Interviews

Mergenthaler, Andreas

Comicgate: Hallo Andreas, in wenigen Tagen läuft Sin City in unseren Kinos an. Macht sich das auch auf die Verkaufszahlen der SC Comics bemerkbar? Und vielleicht sogar auch auf andere Comics Eures Verlags?

Andreas Mergenthaler: Hallo Frauke, ja, es ist definitiv nicht zu übersehen, dass dieses Filmchen des verrückten Texaners [Robert Rodriguez, Anm. d. Red.] bald bei uns startet. Wenn man Leute von den Comicfachhandelsvertrieben am Telefon hat, sind sie momentan extrem gut gelaunt, Amazon kümmert sich persönlich um unsere Belange, und selbst die örtliche Buchhandlung, ansonsten eine schwer einnehmbare Festung, stellt auf einmal unsere Comics ins Schaufenster. Am meisten hat mich ein Besuch bei Hugendubel in Berlin beeindruckt: 30 SIN CITY-Bände fett im Regal und daneben zwei bis drei Exemplare von den neusten Carlsen- und Ehapa-Comics. Wunder über Wunder… 

Auf Hellboy hat das bisher noch keinen so großen Einfluß gehabt – leider. Langfristig wird es aber schon was bringen, da viele Comicfachhändler und auch Buchhändler nun endlich Notiz von uns nehmen. Durch die vielen Anfragen von Zeitungen, Zeitschriften und Internetmagazinen wächst natürlich auch unser Presseverteiler – das erleichtert uns die Arbeit bei zukünftigen Veröffentlichungen. Da die Verlagsarbeit aber neben unseren normalen Grafik-Jobs läuft, werden wir im Zuge des SIN CITY-Erfolgs jetzt nicht auf einmal durchstarten und alles mögliche herausbringen. Wir wollen weiterhin möglichst schöne Liebhaberstücke herausgeben und keine Massenware.

CG: War der für Kinofans ärgerlich späte Filmstart (im Vergleich zu den USA) Cross Cult sogar dienlich?

AM: Am Anfang hat es uns natürlich, wie schon bei Hellboy, sehr geärgert, dass der Film verschoben worden ist. Dem Filmeinspiel wird es definitiv schaden, da die US-DVD nur fünf Tage nach dem deutschen Kino-Start erscheint, aber für uns war die Verschiebung natürlich eher positiv. Nur so konnten wir drei Bände vor Filmstart veröffentlichen.

CG: Wann habt Ihr von der Verfilmung erfahren? War da schon die Sin-City-Neuauflage geplant, oder war diese eine Reaktion auf die Neuigkeit?

AM: Dass die Verfilmung kommt, war ja schon seit rund drei Jahren bekannt. Dass Rodriguez das dann so fix runtergekurbelt hat, war aber doch überraschend. Als der International Rights Manager von Dark Horse (SIN CITY US-Verlag) letzten August gemailt hat, dass SIN CITY der große Hype auf der San Diego Comic-Convention war, hab ich ihn einfach nach den Rechten gefragt.
Ich war schon lange Frank Miller-Fan (Year One, Born Again, Elektra Lives Again), hatte aber früher, als Jugendlicher, mit SIN CITY noch nicht viel anfangen können. Ich dachte mir, dass es vielen anderen auch so geht und viele ältere Leser den Stoff sicher gerne in einer Neu-Edition wieder oder neu entdecken wollen. Da der letzte deutsche SIN CITY Verlag, Schreiber & Leser, an einer Verlängerung der Veröffentlichungsrechte oder gar an Neuauflagen nicht interessiert war, bekamen wir auch gleich den Zuschlag.
Anscheinend waren wir der erste deutsche Verlag, der sich um die Herausgabe der Neu-Edition bemüht hatte – später gab’s aber noch drei andere, „große“ Interessenten. Die hatten dann aber leider das Nachsehen. 😉
Übrigens war das Format unserer Hellboy-Bände die Vorlage für die neue SIN CITY US-Edition, die ebenfalls im verkleinerten Format erschien, um sich im Buchhandel besser vermarkten zu lassen und sich von den alten US-Ausgaben deutlich zu unterscheiden. 

CG: Welche ungefähre Auflagenhöhe haben die drei Bände, die bis jetzt draußen sind?

AM: Die Erstauflagen lagen bei je rund 3.500 Exemplaren. Derzeit ist die dritte Auflage von Band 1 (2.000 Stück; 2. Auflage: 2.500 Stück) und die zweiten Auflagen von Band 2 (2.500 Stück) und 3 in Druck (2.000 Stück). Rund um den Filmstart werden die Bände leider zwischenzeitlich nicht lieferbar sein. Wir hatten zwar mit einer guten Nachfrage gerechnet, aber nicht SO gut. Spätestens ab dem 25. August werden alle Bände aber wieder verfügbar sein.
Und es werden ja noch weitere Bände folgen.

CG: Du warst  ja schon in der Pressevorstellung von Sin City. Wie zufrieden bist Du mitder Umsetzung?

