Rezensionen

Superhelden

Cover SuperheldenDer schottische Autor Grant Morrison, der zahlreiche hochgelobte Comics für Marvel (New X-Men) und vor allem für DC (Doom Patrol, Animal Man, Batman: Arkham Asylum, All-Star Superman) geschrieben hat, erzählt in seinem Buch Superhelden – Was wir Menschen von Superman, Batman, Wonder Woman & Co. lernen können die Geschichte der Superhelden von ihren Anfängen 1938 mit Superman bis zum Jahre 2011, in dem dieses Werk in den USA erschien. Morrison streut dabei, zumeist sehr zurückhaltend, Details aus seinem eigenen Leben in das Buch mit ein. Eine Mischung aus Schreibratgeber und Autobiographie – wie etwa Stephen Kings hervorragendes Das Leben und das Schreiben – ist Superhelden nicht. Vielmehr ging es dem kommerziell äußerst erfolgreichen Künstler (auf die Verkaufszahlen von Arkham Asylum und dessen Verwertung etwa als brillantes Videospiel weist er mehrfach und offensichtlich voller Stolz hin) darum, das Genre zu würdigen, das ihn bereits als Kind faszinierte.

Das Buch ist chronologisch gegliedert und besteht aus vier Teilen: Das Goldene Zeitalter, Das Silberne Zeitalter, Das Dunkle Zeitalter und Die Renaissance.

Wer sich bereits länger mit Comics befasst, wird gar nicht so mächtig viel Neues erfahren. Das Shuster und Siegel praktisch kaum am finanziellen Erfolg von Superman beteiligt waren, ist hinlänglich bekannt. Was Spider-Man in seinem ersten Comic und später in den Verfilmungen erlebte, ist ebenfalls kein Geheimwissen. Aber gerade hier zeigt sich, wie gut dieses Buch geschrieben ist: Es gibt nicht eine einzige überflüssige oder langweilige Seite, selbst Altbekanntes liest sich spannend und vor allem in vielen Momenten äußerst amüsant. Wer trockenen Humor schätzt, wird laut lachen, wenn Morrison schildert, wie die frühen Batman-Verfilmungen, diejenigen vor Adam West aus den Sechzigern, gestaltet waren: offenbar wahre Trash-Perlen!

Am Ende des Buches, und im Grunde im gesamten Werk, finden sich Lektüretipps für Sekundär- und Comiclektüre zum Thema Superhelden. Hier erfahren wir etwa, dass Wonder Woman ursprünglich eine sehr viel faszinierendere Figur (auf die ihre Schöpfer ihre Phantasien von Dreiecksbeziehungen, freier Liebe und Fesselspiele projizierten) war, als in späteren, weichgespülteren Versionen. Das wiederum gilt auch für Superman und andere Helden, die vor der Einführung des Comics Code viel freier und weniger vorhersehbar waren. Auch über den Vater des Codes, den Psychologen Wertham, hat Morrison einiges zu sagen – sehr lustig auch dies!

Ein gutes Dutzend Zeichnungen findet sich im Buch, etwa zu Jack Kirbys New Gods, das laut Morrison Kirby auf seinem künstlerischen Zenit zeigt. Trotz eines Covers mit Rollator-ähnlicher Transporthilfe, wie es der Schotte süffisant kommentiert, ohne es jedoch an großer Bewunderung für die Zeichnerlegende mangeln zu lassen. Bedauerlich, dass diese Zeichnungen ohne Bildunterschrift auskommen müssen. Und ein Buch zum Thema Comic dürfte auch gerne deutlich mehr Abbildungen, idealerweise in Farbe, enthalten. Ebenfalls angemessen wäre eine Hardcover-Version dieses Buches, zumal es für einige Leser sicher auch als Nachschlagewerk dienen wird.

Mark Millar und andere Weggefährten werden von Morrison wohlwollend erwähnt. Am Ende des Buches weist der schottische Autor darauf hin, dass viele weitere interessante Künstler aus Platzmangel es nicht in dieses Werk geschafft habe. Für Alan Moore nahm er sich einige Seiten und seine Analyse von Watchmen liest sich überaus erhellend. So große Bewunderung wie für Jack Kirby scheint hier aber nicht mitzuschwingen, so störte Morrison zeitweise, wie technisch-kühl Watchmen konstruiert wurde und wie äußerst künstlich das Werk damit wirke.

Nebenbei bekommt der Superhelden-Leser auch Enthüllungen über Drogenerfahrungen, einige Andeutungen über die Bezahlung als Autor für DC, Berichte über übersinnliche Erfahrungen und esoterische Ideen (alles verläuft in Zyklen: Hippies und Punker wechseln sich alle paar Jahre ab – es würde zu weit führen, Morrisons Ideen hier ausführlich zu erläutern) und ein großes Lob für den Film Unbreakable, den Morrison für einen der gelungensten Superheldenfilme hält. Außerdem erfahren wir etwas über seltsame Freaks bei Signierstunden in Comicshops, über die Comic-Con in San Diego und über eine Kindheit in Schottland, in der die Angst vor einem Nuklearkrieg sehr prägend war. Über die Vorliebe für Fetischkleidung, also in seinem Fall Lack und Leder, liest man eher Andeutungen, generell wird Distanz gewahrt und nicht auf sensationelle Enthüllungen oder zu tiefgreifend über Privates geschrieben. Im Vordergrund stehen vor allem die Superhelden und deutlich weniger der Autor, der sich in jungen Jahren auch als Zeichner versuchte.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

Viel gelacht, einiges dazugelernt und jede Seite mit Freude aufgesogen, ein wunderbares Buch!

 

Superhelden – Was wir Menschen von Superman, Batman, Wonder Woman & Co. lernen können
Hannibal, Mai 2013
Autor: Grant Morrison
Übersetzung: Paul Fleischmann
496 Seiten, mit Abbildungen in Schwarz-Weiß, Softcover
Preis: 29,99 Euro
ISBN: 978-3854454182

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