Mind the Gap

Mind the Gap 26: Previews 08/2006

Neue US-Comics müssen von Händlern jeweils etwa zwei Monate vor Erscheinen vorbestellt werden, was über den Katalog Previews geschieht, in dem die meisten US-Verlage ihre Produkte anbieten. Das Ziel von „Mind the Gap“ ist, euch bei dem Wust an monatlichen Veröffentlichungen einen groben Überblick zu verschaffen und die interessantesten Neuerscheinungen aus Previews hervorzuheben.

Wenn der eine oder andere Tipp euer Interesse weckt, könnt ihr den entsprechenden Comic vorbestellen, indem ihr die Bestellnummer an den Comic-Händler eures Vertrauens weitergebt.

 
 
 
previews Neue US-Comics im Oktober 2006

Düsteres von Kurt Busiek und Brent E. Anderson, Autoritäres von Grant Morrison und Gene Ha, Kritisches von Brian Azzarello und Carlos D'Anda, Genetisches von Gail Simone und Talent Caldwell, Kriminelles von Ed Brubaker und Sean Phillips, Verdammtes von Cullen Bunn und Brian Hurtt, Waghalsiges von Brubaker und Michael Lark, Mystisches von Brian K. Vaughan und Marcos Martin, Paradisisches von B. Clay Moore und Steven Griffin, Winziges von Robert Kirkman und Phil Hester, Undefinierbares von John Woo, Garth Ennis und Jeevan Kang, Piratenmäßiges von Rick Spears und Vasilis Lolos und Prägnantes von Chris Ryall und Ashley Wood.
 
 
 
ASTRO CITY: THE DARK AGE, BOOK 2 #1 (von 4)
DC Comics/WildStorm | 22 Seiten | farbig | $ 2.99 | AUG06 0264
 
astro_city Nicht im Mittelalter spielt Astro City: The Dark Age, wie der Titel vermuten lassen könnte, sondern in den Siebzigern des 20sten Jahrhunderts. Warum das für viele US-Amerikaner auf das Gleiche hinausläuft, dürfte kein großes Geheimnis sein. Innerhalb eines Jahrzehnts musste man unter anderem die Niederlage in Vietnam eingestehen, entwickelten sich Drogen zu einem ernsten Problem, sah man sich wiederholten Ölkrisen und einer Rezession ausgesetzt. Von der Entlarvung Richard Nixons als Bilderbucherzschurke mal ganz abgesehen.
 
Der zweite Akt der Reihe knüpft da an, wo der erste vor einem Jahr endete: Die Brüder Charles und Royal Williams – der eine ein rechtschaffener Streifenpolizist, der andere ein kleiner Ganove – sehen sich auf den Straßen von Astro City den Wirren ihrer Zeit ausgeliefert. Bewährte Ideale sind auf einmal keinen Pfifferling mehr wert, einstmals große Helden werden unbarmherzig von ihren Sockeln gestoßen, und die Bevölkerung wendet sich in ihrer Orientierungslosigkeit zunehmend illegalen Substanzen, religiösen Scharlatanen und anderen falschen Heilsbringern zu.
 
Der Clou an der Sache ist natürlich, dass Autor Kurt Busiek und Zeichner Brent E. Anderson (die Titelbilder stammen wie immer von Alex Ross) sich für die Kulisse von The Dark Age nicht nur der realen Welt bedienen. Das fiktive Astro City ist schließlich die Stadt der Superhelden, in der sich Busieks Analoge zu Figuren wie Superman, Spider-Man, Wonder Woman oder den Fantastic Four tummeln. Die Epochenvorgabe erlaubt es dem Autor also, nicht nur direkt mit den Ereignissen und der allgemeinen Stimmung der Siebziger zu spielen, sondern auch mit deren Auswirkungen auf die damalige Comiclandschaft der Vereinigten Staaten.
 
Damals gaben brutale Rächer wie Ghost Rider oder Punisher ihr Debüt, während strahlende Ikonen wie Captain America oder Iron Man in langen Geschichtenzyklen von ihren Autoren buchstäblich und symbolisch demontiert, zu desillusionierten Defätisten und Alkoholikern gemacht wurden. All dies spiegelt sich auch in The Dark Age wider, wird aus der für Astro City charakteristischen Perspektive des „kleinen Mannes“ beleuchtet und zu einem atmosphärischen, thematisch stimmigen und sorgfältig verzahnten Gesamtkunstwerk verdichtet.
 
