Interviews

Ein Shop für Webcomics: Interview mit Kwimbi-Gründer Jörg Faßbender

Seit einem halben Jahr gibt es Kwimbi, einen Webcomic-Shop im Internet, betrieben vom Kölner Jörg Faßbender. Die Website versteht sich als „Kombination aus Webshop, Vertrieb und Communityportal für Webcomiczeichner und -fans“, der Schwerpunkt liegt auf dem Verkauf von Büchern und Merchandise-Artikeln zu deutschsprachigen Webcomics. Benjamin Vogt hat sich mit dem Kwimbi-Gründer per eMail unterhalten.

 

Comicgate: Jörg, du hast vor kurzem Kwimbi, einen Onlineshop für Webcomic-Merchandise, ins Leben gerufen. Vielleicht kannst du zum Start erstmal kurz erzählen, was dich mit Comics im Allgemeinen und mit Webcomics im Speziellen verbindet und wie du auf die Idee zu Kwimbi kamst.

Jörg Faßbender: Das ist relativ einfach: Erstens war ich immer schon Comic-Fan, als Kind von Zack über Primo, Asterix, Tim und Struppi bis Ehapa und Williams und später Schwermetall war alles dabei. Dann gab es mal eine Pause von vielleicht fünf Jahren, aber mit so circa 30 hab ich wieder intensiv angefangen, Comics zu lesen. Ich hab dann sogar einige Jahre in Köln im „Pin-Up Comics“ gearbeitet und mich dort um die Ami-Comic-Abteilung gekümmert und Abos betreut.

Zudem mache ich von Beginn an, also seit Mai 2009, die Übersetzung von Sarah Burrinis Das Leben ist kein Ponyhof ins Englische und hab großen Spaß daran. Vor circa zwei Jahren hab ich dann nebenbei angefangen, mit Sarahs Einverständnis so’n bisschen Merchandise nebenher zu verkaufen. Außer dem Buch, das ja bei Zwerchfell erschienen ist, aber nur Kleinkram, so wie hier mal nen Druck, da mal nen Button. Dann haben wir ein Special gemacht, mit Buch, A5-Zeichnung, Druck und Kühlschrankmagnet zum Buchrelease. Das ist fantastisch angekommen. Daraus ist dann im letzten Jahr die Idee entstanden, weil ich das wirklich gern mache und auch an der Produktion interessiert bin und am Kontakte knüpfen und an der Vernetzung Spaß hab, das doch für mehrere Zeichner anzubieten. Das hab ich zuerst auf der Plattform DaWanda gemacht, in sehr kleinem Rahmen. Da hab ich dann den David Malambré von Demolitionsquad, im übrigen einer der mit am längsten existierenden Webcomics in Deutschland, und den Mario Bühling von Katzenfuttergeleespritzer hinzugenommen, damit ihre Hefte ein bisschen mehr Verbreitung finden. Wir waren ohnehin schon befreundet und die beiden fanden das klasse, weil sie sich nicht mehr um den Versand kümmern müssen, und so ist letztendlich der Traum von einer eigenen Plattform/Shop nach einem Dreivierteljahr Planung und vielen, vielen Gesprächen Wirklichkeit geworden.

 

CG: Auf deiner Website kann man nachlesen, dass sich Kwimbi nicht als reiner Shop bzw. Vertrieb für die Produkte der vertretenen Künstler versteht, sondern als Schnittstelle zwischen Künstler, Verlag und Fan. Welcher Gedanke steht hinter diesem Konzept?

JF: Da stehen verschiedene Gedanken dahinter: Es gibt a) auch Verlage, die nichts mit Merchandise-Produktion zu tun haben wollen, sehr wohl aber vielleicht Merchandise verkaufen möchten, da streben wir Kooperationen an. Oder b) der Künstler hat schon mal über Merchandise nachgedacht oder c) die Fans fragen nach Merchandise, zum Beispiel auf Facebook oder Twitter oder eben auf dem Blog des Künstlers direkt. Oder es gibt den Comic nicht in gedruckter Form, die Fans fragen aber danach, aber es gibt (bisher) keinen Verlag, der interessiert ist. Da kann ich mit Kwimbi anbieten, das zu produzieren, was dem Künstler sonst nicht möglich wäre. In Erlangen ist beispielsweise der Malte Knaack auf mich zugekommen, dessen erstes limitiertes Heft „Schwätzchen, Schätzchen“ jetzt mit bei Kwimbi angeboten wird. Der hat sich gleich bei uns an den Stand gesetzt, ein paar Hefte signiert, die er mir dann mitgegeben hat. Ich mag diese Unmittelbarkeit.

 

Screenshot der Kwimbi-KünstlerseiteCG: Bisher sind neun Künstler bei Kwimbi vertreten, darunter auch Sarah Burrini und Lapinot, die regelmäßigen Besuchern von Comicgate bekannt sein dürften. Wie verläuft die Auswahl der Künstler und welche Vorteile erhoffen sich diese durch die Kooperation mit Kwimbi?

