Das Comicfestival München fand vom 30. Mai bis 2. Juni statt und war in diesem Jahr die größte Comicveranstaltung in Deutschland. Die Veranstaltungsorte variieren immer wieder, aber dieses Jahr war es besonders ungewöhnlich: Die Verlage wurden bereits bei der Einladung als Groß- oder Kleinverlag eingeordnet und dabei auf zwei Häuser (Künstlerhaus und Altes Rathaus) aufgeteilt, die etwa einen Kilometer auseinanderlagen. Zudem waren die Ausstellungen zum Teil auf weitere diverse Orte verteilt.
Weil wir nicht nur rasende Reporter, sondern auch ausstellender Kleinverlag sind, haben wir nicht das gesamte Programm verfolgt, sondern geben Euch vermehrt unsere Eindrücke aus unserem Hauptquartier, dem Alten Rathaus, wieder. Die Dynamik wurde dabei leider nicht nur durch die Entfernungen zwischen den einzelnen Veranstaltungsorten, sondern auch durch den permanenten Regen gebremst.
Die Stimmung der angereisten Kleinverlage war am Donnerstagmorgen eher bescheiden, die örtliche Trennung behagte keinem. Begründet wurde sie mit einem diesjährigen Platzproblem, das es angeblich unmöglich machte, zentral gelegen ein Haus zu finden, das alle Comicverlage aufnehmen könne. Zuvor war 2009 das Alte Rathaus Hauptveranstaltungsort, 2011 das Künstlerhaus. Schon vor zwei Jahren wurden die Kleinverlage von den großen abgetrennt – zwar „nur“ mittels unterschiedlicher Stockwerke, aber auch das fühlte sich schon sehr unangenehm an für eine Verlagsszene, die sich aufgrund ihrer übersichtlichen Größe eher als Ganzes begreift. Und dadurch, dass die Kleinverlage ganz oben untergebracht und nur mittels Aufzug oder bemerkenswert versteckt liegender Wendeltreppe zu erreichen waren, floss automatisch der Hauptbesucherstrom an ihnen vorbei. Dem Wunsch der Indieverlage, 2013 umverlegt zu werden, wurde mehr als Genüge getan: Sie wurden nicht nur – wie selber vorgeschlagen – innerhalb des Künstlerhauses umverteilt, sondern direkt hinauskomplimentiert. Fühlte sich zumindest so an.
oben: Blick ins Künstlerhaus mit den Großverlagen
So war’s im Alten Rathaus
– Text: Frauke Pfeiffer –
Und da waren sie nun – aber auch nicht alle, denn einige Verlage wie Schwarzer Turm, Epsilon, Delfinium Prints oder Gringo Comics waren erst gar nicht gekommen; ganz zu schweigen von Manga-Verlagen. Wüsste man nicht, dass es deutsche Manga-Verlage gibt – auf diesem Comicfestival hätte es niemand gelernt. Nachdem die erste Überraschung („Haben Sie denn ein B1-Zertifikat für dieses Banner? Brauchen Sie wegen des Brandschutzes hier.“ Danke, dass die Veranstalter vorab darauf hingewiesen hatten … Nicht. Mit derselben Vorgabe wurde auch das Lagern von brennbarem Material, ergo Comics, beanstandet …) verdaut war, kam das nächste dicke Ei: Für den Sonntag würden bis zu 120.000 FC-Bayern direkt vor dem Alten Rathaus auf dem Marienplatz erwartet, hieß es in den Zeitungen (nicht von den Veranstaltern, da kam gar kein offizielles Statement). Ergo: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendein Besucher am Sonntag zu den Indieverlagen verirrte (unter anderem waren Absperrgitter aufgestellt und zwischendurch die U-Bahn-Station Marienplatz gesperrt), war infinitesimal klein. Dazu das Problem, dass ein Abbau wegen Vollsperrung sicher nicht vor 21 Uhr hätte stattfinden können. Dies führte dazu, dass die meisten Verlage schon am Samstagabend packten und am Sonntag nur mit leichtem Handgepäck (oder wie Dani Books gar nicht mehr) vor Ort waren. Die Sorgen waren begründet, denn am Sonntag war das Alte Rathaus so gut wie leer und es kam fast nur noch zu den üblichen inzestuösen Querkäufen.