Astro City: The Dark Age ist – mit Abstand – Busieks bisher düsterste Arbeit innerhalb des Genres. Der Meister klassischer, geradliniger Superheldengeschichten zeigt hier, dass er auch mal anders kann, wenn ihm der Sinn danach steht.
 
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THE AUTHORITY #1/DEATHBLOW #1/GEN13 #1
DC Comics/WildStorm | je 22 Seiten | farbig | je $ 2.99 | AUG06 0252/AUG06 0255/AUG06 0258
 
authorityIm September werden Wildcats und Wetworks mit neuen Debütausgaben ins Rennen geschickt, im Oktober steht dem WildStorm-Universum gleich die nächste Welle von Neustarts ins Haus. Bei Autor Grant Morrison kann man sich eigentlich in 90 Prozent der Fälle darauf verlassen, dass er in der Lage ist, auch das übelste, obskurste Konzept nochmal ordentlich in Schwung zu bringen. Mit The Authority, welches, gezeichnet von Gene Ha, ab Oktober zweimonatlich erscheint, wagt sich der Glaswegianer allerdings an eine besonders harte Nuss.
 
Als Warren Ellis und Bryan Hitch 1999 mit The Authority auf den Plan traten, war die Zeit reif für eine Serie, die die Vorstellung von kostümierten Übermenschen und die damit verbundenen Machtphantasien in all ihrer Wahnwitzigkeit auf die Spitze trieb und mittels einer rasanten, opulenten Erzähltechnik (Stichwort: „Widescreen“) den ersten großen Hollywood-Superheldenfilm produzierte – nur eben auf Papier, versteht sich, und ohne lästiges Beiwerk wie vielschichtige Charaktere oder eine Handlung. Plötzlich machte sich die Erkenntnis breit, dass Superhelden auch cool sein konnten, ganz genau wie Neo, Vincent & Jules oder Vladimir Putin.
 
Obwohl Ellis und Hitch damit diverse Trends lostraten, von denen einige bis heute nicht abgeklungen sind, hielt die Begeisterung für The Authority selbst nicht lange vor. Zwar konnten die direkten Nachfolger der beiden Schöpfer, Mark Millar und Frank Quitely, die Popularität der Serie zunächst noch steigern, doch plötzlich begannen sich Terminprobleme und „kreative Differenzen“ zu häufen, und DCs mutwillig miserable Handhabung der Situation würgte schließlich jegliche Dynamik ab.
 
Als die Ereignisse des 11. Septembers 2001 dann Brian Azzarello, den designierten Nachfolger Millars, veranlaßten, aufgrund moralischer Bedenken von einem geplanten Neustart der Reihe abzuspringen, schien das Ende der Fahnenstange erreicht zu sein. Seitdem gab es nochmal zwei halbherzige Versuche, The Authority zurückzubringen, doch beide fielen wegen akuter Zahn- und Belanglosigkeit nicht nur bei den Kritikern, sondern auch bei den Käufern sang- und klanglos durch – und das, obwohl man beim zweiten Anlauf Kritiker-Liebling Ed Brubaker gewinnen konnte.
 
Man darf also skeptisch sein, ob sich Morrison diesmal nicht verhebt. Zu besten Zeiten bestand der Reiz von The Authority in der kontroversen und übermütigen Natur der Serie, die mit frecher Schnauze ständig die Grenzen dessen auslotete, was die Superheldenleser um die Jahrtausendwende in Sachen Sex, Gewalt und guter Geschmack gewöhnt waren, und dabei attraktiver, größer und schnittiger rüberkam als alles andere auf dem Markt. Ob das heute nochmal möglich ist, gerade mit einer Reihe, von der man gar nichts anderes erwartet, steht in den Sternen, auch wenn ein Team wie das von Morrison und Ha kaum imstande sein sollte, einen schlechten Comic abzuliefern.
 
deathblow Neben The Authority bekommen im Oktober auch Deathblow und Gen13 eine neue Chance zu glänzen. Deathblow von Brian Azzarello und Carlos D'Anda dreht sich um den Elite-Soldaten Michael Cray, der nach verspäteter Rettung von einer missglückten Mission im Nahen Osten herausfinden muss, „wo seine Loyalität liegt“. Laut Infotext des Verlags scheint das Ganze wohl auf deftige Action, gewürzt mit viel Verschwörungsmäßigem und einer Prise Kritik an der US-Außenpolitik, hinauszulaufen.
 
