Die riesige Convention-Halle wird von der Lautstärke und Optik deutlich von Videospielen, Filmwerbung und anderen Popkulturelementen dominiert. Das war
vor fünf Jahren noch nicht ganz so extrem und auffällig, aber irgendwie müssen die Massen – die Rede ist von um die 75.000 Besuchern – wohl unterhalten werden.
Mark Evanier
schreibt dazu, „Die Stimmung kam mir diesmal anders vor, sie schien noch mehr von Comics entfernt zu sein als jemals zuvor. Man hat das Gefühl, als ob das, was sich bei den Comic abspielt, nichts mehr bedeutet. Nur was beim Film passiert, zählt. Und wenn es nie ein Film wird … naja, dann bedeutet der Comic wirklich nichts.“
Und wenn man doch noch liest, wie wichtig manche Filmstudios die Con nehmen und dort bis zu einer viertel Million Dollar ausgeben, verdichtet sich das Bild.
Nicht zu verschweigen all die Schlangen bei den Computerspielständen, an denen T-Shirts oder Ähnliches verschenkt wurden.
Am deutlichsten das Erscheinungsbild auf der Con hat allerdings Tokyopop geprägt, die riesigen Tüten wurden massenhaft mitgenommen und waren vielfach zu sehen.
Wenn man sich dann aber etwas mehr umschaut, sich an die ab und zu auftauchenden Stormtrooper, Superhelden und Mangamädels gewöhnt hat und merkt, dass an dem einen Ende die Artists‘ Alley liegt, die kleinen Verlage in der Mitte, die mittelgroßen kurz vor den ganzen Comichändlern sind, man noch gut zu Fuß ist und sich von den anderen Elementen fernzuhalten weiß, dann kann man sich auch unten in der Halle gut beschäftigen und seinen Spaß dabei haben.
Die Superstars der Szene sind natürlich nicht wirklich präsent und erreichbar, aber sich ein wenig mit Stan Sakai (Usagi Yojimbo; Foto rechts) unterhalten, Eric Shanower Tipps für potentielle deutsche Verlage für Age of Bronze zu geben, Steve Lieber (Foto unten) auf die Idee zu bringen, neben dem Salon in Gijón doch auch nach Frankfurt zur Buchmesse zu fahren oder sich bei den unbekannten und frischen Leuten umzuschauen, ist dann schon irgendwie vergleichbar mit Erlangen-Tagen.
Etwas anders wird es, wenn man sich nach oben in die zig Veranstaltungssäle begibt. Diesmal fiel mir die Wahl zwischen verschiedenen Veranstaltungen zwar nicht so schwer wie vor fünf Jahren, allerdings kann das auch daran liegen, das man älter wird. Jedenfalls kann man hier ganz gut die Zeit verbringen, sich z.B. eine Diskussion über Graphic Novels anhören; interessant hierbei, dass inzwischen sogar sechsstellige Summen für Buchverträge bezahlt werden, sofern es eine bestimmte Thematik stimmt (Holocaust bzw. Sklaverei). Einig waren sich aber die Beteiligten, dass die aktuelle Situation der Graphic Novels, besonders in den Buchhandlungen, ziemlich gut ist, insbesondere weil damit eine kritische Masse an Werken für die „normalen“ Leser verfügbar ist.
Merkwürdig war darüber hinaus, dass man auf diesem Panel andere Berichterstatter aus Deutschland trifft.
Jeff Smith erzählte in seiner Stunde Redezeit über Hintergründe zu
Bone und zeigte viele Fotos zu den Ursprüngen bestimmter Elemente. So existiert
Old Man’s Cave in Ohio, und Aufnahmen aus Nepal zeigen die Vorbilder für Elemente der Architektur und religiösen Kultur in Bone.
Ob das jetzt einen Bone-Tourismus auslöst…?
Interessante Einblicke in seine Recherchen auf jeden Fall. Ebenso die ersten Seiten seiner DC-Serie, die er vorgestellt und gelesen hat; äußerst vielversprechend.
Etwas schade ist, dass hier immer noch keine begleitenden Comic-Ausstellungen stattfinden, so wird beim Publikum schwer eine andere Einstellung zu Comics entstehen.
Andererseits finden sich eh genug Originalseiten unten bei den Zeichnern und den Händlern. Eine Smax-Seite von Zander Cannon ging dann doch auf den Weg mit nach Australien, bei 50$ konnte ich nicht widerstehen. So haben die Zeichnungen aber immer den kommerziellen Aspekt, zumal für Sketche hier auch jeweils bezahlt wird. Die Zeichner müssen halt auch mal was verdienen…
Lohnt sich das Ganze als Besucher aus Deutschland? Da ich eh gerade beruflich ein paar Tagen in L.A. bin, waren es so nur wenige Stunden Autofahrt, der Aufwand hat sich auf jeden Fall rentiert. Eine weite
Anreise alleine für die Con ist da eher fragwürdig, in Verbindung mit einem USA-Urlaub aber durchaus interessant. Nur sollte klar sein, was einen da erwartet: viel Trubel um Film, Spiele und Merchandise, Comics, die trotz des Namens Comic-Con dann nicht mehr die Hauptrolle spielen, des öfteren etwas merkwürdige Gestalten, aber auch große Teile der amerikanischen Kreativszene.
weitere Eindrücke:
(alle Fotos: Copyright Jochen Garcke – Verwendung nur nach vorheriger Genehmigung)