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Adrian vom Baur mit Jazam 8 | Temperatur-Optimismus am Stand von Plem Plem Comics |
Offensichtlich zuhause die Posen schon geübt: Anna-Maria Jung und Sarah Burrini |
… Mario Bühling und Jörg Fassbender am Stand von Kwimbi |
Die Gefahr spontaner Besuche von Vorbeilaufenden bestand aber ohnehin kaum, denn eine Ausschilderung war unter anderem aus Denkmalschutzgründen quasi nonexistent. Ein „Eintritt frei“-Schild und ein total ansprechender „Hey Freaks“-Aufsteller von Plem Plem Productions war alles, was bis Donnerstagmittag außerhalb des Alten Rathauses zu sehen war. Später kamen zwar zaghaft zwei Comicfestival-Plakate an den Eingangstüren hinzu; wie sich im Gespräch mit der aufhängenden Dame aber herausstellte, dürfte es gar nicht mehr Werbung sein, da das Gebäude – ebenfalls aus Brandschutzgründen – nur insgesamt 300 Personen aufnehmen könne, die vom Türsteher-Personal mitgezählt wurden. Die Dame konnte zwar zwischendurch auf 400 Personen hochhandeln, aber selbst dieses Limit sei eigentlich schon erreicht. Wenn man sich den Füllzustand des Gebäudes anschaute, musste man allerdings nicht gerade befürchten, dass sich die Leute in Panik zu Tode trampeln …
Eingang Altes Rathaus, die Werbung hält sich bedeckt |
Der handgeschriebene, später angebrachte Hinweis auf die Verlage im 1. Stock des Alten Rathauses (das WC war sicher auch von Interesse). „Lohnt sich!“ |
Das Alte Rathaus hätte vom Platzgefühl her noch deutlich mehr an Leuten schlucken können, in besten Zeiten wirkte es ein Drittel voll. Gleichzeitig wurden aber nicht mehr Leute draußen in der Fußgängerzone auf das Festival aufmerksam gemacht, da ja eh die Maximalanzahl an Besuchern erreicht war. Eine Krux und sehr ärgerlich für die Aussteller, die nun mal auf viele Verkäufe hoffen, um ihre ausgelegten Kosten wieder hereinzubekommen und vielleicht sogar etwas Geld verdienen wollen; da kann das Alte Rathaus noch so eine hübsche Location sein.
Die Veranstalter Heiner Lünstedt und Michael Kompa haben wir leider nicht im Alten Rathaus erblicken können, anscheinend hatten sie ihren Fokus auf alles andere wie das Künstlerhaus und die Ausstellungen gelegt. Stattdessen sorgte ein kleines, freundliches Team dafür, dass soweit alles lief. Hervorzuheben hierbei sind allerdings Markus Gruber (Comicradioshow) und vor allem Gerhard Schlegel von Laska Comics, selber Aussteller und Ex-Organisator des Comicfestivals in früheren Jahren. An ihn konnte man sich jederzeit wenden, obwohl er diese Hilfestellung „privat“ leistete. Ihm ist es zu verdanken, dass es überhaupt so etwas wie ein Programm im Alten Rathaus gab: Er organisierte die halbstündigen Runden auf der Bühne – unter Mitwirkung diverser Verlage wie Zwerchfell – wie zum Beispiel „Wie kann man mit Comics in Deutschland Geld verdienen?“ oder ein Interview mit den ICOM-Independentcomicpreis-Gewinnern. Worauf Gerhard keinen Einfluss hatte, war der grottenschlechte Ton. Die Bühne war im Bezug zu den fest installierten Lautsprechern an der falschen Stelle aufgebaut, so dass man kaum etwas verstehen konnte, was nicht nur für die Zuhörer, sondern auch für diejenigen, die sich auf der Bühne befanden, ein frustrierendes Erlebnis war.