gen13Gen13, geschrieben von Gail Simone und gezeichnet von Talent Caldwell, befaßt sich mit fünf Teenagern, die mit mysteriösen übermenschlichen Kräften ausgestattet sind und dadurch das Interesse dubioser Behörden wecken. Die Reihe fristete in den frühen Neunzigern ihr – zunächst kommerziell äußerst erfolgreiches – Dasein als X-Men-Abklatsch mit einer Portion extra-feuchter, männlich-pubertärer Wunschträume, aber diese Gefahr dürfte mit Simone am Ruder kaum bestehen.
 
Insgesamt muss man WildStorm soweit bescheinigen, dass der erneute Wiederbelebungsversuch reichlich abgelutschter Konzepte wie Wetworks, The Authority oder Gen13 nicht gerade zu Begeisterungsstürmen hinreißt – von diesen Serien hat man in der Vergangenheit eher zuviel als zu wenig gesehen. Sowas wie Sleeper, The Intimates oder Automatic Kafka ist leider nicht im Angebot, was natürlich absolut verständlich ist, wenn man sich deren Verkaufszahlen anschaut. Ein kleines bisschen mehr Mut zum Ausgefallenen hätte man sich aber trotzdem gewünscht.
 
Na ja, zumindest die Auswahl der Autoren ist ein Hoffnungsschimmer.
 
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CRIMINAL #1
Marvel Comics/Icon | 32 Seiten | farbig | $ 2.99 | AUG06 2090
 
criminal Wenn Autor Ed Brubaker und Zeichner Sean Phillips zusammen Comics machen, das wissen wir seit Sleeper, dann kann's passieren, dass dabei ein Referenzwerk rauskommt. Dummerweise, auch das wissen wir seit Sleeper, hält das die Mehrheit des nordamerikanischen Mainstream-Comics-Publikums unter Umständen nicht davon ab, besagte Werke nicht zu kaufen. Für ihre neue Zusammenarbeit, die fortlaufende Reihe Criminal, sind die Aussichten aber etwas rosiger. Denn zum einen garantiert die Marke Marvel von sich aus schon einen höheren Grad an Aufmerksamkeit, und zum anderen haben die beiden kreativen Köpfe der Serie in den vergangenen Monaten einiges an kommerziellem Boden gutgemacht: Brubaker schreibt sehr erfolgreich Captain America, Daredevil und Uncanny X-Men, während Phillips Robert Kirkmans Überraschungs-Hit Marvel Zombies illustrierte. Als Belohnung für ihre glänzenden Verkaufszahlen dürfen die beiden jetzt auf dem Icon-Label ihr eigenes Ding machen.
 
Aber der Reihe nach: Bei Sleeper, wir erinnern uns, handelt es sich um die beklemmende Geschichte von Doppelagent Holden Carver, der zwischen einer geheimen Regierungsbehörde und einer noch geheimeren Verbrecherorganisation zum Spielball wird und dabei oft selbst nicht mehr weiß, warum und für wen er eigentlich tut, was er tut. Da die Reihe im WildStorm-Universum spielt, ist sie ein Genre-Bastard aus Superhelden und Film-Noir-beeinflussten Krimi. Diese Mischung funktioniert hier zwar meistens ganz gut, aber letztlich kann man nicht behaupten, dass Sleeper thematisch irgendwie von seiner Zugehörigkeit zu einem Superheldenuniversum profitiert. Man hat eher den Eindruck, dass dies schlicht ein Zugeständnis an die Erbsenzähler war.
 
In Criminal tritt dieses Problem nicht mehr auf. Die Reihe steht komplett auf eigenen Füßen und hat weder mit Superhelden noch mit sonstigen fantastischen Elementen irgendwas am Hut. Wie der Titel erahnen läßt, handelt es sich um einen Gaunercomic ohne viel Schnickschnack: Leo, ein alter Hase wenn's um perfekt geplante Fischzüge geht, bekommt von einem alten Freund und einem korrupten Polizisten ein Angebot unterbreitet, das er nicht ausschlagen kann – obwohl er natürlich ahnt, dass dabei einiges schief gehen wird. Wenn einem das Szenario bekannt vorkommt, dann liegt das sicher daran, dass man es aus Dutzenden von Filmen kennt.
 