AM: Bis auf die Filmmusik, die für meinen Geschmack zu künstlerisch dröge ist, und die fehlbesetzte Jaime King als Wendy/Goldie, bin ich hellauf begeistert! Ich bewundere vor allem den Mut von Rodriguez, ein Projekt mit so subversiven und teils unmoralischen Inhalten auf eigenes (finanzielles) Risiko anzupacken. Der Film ist so herrlich Anti-Hollywood, das es eine reine Freude ist! Die Comics wurden wirklich fast 1:1 umgesetzt, die düstere Atmosphäre ist super, das Brutalitätslevel am Anschlag, die Gags zünden…
Lediglich einige freizügige Szenen der Comics wurden leider entschärft – da haben wohl die Schauspielerinnen nicht mitgemacht. Ich bin schon auf die DVD gespannt, die die Storys der Comics dann wirklich 1:1, einzeln abspielbar, enthalten soll. Einige Szenen wurden für den Kinofilm ja rausgeschnitten.

CG: Im Vergleich zu Hellboy, gibt es bei Sin City ein größeres Interesse,sowohl von anderen Medien als auch von Lesern, an der entsprechenden Comicvorlage?

AM: Von Seiten der Fans war bei Hellboy mehr los. Was das Interesse der Medien angeht, ist bei SIN CITY dafür gut doppelt so viel los. Uns helfen bei SIN CITY aber auch die Kontakte, die wir schon bei Hellboy knüpfen konnten. Deshalb gibt’s viele Kooperationen mit Magazinen wie Max, Maxim, Cinema, Widescreen oder TV-Sendern wie Viva. Auch viele andere Medien, die über den Film berichten, weisen explizit auf unsere Comicausgaben hin. Das freut uns natürlich besonders.

CG: Gibt es Unterschiede oder Einschränkungen in der Handhabung desLizenzmaterials (Hellboy – Sin City)?

AM: Das ist wie Tag und Nacht. Mike Mignola ist der freundlichste und entgegenkommendste Comicschaffende, den man sich vorstellen kann. Weshalb wir bei Hellboy auch so viele Extra-Artikel und neue Pin-Ups machen können.
Bei SIN CITY ist alles ein langer Kampf. Freigaben gibt’s nur selten und dann nur, wenn Miller und sein Anwalt gerade mal sehr gute Laune haben. Seinem US-Verlag geht’s da auch nicht besser als uns. Das ist dann wohl der Unterschied zwischen „Star“ und „Superstar“. Ein Superstar muss sich wohl aus Image-Gründen wie eine ständig überarbeitete Diva benehmen… 

CG: Du hast auf der diesjährigen Comic Con zwar nicht Frank Miller, aber Mike Mignola perönlich kennengelernt. Wie war die Begegnung?

AM: Er saß an seinem Stand, den er sich mit Geoff Darrow teilte und hatte seine Mappe mit Originalseiten dabei – fast wie vor zehn Jahren. Allerdings waren die Hellboy-Originalseiten damals noch erheblich billiger. 😉 Jedenfalls hat er noch mal betont, wie klasse er unsere Ausgaben findet – das Format und besonders die deutschen Pin-Ups, auf die er sich jedes Mal sehr freut. Er war sehr entspannt und beantwortete freundlich alle Fragen seiner Fans. Dabei kam auch das Gespräch auf seinen Kult-Comic „The Amazing Screw-On Head“, der gerade als Zeichentrickserie umgesetzt wird. Ist zwar nur ein einzelnes Heft, aber das müssen wir demnächst endlich auch mal veröffentlichen.

CG: Danke für die Beantwortung der Fragen und weiterhin viel Erfolg mit Sin City und natürlich auch Hellboy (der 2. Teil wird ja gerade gefilmt)!

AM: Bitteschön! Sin City 2 wird, so wie es gerade aussieht, vor Hellboy 2 fertig. Wobei ich auf beide gleich gespannt bin. In Hellboy 2 wird auch der deutsche ektoplasmische Agent Johann Kraus eine wichtige Rolle spielen, der in unserem neuen September-Titel „B.U.A.P. 1: Hohle Erde“ ins Hellboy-Universum eingeführt wird (um noch ein klein wenig Eigenwerbung unterzubringen).

Update vom 8. August:
Einige Kinoketten wie CinemaxX und UCI Kinowelt boykottieren Sin City aufgrund der hohen Verleihgebühren.

Cross Cult
Gringo Comics
Schreiber & Leser

offizielle Homepage der Sin-City-Verfilmung (deutsch)
offizielle Homepage der Sin-City-Verfilmung (englisch)

 
  Sin City 1
 “Stadt ohne Gnade“

 Cross Cult
 216 Seiten, 19,80 Euro

  Sin City 2
 “Eine Braut, für die
 man mordet“
 Cross Cult
 224 Seiten, 19,80 Euro

 

  Sin City 3
 “Das große Sterben“

 Cross Cult
 196 Seiten, 19,80 Euro