, können wir uns auf einen Comic a la Chris Ware freuen, bei dem man aber vielleicht auch mal lachen darf.

RED SONJA #0:
Dieser Comic bringt hoffentlich wieder alle Feministen mit an den Tisch. Wir können uns hier zum ersten mal wieder streiten, ob die Autoren Mike Carey und Michael Avon Oeming nur das Bild der hübschen Frau benutzen oder ob es sich tatsächlich um die Reinkarnation von Barbarella handelt. In dem beigefügten Interview kann man sich auch nicht genau sicher sein, was die beiden Herren da wirklich mit Robert E. Howards Vorlage vorhaben.

Um den künstlerischen Teil bemüht sich Mel Rubi, dessen Arbeiten schon Titel wie die „Uncanny X-Men“ beinhalteten. Die erste Vorschau zeigt, dass er versucht den Charakter der Red Sonja mit seinen Zeichnungen abzurunden. Für die Cover dachte man sich bei Dynamite Entertainment, man könne einfach alle guten Leute wie Alex Ross, Art Adams, John Cassady, Joseph Michael Linsner, Michael Turner, Greg Land und Adam Hughes unter Vertrag nehmen. Und das hat man dann auch getan. Der Rest ist Fantasy-Geschichte.

ACTION PHILOSOPHERS #1:
Genau so sollten Comics aussehen: Simpler Titel, einfach zu verstehende Handlung und Philosophen, die sich die Köpfe einschlagen. Dafür haben sich die beiden Künstler hinter dem Werk, Fred Van Lente und Ryan Dunlavey, und ihr Verlag Evil Twin Comics den Xeric Award redlich verdient. Lasst uns noch einmal die Handlung zusammenfassen: Die beiden Künstler haben sich an die Arbeit gemacht, die Ideen von Philosophen wie Plato, dem Wrestling-Superstar aus dem alten Griechenland, Nietzsche, dem Übermenschen, und Bodhidharma, dem Großmeister des Kung-Fu, in eine verständliche Weise zu transportieren. Diese erlesene Truppe von Philosophen schlägt dann auch schon mal zu oder starrt Löcher in einen Berg.

SEEING THINGS HC:
Jim Woodring auf 104 Seiten. Nach dem großen Kritiker-Erfolg seines „Frank Book“ veröffentlicht Fantagraphics nun sein neues Hardcover. Für diejenigen, die mit Woodrings Arbeiten nicht vertraut sind, sei gesagt, dass er einer den Künstler ist, die oft ein bisschen zu genau hinschauen. Aus diesen Betrachtungen werden in Woodrings Kopf surreale Bilder, die aber in Exaktheit und Klarheit der Linie fast schon mit Hergé vergleichbar sind.

Das Buch setzt sich aus verschiedenen thematischen Segmenten zusammen: In „Lazy Robinson“ zeigt Woodring sein Talent für Porträts, die im Laufe ihrer Betrachtung zu etwas anderem werden. Im zweiten spielen „Frogs“ die Hauptrolle, während man sich unter der Beschreibung von „The Visible World“ nicht sonderlich viel vorstellen kann. Es ist vor allem „The Portfolio of Color“, das die Leser vor Freude jubilieren lässt und diese selbst strahlend und pfeifend in die Welt ziehen.

GUILTY GN:
Der zweite Gewinner des Xeric Awards bekommt auch seinen Platz in dieser Auswahl, aber nicht wegen des Preises, sondern wegen seiner Idee. Karl Stevens erzählt uns in schwarz-weiß von Ingrid, einer selbstbewussten Frau, die auf dem Weg nach hause ihren Exfreund trifft. Was ist zu tun? Sie entscheidet sich für den freundlichen Austausch von Gedanken und wird dadurch wieder in etwas gezogen, mit dem sie eigentlich abgeschlossen hatte.

Wie an der Vorschau bereits zu sehen ist, besitzt Stevens eine große Liebe fürs Details und gibt der Geschichte über sexuelle Frustration, Drogen, Alkohol und Orgien aus Lügen durch seine feinen Schattierungen ein realistisches Setting.

MOSQUITO GN:
Wer sagt eigentlich, dass die Comics von Klein- oder Eigenverlagen immer schwarz-weiß sein müssen? Mit seinem Comic Mosquito (Top Shelf) beweist uns Autor Don James (“The Octopi & the Ocean“), dass es auch in rot geht. Er erzählt diese südamerikanische Sage über einen Vampir ohne Worte, dafür sehr wirksam ausschließlich in roter Tinte. Ein Mann bekommt eines Morgens einen Brief mit Polaroidbildern von Vampiropfern und einer kleinen Karte zu einem Dorf. Natürlich macht sich der Mann auf, verlässt Frau und Kinder und geht dem Unheil entgegen.

MERCHANDISE:
In diesem Previews haben wir das Glück, dass er eine Fülle von nutzlosem und idiotischem Spielzeug enthält, für das wir alle eh schon zu alt sind. Den Anfang macht LOG ganz klassisch im Retro-Look. Dieser perverse Holzklotz aus dem Hirn von John Kricfalusi, dem Schöpfer von „Ren & Stimpy“, ist groß und aus Holz. Was will man mehr?

Danach kommt aber sofort das Merchandise zum neuen „Per Anhalter durch die Galaxis“-Film. Mal von den dämlichen Actionfiguren abgesehen, sollte man sich das unnütze Büromaterial und die Kill-O-Zap schon leisten.

Was nie fehlen darf, wenn man es mit dämlichem Spielzeug auf die Spitze treiben möchte, ist die Heilige Handgranate aus „Die Ritter der Kokosnuss“. „Die Fünf scheidet völlig aus!“

Des Weiteren hätten wir noch den Originalpflock von Buffy und den Drink für den weißen Abschaum der Gesellschaft, das White Trash Water. Womit wir auch wieder bei „Star Wars“ sind. Der Kreis schließt sich nämlich wieder mit dem Darth Tater Mr. Potato Head.

Frage des Monats: Was macht eigentlich die Frau, auf Seite 486, da mit dem Oktopus?

ABKÜRZUNGEN:

GN: Graphic Novel
TPB/TP: Tradepaperback
SC: Softcover
HC: Hardcover
Vol.: Ausgabe
(…): Vorherige Titel des Künstlers