Interviews

Interview mit Felo (Felix Herzog)

Felix Herzogs So so ... ja jaDie Comicgate-Webcartoonserie So so … ja ja feiert Jubiläum: In bereits 50, wöchentlich aktualisierten Folgen ließ Felix ‚Felo‚ Herzog Dr. Achilles und das große weiße Nashorn, das er neulich auf einer Parkbank getroffen hat, über das Leben philosophieren. Zum feierlichen Anlass stellten wir Felo, der hauptberuflich als Zeichner/Animator im Trickstudio Lutterbeck angestellt ist (und damit schon an vielen Produktionen für Die Sendung mit der Maus und Löwenzahn mitgearbeitet hat), einige Fragen zur Serie.

So beschreibt Felo selber seine Serie:
„Ein Mann, ein Schnurrbart!
Oder ein Mann, ein Nashorn? Ein Nashorn, ein Schnurrbart …? Ein Mann, ein Nashorn, ein Schnurrbart und der lange Winter unserer Unzufriedenheit …? In tiefschürfenden Debatten gehen Dr. Achilles Schmitt und das Nashorn, das er neulich auf einer Parkbank getroffen hat, solchen und ähnlich elementaren Fragen auf den Grund, Fragen nach dem Sinn, dem Sein, dem Wesen, dem Ursprung und wo eigentlich immer die Zeitungen hinkommen, die aus den Briefkästen verschwinden. Wirklich. Das ist sehr lästig. Ich verdächtige den seltsamen Typ aus dem dritten Stock. Den hab ich auch schon mal in Frauenkleidern aus dem Keller kommen sehen. Ehrlich wahr! Nicht gelogen. Sehr suspekt, das alles. Ich wollte es nur erwähnt wissen …“

 

Comicgate: Felo, Gratulation zu 50 Folgen von „So so … ja ja“! Hat Dich irgendwas zu dieser Serie inspiriert?

Erste Folge von Horst und sein PonyFelo: Eigentlich nicht, höchstens ich mich selber, wenn ich mal so unbescheiden sein darf (kein guter Anfang für ein Interview, aber ich hab die Reihenfolge der Fragen ja nicht gemacht!). Als ich vor ein paar Jahren mal mit Horst und seinem Pony ein paar Wochenenden pausieren musste, habe ich als Ersatz für mein Blog ein paar krakelige Comics gezeichnet, die einen Typen mit großem Schnurrbart und ein Nashorn zeigten, die quasi als Ersatz-Team für Horst und das Pony einsprangen. Als ich dann später die eigentliche Serie wieder aufnahm, habe ich die Nashorn-Comics erst mal wieder weggepackt und vergessen. Erst Jahre später bin ich noch mal darüber gestolpert und habe mir gedacht, dass sich da doch noch was draus machen ließe.

Ach ja, und ein großes Vorbild gibt es natürlich doch: Agatha Christies Hercule Poirot stand Pate für den gezwirbelten Schnurrbart. (Der Vorname ist an den von Poirot selbst erschaffenen imaginären Bruder Achille Poirot angelegt.)


CG: Du hat es geschafft, konsequent jede Woche eine Folge zu produzieren, was ich sehr bemerkenswert finde. Ist es zunehmend schwierig, sich Themen und Dialoge auszudenken?

Felo: Stimmt schon, die Ideen fließen nach einer Weile nicht mehr so flüssig wie am Anfang. Wenn man an einem neuen Projekt sitzt, ist man hoch motiviert und die Einfälle und Inspirationen sprudeln nur so. Nach einer Weile lässt das etwas nach.


CG: Den Erscheinungsrhythmus stellst Du nun auf 14-tägig um. Wird es wöchentlich zu zeitraubend?

Eine der ersten Folgen von So so ... ja jaFelo: Das ist eigentlich weniger eine Frage des wöchentlichen Zeitaufwandes, eher ein Problem der Kreativität.

Ich zeichne ja normalerweise nicht diszipliniert exakt einen Cartoon pro Woche, meistens bricht der kreative Schaffensdrang (klingt gut, oder?) in unregelmäßigen Schüben aus – das fühlt sich so ähnlich an wie Durchfall, nur dass man woanders als auf dem Klo stundenlang herumsitzt und nicht wegkommt.

Während so einer Phase reiße ich dann innerhalb weniger Tagen ein halbes Dutzend Cartoons oder mehr runter. Anschließend lege ich gerne eine kreative Pause von ein paar Wochen ein, bis der nächste Ideen-Schub kommt.

Mit der Zeit kamen aber immer weniger und weniger brauchbare Einfälle, so hat sich in den letzten Monaten tatsächlich ein Arbeits-Rhythmus von einem Cartoon pro Woche eingependelt, eher weniger freiwillig als geplant. Auf Dauer schlaucht das ziemlich, dieses Gefühl, auch noch nach Feierabend ständig den Terminen hinterher hecheln zu müssen. Ich habe ja schließlich noch einen Beruf, in dem ich auch jeden Tag kreativ sein muss, und wenn irgendwie möglich, auch noch so was ähnliches wie Freizeit oder irgend eine Art von Privatleben.

Das klingt jetzt alles sehr viel motziger und negativer, als es tatsächlich ist (schließlich zeichne ich ja wirklich nur deshalb, weil es mir Spaß macht, alles in allem), aber ich glaube, jeder Comiczeichner mit einer regelmäßigen Serie wird das nachvollziehen können!