Aber keine Panik: Addiert man Brubakers und Phillips' markante Erzählkunst dazu, dann wird trotzdem ein Schuh draus, und man darf sich auf eine komplexe, clever und atmosphärisch in Szene gesetzte Charakterstudie mit hohem Unterhaltungswert freuen. Auch was das Format anbelangt, kommt bei Criminal jeder auf seine Kosten. Für die üblichen $ 2.99 pro Ausgabe soll es nicht nur den regulären Comic geben, sondern auch jede Menge Bonusmaterial wie etwa zusätzliche kurze Comics oder Artikel über die Geschichte des Pulp-Krimi-Genres. Ein Verzicht auf Werbung im Heft macht's möglich.
 
Dass sowas ausgerechnet bei Marvel erscheint, und dann auch noch die Rechte zu 100% bei den Schöpfern bleiben, entbehrt nicht einer gewissen Komik.
 
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THE DAMNED #1
Oni Press | 22 Seiten | schwarzweiß | $ 3.50 | AUG06 3487
 
damnedImmer wieder beliebt unter popkulturell tätigen Menschen: Ein Porträt der Mafia zu Zeiten der Prohibition. Autor Cullen Bunn und Zeichner Brian Hurtt versuchen sich ab Oktober an einer Horror-Verwurstung des Stoffs: Nicht die allseits bekannten Italiener halten in The Damned die Fäden in der Hand, sondern drei Familien von Dämonen – „die Aligheris, die Roarkes und die Verlochin.“ Dass die Namen der Deibeln leicht italienisch, irisch und russisch klingen, mag Zufall sein, oder auch nicht. Jedenfalls nutzen die gehörnten Gauner „Habgier, Völlerei, Wollust und andere Todsünden,“ um sich sterblicher Seelen zu bemächtigen.
 
Ob The Damned eine fortlaufende Reihe oder eine fünfteilige Miniserie sein wird, steht laut Bunn noch nicht fest, sondern soll letztlich von den Verkaufszahlen abhängig gemacht werden. Ob es unbedingt so clever ist, dem potentiellen Käufer nicht mitzuteilen, worauf genau er sich einlässt, weiß ich nicht – im Zweifelsfall kann man ja immer noch mehrere Miniserien hintereinander bringen, und wenn dann irgendwann nichts mehr kommt, sieht das immer noch besser aus als eine abgebrochene „fortlaufende“ Serie. Aber die Oni-Leute werden schon wissen, was sie da tun.
 
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DAREDEVIL: THE DEVIL, INSIDE AND OUT, Vol. 1 (Paperback)
Marvel Comics | 144 Seiten | farbig | $ 14.99 | AUG06 2115
 
daredevilNochmal kurz zurück zu Ed Brubaker: The Devil, Inside and Out, Vol. 1 ist der erste Sammelband von Brubakers Arbeit an Daredevil, illustriert von Michael Lark und Stefano Gaudiano. Noch deutlicher als bei ihren Vorgängern Bendis und Maleev steht das bahnbrechende „Born Again“ von Frank Miller und David Mazzucchelli Pate für die derzeitige Interpretation der Serie.
 
Im Gegensatz zu Bendis hat sich hier der Schwerpunkt allerdings weg von schier endlosem, schaumigem Geplapper und zurück zu einem straff geschnürten Bündel verschiedenster Handlungsstränge und überraschender Wendungen verlagert. Nichts gegen Bendis' Dialoge, aber man hat das Gefühl, dass in Brubakers erstem Sechsteiler bereits mehr passiert als während der letzten dreißig Ausgaben davor. Und irgendwie ist das doch die spannendere Variante, wenn man's sich aussuchen kann.
 
Einziger Wermutstropfen: Dass man vorhat, dieses Material unter einem Titelbild des unsäglichen David Finch zu begraben, stellt einen Akt seelischer Grausamkeit dar.
 