Apropos ICOM-Preis: Am Freitagabend wurden nach einem halbstündigen Auftritt von FiL im Alten Rathaus die besten Independentcomics des letzten Jahres geehrt – ein an sich deutlich würdigerer Veranstaltungsort als 2011 die Glockenbachwerkstatt, die so wenig Leute fasste, dass die Hälfte der Besucher die Verleihung nur hören, aber nicht sehen konnte. Diesmal konnten sie zwar alle sehen, aber vermutlich nur die Hälfte verstehen. Wegen des Tons. Hatten wir schon. Der Hauptpreis, dotiert mit 500 Euro, ging an Sascha Wüstefeld und Ulf S. Graupner für den ersten Band ihrer knallbunten DDR-Superheldensaga Das UPgrade. Die weiteren Kategorien, jeweils mit 300 Euro versehen:
Bestes Artwork: „Mittagspause“ von Maike Plenzke (in Bettgeschichten); Bestes Szenario: Roxanne und George von Carolin Walch; Beste Kurzgeschichte: „Adieu Kakapo“ von Max Fiedler (in Herrensahne XII); Sonderpreis bemerkenswerte Comicpublikation: Neufundland; Sonderpreis bemerkenswerte Leistung: Comic-Clash von Moga Mobo und Epidermophytie. Details, Laudationes sowie die vier lobenden Erwähnungen findet Ihr hier auf der ICOM-Website, einen Filmmitschnitt der Preisverleihung gibt es bei Splashcomics. Sehr schade – aber nie zu kalkulieren -, dass viele der Preisträger nicht anwesend waren. Berliner, wo wart Ihr?!
Außerdem wurde dieses Jahr die Zeichnerin Johanna Schlogger Baumann mit dem „Lebensfenster – Kurt-Schalker-Preis für grafisches Blogen„, also einem Preis nur für Webcomicblogger, ausgezeichnet.
Einmal wurde es doch mal richtig voll im Alten Rathaus: Am Freitagmorgen signierten Gilbert Shelton und Gerhard Seyfried – zwei Comicveteranen und Weggefährten von Robert Crumb, dem Ehrengast dieses Festivals – am Stand der auferstandenen U-Comix. Eine tolle Sache für Fans. Einige erwiesen ihren Helden dann direkt mal mit gefühlten 50 zu signierenden Comicbänden ihre Aufwartung, zur Freude der sich noch in der Schlange befindlichen Leute, die einfach nicht kürzer werden wollte. Hier hätte man als Verantwortlicher deutlich reagieren und die Anzahl der Comics pro Person einschränken müssen. Umsatz wurde auf alle Fälle gemacht – für eine Zeichnung reichte es nicht, den Robert-Crumb-Tributband, der zum Comicfestival erschien, erworben zu haben, sondern ein U-Comix-Heft musste im Tausch gegen 5 Euro in die eigene Tasche wandern. Dafür hielten die rüstigen Herren aber wacker durch und signierten anstatt zwei Stunden eine halbe Stunde länger. Danach war merkbar die Luft raus, und es war völlig legitim, nicht mehr jeden Wunsch zu erfüllen (konkret: Ich bekam keine Zeichnung mehr, nur eine Signatur).
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Gilbert Shelton (links) und Gerhard Seyfried beim Signieren im Alten Rathaus am Stand von U-Comix | Das Geburtstagskind Gilbert Shelton mit einer Hopfen-Kaltschale |
Altersmäßig geschlagen wurde sie allerdings locker vom 89-jährigen Helmut Nickel, der in Gerhard Schlegels Begleitung (unter anderem kolorierte dieser den Sammelband von Peters seltsame Reisen und war für den 2011er Nickel-Tributband des Comicfestival München verantwortlich) für Signierungen und kleine Zeichnungen bereit stand.
Wer für eine persönliche Signatur oder einem Plausch mit Robert Crumb angereist war, wurde hingegen enttäuscht: Bis auf 400 signierte Drucke, die mit dem Kauf des Tributbands ausgegeben wurden, gab es keinerlei personalisierte crumbsche Devotionalien.
Am Ende des Festivals kam im Alten Rathaus noch eine tolle Künstlerwand zusammen, während die schöne Idee des Artomaten (Zeichnungen von unbekannten Künstlern nach Eingabe eines Blatts), soviel ich dazu mitbekommen habe, leider keine Anwendung fand.