… außer Charles Schultz natürlich, aber wen interessiert der schon!


CG: Wie lange sitzt Du eigentlich an einer Folge?

Felo: Ich brauche in etwa ein bis zwei Stunden pro Cartoon, von der Skizze bis zur fertigen Coloration. Unter Umständen auch etwas länger, je nachdem wie aufwendig die Zeichnung oder die Coloration wird.

Für einen Cartoon, dessen Sinn und Zweck es ja nicht zuletzt war, dass er schnell zu produzieren geht, dauert mir das eigentlich schon zu lange, ich bin ein ungeduldiger Mensch. Das kommt wohl vom Trickfilm-Zeichnen. Da produziere ich zwar jeden Tag Unmengen an Animationszeichnungen, kann aber für jedes einzelne Bild nur sehr wenig Zeit aufwenden – sonst würde das die Animation so verzögern, dass eine Trickfilm-Produktion nicht mehr wirtschaftlich wäre. Das ist so ziemlich das genaue Gegenteil, wie Illustratoren normalerweise arbeiten: nur eine Zeichnung, aber an der sitzt man Stunden und Tage, bis sie perfekt ausgepingelt ist. Mittlerweile ist mir das schnelle Arbeiten in Fleisch und Blut über gegangen, dass ich dafür nie die Geduld hätte!


CG: Zeichnest Du komplett digital, oder wie ist Dein Vorgehen?

Eine der neueren Folgen von So so ... ja jaFelo: Nein, gezeichnet zumindest werden die Comics noch undigital, ganz klassisch mit Papier und Stift. Ein roter, ausradierbarer Vorzeichen-Bleistift, wie er bei Trickfilmern üblich ist, und ein simpler 4B-Bleistift sind auch meine Lieblings-Zeichnwerkzeuge, einfach weil ich diese Stifte gewöhnt bin und es damit am schnellsten geht.

Danach arbeite ich dann allerdings digital weiter: Die Zeichnung wird eingescannt und in Photoshop coloriert, wofür ich auch ein Vorgehen entwickelt habe, bei dem das relativ zügig vonstatten geht.

Die Typo, die ich für das Lettering verwende, habe ich aus meiner eigenen Schrift erstellt, schon allein deshalb, weil mir die meisten Comic-Fonts zu gleichmäßig und klinisch aussehen. Außerdem finde ich, dass meine eigene, wackelige Schrift am besten zu meinen Zeichnungen passt.

Echtes Handlettering wiederum wäre mir aber zu aufwendig, vor allem, weil ich so lange am Text herumfeile und noch Tage später die Dialoge ändere, dass ich auf die Weise einen Cartoon nie fertig kriegen würde!


CG: Hast Du Ideen für weitere Webcomics?

Squibble von Felo: Little Shop of HorrorsFelo: Nö.

Ehrlich gesagt habe ich in letzter Zeit immer weniger Lust zu zeichnen. Ich sitze jeden Tag so lange am Zeichentisch, dass sich das Zeichnen auch in meiner Freizeit zunehmend nur noch nach Arbeit anfühlt. Das ist nicht gerade ein idealer Ausgleich.

Vielleicht brauche ich einfach mal eine Auszeit. Mein Blog stelle ich ab Januar 2011 eh ein (aus technischen Gründen), das wäre schon mal ein Anfang.


CG: Verfolgst Du denn selber Webcomics? Wenn ja, welche?

Felo: Ich bin schon seit vielen Jahren ein ganz großer Fan von Gary Trudeaus „Doonesbury“.

Der tägliche Doonesbury-Webcomic gehört für mich mittlerweile zur morgendlichen Pflichtlektüre. Das ersetzt, was die Förderung der Allgemeinbildung angeht, zwar nicht wirklich das Zeitungslesen, fühlt sich aber fast genau so an und macht unvergleichlich bessere Laune!

(Wenn man, wie ich ein traditioneller Die Zeitung bis zum Comic Vorblätterer und dann ungelesen Wegleger ist, kann ich die Seite comics.com empfehlen. Das ist wie der Schlüssel zum Süßigkeiten-Laden. Meine Favoriten dort sind „Monty“ von Jim Meddick und „Get Fuzzy“ von Darby Conley.)


CG: Wie sieht es mit Printcomics aus – von wem lässt Du Dir nichts entgehen?

Felo: In den letzten Jahren – eigentlich sehr viel (entgehen lassen, meine ich)!

Comics sind ein ruinös kostspieliges Hobby, das ich schon seit langem aufgegeben habe. Ich hatte zwar häufiger dran gedacht, auf das Sammeln antiker Möbel oder chemischer Drogen umzusteigen, das wäre mit weniger persönlichen Verlusten verbunden, ich habe das Problem dann aber doch anders gelöst: Wenn ich heute einen Comic von Lewis Trondheim sehe, den ich unbedingt haben will, haue ich mir mit einem stumpfen Gegenstand so lange auf den Kopf, bis ich andere Sorgen habe.


CG: Danke für die Antworten und natürlich für die bisherige und hoffentlich auch zukünftige gute Unterhaltung von Dir!

 

Hinweis: Eine neue Folge von Felos Webcomicserie So so … ja ja wird ab nun alle 14 Tage sonntags auf Comicgate erscheinen.
Die Jubiläumsfolge zum 50. ist heute online gegangen.

Seine ältere Serie Horst und sein Pony findet Ihr ebenfalls bei Comicgate.