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DOCTOR STRANGE: THE OATH #1 (von 5)
Marvel Comics | 22 Seiten | farbig | $ 2.99 | AUG06 2042
 
doctor_strangeDoctor Strange, seines Zeichens Meister der Mystischen Künste und Chef-Zauberer vom Dienst, soll in der neuen Miniserie von Autor Brian K. Vaughan und Zeichner Marcos Martin nach Jahren sporadischer Gastauftritte wieder einen festen Platz in der Marvel'schen Superheldenriege erhalten und zudem darauf vorbereitet werden, „einem überraschenden neuen Team“ beizutreten.
 
Nachdem jemand einen Mordanschlag auf ihn verübt hat, beginnt Strange, seine eigene „paranormale Untersuchung“ durchzuführen. Leider ist sein treuer Vertrauter Wong außer Gefecht, und so muss sich der gute Doktor einen neuen Gefährten suchen. Wer das genau sein wird, verrät der Infotext nicht, aber den Vorschau-Seiten nach darf man wohl Araña erwarten – eine jüngere, lateinamerikanischere, weiblichere Version von Spider-Man, ausgerüstet mit „mystischen“ Fähigkeiten, die thematisch natürlich ganz hervorragend zu Doctor Strange passen. (Arañas eigene Serie scheiterte trotz mehrerer Anläufe ganz furchtbar, was aber wohl nicht zuletzt an der unterirdischen Qualität der Comics lag. Vielleicht wird's ja doch noch was mit der Leserbegeisterung, wenn Onkel Brian mal eine Runde Gassi geht mit der Figur.)
 
Über Monsieur Vaughan braucht man nicht mehr viele Worte zu verlieren; wer Y: The Last Man oder Ex Machina nicht kennt, bei dem ist eh Hopfen und Malz verloren. Marcos Martin ist ein Künstler der alten Schule, dessen hervorragende Arbeit bisher u.a. im Captain America 65th Anniversary Special (mit Ed Brubaker) oder in I Heart Marvel: My Mutant Heart (mit Peter Milligan) zu sehen war. Sein Stil ist am ehesten mit dem von Darwyn Cooke oder Cameron Stewart zu vergleichen.
 
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HAWAIIAN DICK, Vol. 2: THE LAST RESORT (Paperback)
Image Comics | 144 Seiten | farbig | $ 14.99 | AUG06 1743
 
hawaiian_dickByrd ist ein ehemaliger Polizist, der sich auf Hawaii als Privatdetektiv niedergelassen hat, um einem bislang noch verhüllt gebliebenen Ereignis aus seiner Vergangenheit zu entfliehen. In Hawaiian Dick findet sich ein zuweilen ausgelassener, zuweilen düsterer Krimi mit exotischem Flair, geschrieben von B. Clay Moore und gezeichnet (und koloriert) von Steven Griffin und Nick Derington. Die Reihe spielt in den 1950ern und zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie die einzigartige Atmosphäre dieses besonderen Ortes zu dieser besonderen Zeit rüberbringt – oder zumindest die romantisch verklärte Version davon, die sich im kollektiven kulturellen Gedächtnis eingefräst hat.
 
Leider waren Griffins Zeichnungen im ersten Band, Byrd of Paradise, teils noch etwas unbeholfen, aber seine sensationell stimmungsvolle Farbgebung hat dieses Manko allemal wieder wettgemacht. Und wenn man sich die Seiten von The Last Resort anschaut, die im Netz stehen, scheint sich Griffin als Zeichner in den letzten Jahren erheblich verbessert zu haben. Die Veröffentlichung der vier Einzelhefte von Hawaiian Dick: The Last Resort hat sich ursprünglich über zwei Jahre hingezogen. Aber jetzt, wo die ganze Geschichte als kompaktes Büchlein erscheint, juckt das natürlich keinen mehr.
 
Die Seitenanzahl läßt vermuten, dass The Last Resort, ebenso wie vorher Byrd of Paradise, wieder mit tonnenweise Extra-Material aufwartet – darunter auch Ausgefallenes, wie etwa Cocktail-Rezepte oder Musik-Tipps, um sich auf die Zeitperiode und die einzigartige Kulisse einzustimmen.
 