So war’s woanders
– Text: Frauke Pfeiffer –
Ehrengast Robert Crumb, laut Comicfestival München der „bedeutendste lebende Comickünstler“, wurde leider nur zweimal bei öffentlichen Veranstaltungen aktiv und blieb dadurch den Besuchern recht fern: am Mittwochabend bei einem Künstlergespräch im Jüdischen Museum und am Donnerstagabend zusammen mit Gilbert Shelton im Gespräch mit Gerhard Seyfried. Beim erstgenannten Talk saß Crumb zusammen mit seiner Ehefrau Aline Kominsky-Crumb auf der Bühne, moderiert wurde das Gespräch von Lora Fountain, der Frau von Gilbert Shelton und Agentin von Robert Crumb, die ebenso wie die Crumbs in Frankreich leben. Es entspann sich ein unterhaltsamer Abend voller Anekdoten und Erinnerungen, getragen von Crumbs oft sehr sarkastischem Humor und zusammengehalten von der entspannten Moderation von Lora Fountain, die mit dem Paar seit vielen Jahrzehnten befreundet ist [Filmmitschnitt bei Splashcomics].
A propos Moderation: Das Ärgerliche an der zweiten Veranstaltung war, dass Gerhard Seyfried entweder nichts davon wusste oder aber keine Lust hatte, den im Programmheft angekündigten Moderatorenjob zu übernehmen. Und so saßen die drei Herren auf der Bühne im Amerika-Haus und palaverten vor sich hin, nicht ohne dass Crumb mehrfach darauf hinwies, dass es jetzt eigentlich gut wäre und sie fertig wären – das erste Mal schon nach fünf Minuten. Dies brachte er zwar in einem spaßigen Tonfall, aber beim Verfolgen dieses launigen Dreigestirns und des stockenden Gesprächs kam ich nicht umhin zu glauben, dass er das wirklich nicht nur aus Geigel sagte. Ärgerlich in Anbetracht dessen, dass dafür zehn Euro Eintritt verlangt wurde. Zu einem Banjo-Stück in Begleitung der Band „Sons of the Desert“, die ein unterhaltsames Rahmenprogramm lieferten, ließ sich Crumb aber am Ende noch hinreißen. Insgesamt fand ich die einzelnen Anekdoten trotzdem ganz unterhaltsam – vielleicht auch, weil ich im Gegensatz zu anderen CG-Redakteuren am Mittwochabend nicht dabei sein konnte – und die Veranstaltung nicht so furchtbar wie Oliver Ristau, der für den Tagesspiegel von dieser Herrenrunde als „einem grandios gescheiterten Abend“ berichtet [Filmmitschnitt bei Splashcomics].
Danach verließen wir wie diverse andere Personen den Saal, so dass wir bei der anschließenden PENG!-Preisverleihung – dem Comicpreis mit dem undurchschaubaren Wahlverfahren – nicht persönlich anwesend waren. Laut Hörensagen wird aber für das nächste Comicfestival ein anderes Wahlverfahren in Betracht gezogen.
Die PENG!-Preisträger 2013 sind (hier die Seite des CFMs dazu, inklusive der banjospielende Crumb):
Bester deutschsprachiger Comic: Reinhard Kleist: Der Boxer: Die wahre Geschichte des Hertzko Haft (Carlsen)
Bester europäischer Comic: Luke Pearson: Hilda und der Mitternachtsriese (Reprodukt)
Bester nordamerikanischer Comic: Chris Ware: Jimmy Corrigan – Der klügste Junge der Welt (Reprodukt)
Beste Comic-Berichterstattung: Die Sprechblase
Beste Comic-Sekundärliteratur: Burkhard Ihme (Hg.): Comic! Jahrbuch (ICOM)
Beste Neuveröffentlichung eines Klassikers: Hal Foster u. a.: Tarzan Sonntagsseiten (Bocola)
Bester Manga aus Japan/Ostasien: Keito Koume & Isuna Hasekawa: Spice & Wolf (Panini)
Bester Manga aus Deutschland: Grimms Manga Sonderband (Tokyopop)
Beste Comicverfilmung: Marvel’s The Avengers
Lebenspreis: Lona Rietschel (Abrafaxe)
Die Auszeichnung für das ICOM Comic! Jahrbuch mit Burkhard Ihme als Herausgeber freut mich besonders; ich halte es für ein – völlig zu Unrecht wenig bekanntes – sehr gutes Jahrbuch mit klasse Inhalt, ansprechendem Layout und einem fantastischen Preis-/Leistungsverhältnis. Augen auf, es erscheint immer im Herbst und lässt sich natürlich im Fachhandel oder auf der ICOM-Website erwerben.