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THE IRREDEEMABLE ANT-MAN #1
Marvel Comics | 22 Seiten | farbig | $ 2.99 | AUG06 2027
 
irredeemable_ant-manAutor Robert Kirkman kann vor allem Geschichten mit Zombies oder quirligen, traditionsbewussten Superhelden schreiben, was er (fast) jeden Monat mit neuen Ausgaben von The Walking Dead und Invincible unter Beweis stellt. Was Kirkmans Arbeiten für Marvel anbelangt, haben bisher nur die Zombies so richtig funktioniert (siehe Marvel Zombies). Mit den Superhelden tat er sich trotz etlicher Anläufe (siehe „Sleepwalker,“ Jubilee, Marvel Knights 2099, Captain America oder Marvel Team-Up) ungleich schwerer – lediglich sein Wirken an der eh schon erfolgreiche Reihe Ultimate X-Men scheint richtig anzukommen bei den Lesern.
 
Mit dem Erscheinen von The Irredeemable Ant-Man ab Oktober will Kirkman es noch einmal wissen. Held der Serie ist ein zweitklassiger S.H.I.E.L.D.-Agent, dem der kybernetische Helm des originalen Ameisenmanns in die Hände fällt und der diesen fortan dazu nutzen will, seinem eigenen enttäuschenden Leben auf die Sprünge zu helfen. Kirkman hat angekündigt, dass die Reihe dem neuen alten Trend folgen soll, mit jeder Ausgabe eine komplette Geschichte abzuliefern.
 
Gezeichnet wird der Unverbesserliche Ameisenmann von Phil Hester, der sein Geld in der Vergangenheit u.a. als Illustrator von Kevin Smiths Green Arrow verdiente.
 
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JOHN WOO'S SEVEN BROTHERS #1
Virgin Comics | 22 Seiten | farbig | $ 2.99 | AUG06 3641
 
seven_brothers“Vor sechshundert Jahren brach eine mächtige Schatzflotte auf, die Ozeane der Welt zu besegeln. Sie erreichte jeden Kontinent und sie fand jedes Land lange bevor die großen Entdecker der Geschichte den Ruhm für ihre Taten stahlen. Nun, im modernen Los Angeles, finden sich sieben Männer, die nichts gemein haben außer ihrer Bestimmung, vereint im Dienste einer mysteriösen jungen Frau. Eine uralte Bestimmung muss erfüllt werden. Etwas Furchtbares streckt seine Fühler über die Jahrhunderte hinweg aus. Die Welt muss gerettet werden … und unsere einzige Hoffnung liegt in einer Macht, die zu furchteinflößend ist, um sich ihrer zu bedienen.“
 
Meine Güte, was für eine Moppelkotze. So, oder so ähnlich, lieber Leser, sieht der hirnverbrannte Bullshit aus, mit dem viele, viele, viele Verlage und Autoren Monat für Monat im Previews-Katalog allen Ernstes ihre Ware an den Mann bringen wollen – ein Wälzer, so dick wie ein Telefonbuch, und voll bis oben hin mit nichtssagendem Mist, der nur dasteht, weil einem scheinbar grad nix besseres eingefallen ist. Dass die amerikanischen Händler und Leser angesichts einer solchen Katastrophe nur noch das bestellen, was sie schon kennen, ist kein Wunder. Wer immer sich so eine gequirlte Kacke ausdenkt, die Idee, dass der Werbetext und das dazugehörige Bildchen in Previews für 75% aller Veröffentlichungen vielleicht die erste und die letzte Chance darstellen, einen Händler oder potenziellen Käufer rumzukriegen, scheint ihm oder ihr noch nicht aufgegangen zu sein. Hört sich doof an, ist aber leider so.
 
Klar, wenn man sich einen fetten, vor Spezialeffekten berstenden Trailer dazu denkt und sich den Tinnef mit einer imaginären, charismatisch-bedeutungsschwangeren Stimme im Kopf schönfantasiert, dann mögen bei dem ein oder anderen Textverbrecher sowas wie Gänsehaut und das wonnige Gefühl aufkommen, hier in Sachen Vermarktung einen guten Job gemacht zu haben – wenn denn überhaupt soweit gedacht wird. Aber man merke: Bloß, weil John Woo dransteht, ist Seven Brothers noch lange kein Hollywood-Film. Und bloß, weil man mir irgendeinen vagen, großspurigen Nonsens von mysteriösen jungen Frauen (nicht mal Jungfrauen! Das wär noch was gewesen!) und uralten Fürchterlichkeiten auftischt, hab' ich noch lange keine Lust, den ollen Comic zu lesen, geschweige denn, auch noch Geld dafür auszugeben. Worum zum Henker geht's in John Woo's Seven Brothers? Der Blitz möge auf der Stelle in mich fahren, wenn ich es dieser Beschreibung entlocken kann.
 