Apropos PENG!-Preis für Luke Pearson: 2012 auf dem Comic-Salon in Erlangen noch Geheimtipp beim kleinen britischen Verlag Nobrow und Liebling der CG-Redaktion (wie die letztjährige begeisterte Rezension von Marc-Oliver und Björn zeigt); dieses Jahr deutscher Reprodukt-Lizenzvertrag für den Mittzwanziger, der persönlich auf dem Comicfestival anwesend war. Unter anderem wurde er in einem Künstlergespräch von einem gut vorbereiteten Lars von Törne (Tagesspiegel) zu den Hilda-Bänden, aber auch seinen Erwachsenencomics befragt. Der Schlafzimmerblick war wohl nur seinem Jetlag geschuldet; seine Antworten fielen nicht wie befürchtet einsilbig, sondern interessant und vielschichtig aus. Leider war das Gespräch [Filmmitschnitt bei Splashcomics] nur mäßig gut besucht. Thomas und Björn bekamen später noch die Gelegenheit, Luke zu interviewen. Das Gespräch werdet Ihr in Kürze auf diesem Kanal nachlesen können.
Ein anderes Gespräch interessierte unseren Redakteur Marc-Oliver besonders: Lee Bermejo, unter anderem Zeichner von Before Watchmen: Rorschach, wurde in einem Künstlergespräch von Michael Kompa befragt. Wie viele wissen, ist Alan Moore, der Schöpfer von Watchmen, ein Gegner der Before Watchmen-Idee, hat aber keine rechtliche Handhabe gegen die Veröffentlichungen. Die Frage nach der Moral bei der Mitarbeit an einem solchen Projekt stellte dann Marc-Oliver beim Künstlergespräch Lee Bermejo. Das gesamte Gespräch könnt Ihr hier als Video bei Splashcomics nachschauen.
Ebenfalls interviewt haben wir die unglaublich sympathischen Jungs Sascha Wüstefeld und Ulf S. Graupner vom UPgrade-Comic, der – man kann es nicht oft genug erwähnen – ein überzeugender, lockerer Comic aus Deutschland und trotzdem handwerklich hervorragend ist. Oder sollte man sagen, er ist künstlerisch der Hammer und trotzdem inhaltlich klasse? Egal wie man’s dreht, die Kombination, dass sowohl Inhalt als auch Bilder fantastisch sind, gibt’s nur ganz selten, womit ihr diesjähriger ICOM-Preis für den besten Independentcomic hoffentlich noch mehr Ansporn sein wird, die nächsten neun Bände durchzuziehen. Das Interview werden wir pünktlich und mit einem Update zur aktuellen Situation zur Herausgabe des zweiten Bands im August online stellen. Nur ungläubig den Kopf schütteln über das Herzblut der beiden konnte ich übrigens ob der tollen exklusiven UPgrade2-Dankeschönboxen, die den vorbestellenden Lesern nichts zusätzlich gekostet haben. Dass die Jungs das Geld jemals wieder reinbekommen, das sie jetzt schon zusätzlich reingesteckt haben, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Sehr herzlich war übrigens die Gratulation der PENG!-Lebenspreis-Trägerin Lona Rietschel an Sascha und Ulf, die jahrelang für Mosaik gearbeitet hatten.
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Alles Preisträger: Ulf S. Graupner, Sascha Wüstefeld und Lona Rietschel |
Selbst die kleinen Details vom UPgrade (hier: Bestätigung der Vorbestellung von Band 2) sind liebevoll durchdesignt und aufwendig gestaltet |
So waren die Ausstellungen
– Text: Thomas Kögel –
Ein Ärgernis, das mich schon vor zwei Jahren gestört hat, ist die mangelnde Dokumentation der Ausstellungen. Dort sind zwar teilweise tolle und absolut sehenswerte Exponate (überwiegend Originalseiten) ausgestellt, allerdings sind diese fast immer völlig unzureichend (bzw. überhaupt nicht) beschriftet.
Es reicht nicht, wenn da nur der Name des Künstlers steht! Ich möchte wissen, aus welchem Comic die Seite stammt, in welchem Jahr sie entstand, was das für ein Comic war und warum er relevant ist. Ausstellungen sind nicht dazu da, einfach ein paar Bilder an die Wand zu hängen. Sie sollen auch Kontexte herstellen, Zusammenhänge erklären und im besten Fall soll der Betrachter beim Besuch der Ausstellung ein bisschen was lernen.
Bei den Ausstellungen auf dem Münchner Comicfestival war das leider kaum möglich. Die Schau zum Schwerpunktthema Undergroundcomix hatte immerhin einen guten (wenn auch schlampig übersetzten) Einleitungstext von Denis Kitchen – ebenfalls persönlich auf dem Festival anwesend – und kurze Künstlerbiografien zu bieten, letztere aber auch nur zu den ausgestellten US-Künstlern, nicht zu deren deutschen Pendants. Die ausgestellten Seiten selbst blieben ohne jede Erklärung, die Zusammenstellung wirkte willkürlich und wahllos.
Bei Baru beschränkte sich die Betextung auf eine Kurzbio und kurze Inhaltsangaben zu vier seiner Comics. Wahrscheinlich waren das die, aus denen die gezeigten Seiten stammen. Nachprüfen ließ sich das nicht, denn bei den (wunderschön anzusehenden) Seiten fehlte jeglicher Hinweis.
Ob bei Superman oder bei Spirou, stets bekam man nur rudimentäre Basisinformationen, nirgends war zu lesen, welche Seite man da gerade ansah. Am eklatantesten war dieser Mangel in der Ausstellung zum Gastland Italien, einem der breit beworbenen Aushängeschilder des Festivals: Hier beschränkte sich die Beschriftung tatsächlich rein auf die Namen der Künstler. Doch was nützt es, wenn unter einer gerahmten Seite der Name „Gipi“ steht, aber sonst gar nichts?
Für Besucher, die vor allem wegen der Ausstellungen anreisen und Eintritt bezahlen, muss ein so liebloses Präsentieren sehr enttäuschend sein. Dazu kommen noch Unzulänglichkeiten wie abweichende, nicht kommunizierte Öffnungszeiten an verschiedenen Örtlichkeiten oder die von zahlreichen Besuchern als „Witz“ bezeichnete Mini-Ausstellung zu Fredric Wertham und dem Comics Code im Jüdischen Museum. Fürs nächste Festival würde man sich daher wünschen, dass sich die Macher auf das Prinzip „Klasse statt Masse“ konzentrieren. Lieber weniger Ausstellungen, diese dafür umfangreich, gut kuratiert und ordentlich dokumentiert. Ja, das macht Mühe. Aber die ausgestellten Arbeiten hätten genau diese Mühe verdient.
Alles in allem ist unser Eindruck – sowohl aus persönlichen Erlebnissen als auch im Gespräch mit anderen Verlagen -, dass für das nächste Comicfestival einiges an Nachbesserungsbedarf besteht. Der wichtigste Aspekt ist hier sicherlich, die unselige Trennung der Verlage aufzuheben und allen Ausstellern die gleiche Wertschätzung entgegenzubringen. Im Grunde wollen alle Beteiligten dasselbe: Spaß an Comics zu haben und diesen den Besuchern zu vermitteln.
Das vollständige Programm findet Ihr auf der Website des Comicfestivals München und eine Linksammlung zu weiteren Berichten, die natürlich auch andere Dinge als wir abdecken, in unseren Links der Woche 21/13.
Und im Zettgeist, dem Video-Podcast des Zwerchfell-Verlag, wird in Folge 187 ebenfalls über das Comicfestival München 2013 und die aufgetretenen Probleme gesprochen (ab der 17. Minute).
Fotos © Frauke Pfeiffer/Comicgate bis auf Ausstellungen/Fritz the Cat: © Thomas Kögel/Comicgate; Graupner/Wüstefeld/Rietschel: © Thilo Krapp
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