Aber egal, in Zeiten großer Not hilft uns die Sachlichkeit: Gezeichnet wird der Comic von dem Inder Jeevan Kang, der mir unbekannt ist. Geschrieben wird er von dem Iren Garth Ennis, weshalb das Werk an dieser Stelle Erwähnung findet. Was der Chinese John Woo genau mit der Sache zu tun hat, das ließe sich vielleicht sogar noch anderswo nachschlagen, aber dazu hat der wüst gefrustete Präzensent jetzt auch keine Lust mehr.
 
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Newsarama: Sieben Fragen an Garth Ennis

Wizard Universe.com: Interview mit Garth Ennis

 
 
 
 
THE PIRATES OF CONEY ISLAND #1 (von 8)
Image Comics | 22 Seiten | farbig | $ 2.99 | AUG06 1733
 
pirates Auf dem Cover von The Pirates of Coney Island #1 prangert eine klare Ansage: „1st Rad Issue!“ Das heißt, mit schwammiger Zunge übersetzt, soviel wie „Erste dufte Ausgabe!“ und es verdeutlicht zunächst vor allem die existenziell bedrückende Limitiertheit des 50er-Jahre-Mode-Adjektivs „dufte“ in der deutschen Sprache. Deklination: Impossible. Man möchte sterben.
 
Aber wir traben jenseits der Spur, zurück zum Text. Coney Island ist eine Halbinsel in Brooklyn, New York City, die früher mal für ihre Vergnügungsparks berühmt war. Die Piraten von Coney Island, laut Autor Rick Spears, sind „eine Gang von Punk-Rock-Ausreißern, die Autos klauen und auf Coney Island amoklaufen – piratenmäßig.“ Gezeichnet wird die töfte Nummer von dem knorken Griechen Vasilis Lolos, der wohl hauptsächlich in seiner Heimat bekannt ist, dort aber dafür umso mehr. Sieht lustig aus.
 
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ZOMBIES VS. ROBOTS #1 (von 2)
IDW Publishing | 22 Seiten | farbig | $ 3.99 | AUG06 3380
 
zombiesGut, nachdem ich weiter oben eine doofe Motzkuh war und wegen der Dingsda-Beschreibung von der Firma Wörtschin bös rumgenervt habe, ist es nun an der Zeit, auch mal ein Lob auszusprechen.
 
Achtung.
 
Zombies vs. Robots.
 
Langsam auf der Zunge zergehen lassen.
 
Sich der Bedeutung bewusst werden. 
 
Wir haben ja Zeit.
 
Zombies vs. Robots.
 
Hey.
 
Da kann man sich was drunter vorstellen, oder?
 
Der Infotext stammelt zwar noch verlegen was von Post-Apokalypse.
 
Von zum Verzehr nicht geeigneten Automaten.
 
Von Gammelfleisch gegen Metall.
 
Aber das ist schon gar nicht mehr nötig.
 
Denn wir wissen ja schon alles.
 
Zombies vs. Robots.
 
Keine Missverständnisse.
 
Zombies vs. Robots.
 
In zwei Teilen.
 
Zombies vs. Robots.
 
Von Chris Ryall, dem Autor von The Great and Secret Show.
 
Und Ashley Wood, dem Zeichner von Automatic Kafka und Popbot.
 
Links:
 
 
 
Der Heftchen-Ticker für Oktober
 
godland+++ACTION COMICS #844: Geoff Johns, Richard Donner und Adam Kubert sollen dem Mann aus Stahl den Rost vom Teint kratzen (DC Comics, $ 2.99)+++AMAZING SPIDER-GIRL #1: Die wiederholt eingestellte und wieder un-eingestellte Reihe um Spider-Mans Tochter von Tom DeFalco und Ron Frenz kriegt 'ne neue Chance (Marvel Comics, $ 2.99)+++DMZ #12: In sich geschlossene Einzelausgabe der Kriegsreporterserie, diesmal komplett von Brian Wood selbst angefertigt (DC Comics/Vertigo, $ 2.99)+++GØDLAND #13: Joe Caseys und Tom Sciolis kosmisch-bombastischer Rock-'n'-Roll-Trip kommt heim aus der Sommerpause (Image Comics, $ 2.99)+++HELLSTORM: SON OF SATAN #1 (von 5): Alexander Irvine, Russell Braun und Klaus Janson reaktivieren Marvels dreizackschwingenden Satansbraten, aber strikt für Erwachsene (Marvel Comics/Max Comics, $ 3.99)+++THE OTHER SIDE #1 (von 5): Jason Aaron und Cameron Stewart erzählen eine „epische Tragödie,“ die 1968 inmitten des Vietnam-Krieges spielt (DC Comics/Vertigo, $ 2.99)+++THE PERHAPANAUTS: SECOND CHANCES #1 (von 4): Todd DeZagos und Craig Rousseaus quirlig-monströse Vielleichtonauten erforschen kryptozoologische Kreaturen und extradimensionale Entitäten (Dark Horse Comics, $ 2.99)+++PLANETARY #26: Die vorletzte Ausgabe der besten Superheldenserie wo gibt von Warren Ellis und John Cassaday (DC Comics/WildStorm, $ 2.99)+++SEVEN SOLDIERS #1 (von 1): Eigentlich sollte das Heft im April rauskommen, jetzt nehmen Grant Morrison und J.H. Williams III nochmal einen neuen Anlauf (DC Comics, $ 3.99)+++TALES OF THE UNEXPECTED #1 (von 8): Die unerwarteten David Lapham, Brian Azzarello, Eric Battle und Cliff Chiang erzählen mysteriöse Geschichten alten Strickmusters (DC Comics, $ 3.99)+++ULTIMATE POWER #1 (von 9): Das Autoren-Triumvirat von Brian Michael Bendis, J. Michael Straczynski und Jeph Loeb und Zeichner Greg Land können's nicht lassen und kreuzen das Ultimate-Universum mit dem der Squadron Supreme (Marvel Comics, $ 2.99)+++WORLDSTORM #1 (von 1): Das Begleitheft zur WildStorm-Renovierung, mit Vorschauen auf Tranquility von Gail Simone und Neil Googe und StormWatch: Post-Human Division von Christos Gage und Doug Mahnke (DC Comics/WildStorm, $ 2.99)+++
 
 

Der Bücher-Wurm für Oktober

runaways +++CAPTAIN AMERICA: WINTER SOLDIER, Vol. 2 von Ed Brubaker, Steve Epting, et al. (Marvel Comics, Paperback, $ 14.99)+++EX MACHINA, Vol. 4: MARCH TO WAR von Brian K. Vaughan, Tony Harris und Chris Sprouse (DC Comics/WildStorm, Paperback, $ 12.99)+++GOTHAM CENTRAL: THE QUICK AND THE DEAD von Greg Rucka, Michael Lark, et al. (DC Comics, Paperback, $ 14.99)+++JONNY CROSSBONES: DEAD MAN AT DEVIL'S COVE von Les McClaine (Dark Horse Comics, Paperback, $ 14.95)+++THE PULSE, Vol. 3: FEAR von Brian Michael Bendis, Michael Gaydos et al. (Marvel Comics, Paperback, $ 14.99)+++RUNAWAYS, Vol. 6: PARENTAL GUIDANCE von Brian K. Vaughan und Adrian Alphona (Marvel Comics, Digest, $ 7.99)+++Y: THE LAST MAN, Vol. 8: KIMONO DRAGONS von Brian K. Vaughan, Pia Guerra und Goran Sudžuka (DC Comics/Vertigo, Paperback, $ 14.99)

 
 
Übrigens: die meisten der hier vorgestellten Comics können u.a. bei dem Berliner Händler Black Dog (vor-)bestellt werden. 
 
 

Anregungen, Lob oder Kritik sind wie immer herzlich willkommen. Schaut einfach im Forum vorbei oder schickt eine E-Mail.
 

Bildquellen: Previews – Diamond Comic Distributors; Astro City, The Authority, Deathblow, Gen13 – DC Comics; Criminal, Daredevil, Doctor Strange, The Irredeemable Ant-Man, Runaways – Marvel Comics; The Damned – Oni Press; Gødland, Hawaiian Dick, The Pirates of Coney Island – comicbookresources.com; John Woo's Seven Brothers – Virgin Comics; Zombies vs. Robots – Ashley Wood