JF: Es sind neun Zeichner, die eine eigene Künstlerseite haben, die es übrigens unentgeltlich gibt bei Kwimbi. Tobi Dahmen der Fahrradmod.de macht, ist jetzt neu mit dabei. Die Künstler verpflichten sich lediglich, auch für die Plattform Werbung zu machen, in einem vertretbaren Rahmen. Die Künstler haben sehr verschiedene Motivationen. Wie oben erwähnt, war es am Anfang die Freundschaft zu verschiedenen Zeichnern, die das für eine gute Idee hielten. Die Zeichner, an die ich dann herangetreten bin, haben ja nicht alle den gleichen Background, die gleichen Lebensumstände. Es gibt welche, die ihren Comic nebenher in ihrer Freizeit machen, dabei in unglaublich guter Qualität, so wie der Mario. Der hat eine feste Anstellung und ist nicht auf den Verkauf angewiesen, möchte aber vielleicht trotzdem ein bisschen was daran verdienen, oder einfach den Comic bekannter machen. Dann ist da Sarah, die selbständige Illustratorin ist, die mir Nutzungsrechte zum Beispiel an einem Motiv einräumt, mit dem ich dann eine Tasse produzieren darf. Von dem Tassenverkauf erhält sie wiederum von Kwimbi 25% des Erlöses. Jemand anderes hat vielleicht schon Hefte, hat aber einfach keine Lust, sich um Versand zu kümmern. Die Zeichner sind durchaus an dem Synergie-Effekt interessiert, den man nicht unterschätzen darf. Eine Zeichnerin wie Sarah, deren Ponyhof auf Facebook momentan über 1700 Fans hat, oder Beetlebum mit knapp 1500 Facebook-Followern machen schon eine Menge aus. Die Leute interessieren sich dann oft nicht nur für den einen Zeichner, sondern kaufen durchaus Merchandise von zum Beispiel Sarah, Mario Bühling und Tobi Dahmen von Fahrradmod zusammen, so unterschiedlich die Zeichner auch sind.

Dann kommt auch noch hinzu, dass die Leute, die in der Künstlersozialkasse sind, ja auch gar nicht selber Merch produzieren und verkaufen dürfen, weil sie Gefahr laufen, dass sie aus der KSK fliegen, weil sie dann nicht mehr rein künstlerisch tätig sind. Da passt es natürlich, dass ich mit Kwimbi als Produzent auftreten kann. 

 

Plüschfigur ButterblumeCG: Von Printcomics über Tassen oder T-Shirts bis hin zu Originalzeichnungen reicht die Produktpalette im Kwimbi-Shop. Wer entscheidet, welcher Artikel mit aufgenommen wird? Kwimbi, die Künstler oder die Nachfrage der Fans?

JF: Bisher war das nie so’n großes Thema. Die Künstler und ich haben besprochen, was kann man denn mal ausprobieren, was hättest du gern für Merchandise, und es spielt auch eine Rolle, was man relativ unproblematisch in kleiner Auflage machen kann. Denn natürlich kann ich nicht hingehen und für einen Comic, der vielleicht 500 regelmäßige Leser hat, 100 Tassen produzieren. Und was hier hinzu kommt: Die Leser finden das auch gut, dass es nur relativ kleine Auflagen von den Dingen gibt, und sie merken, dass ich im regelmäßigen Kontakt mit den Zeichnern stehe. Das, sagen wir, Gewagteste, was ich gemacht hab, war die Butterblume-Plüschfigur für den Ponyhof in einer 50er Auflage. Da hatte ich vorher zwar ein gutes Gefühl, aber keine Ahnung, ob, zu welchem Preis und ich welchem Zeitraum man die 50 Stück verkaufen kann. Da hab ich dann in Zusammenarbeit mit Sarah zusätzlichen Content wie einen exklusiven Comic angeboten, den es nur mit der ersten Auflage der Figur gibt.

Ansonsten hören die Zeichner natürlich auch auf Vorschläge ihrer Leser, was das Merchandise angeht. Allgemein bin ich froh, so unterschiedliche Zeichner dabei zu haben, die natürlich auch unterschiedliche Ideen und Ansprüche haben, was ihr Merchandise angeht. Das macht Spaß zu sehen, was dabei rauskommt. Zudem kann ich die Kwimbi-Fans, die wir bisher haben oder die das hier lesen, nur auffordern, auch Vorschläge zu machen, was sie gern mal sehen würden an Merchandise. Aber ich habe auch vor, Umfragen zu starten und die Leute direkt zum Beispiel auf Facebook oder Twitter anzusprechen. Die Fans finden immer klasse, wenn sie beteiligt werden.

 

CG: Na zumindest scheint sich die Produktion des Plüsch-Ponys Butterblume gelohnt zu haben, denn die Auflage wurde bereits komplett verkauft. Haben sich bislang noch weitere Bestseller in der Kwimbi-Produktpalette herauskristallisiert?

JF: Die erste Butterblume-Auflage war tatsächlich innerhalb von drei Wochen ausverkauft. Weitere Bestseller sind Beetlebums kopierte und handgetackerte Hefte, aber auch Mario Bühlings zweites, zu Erlangen erschienenes Heft sowie die Magazine, die zum Comic-Clash eingereicht wurden. Davon hatte ich mir in Erlangen einige von Webcomic-Zeichnern signieren lassen, und das bekommen die Leute dann auch nirgendwo anders. Immerhin sind zum Beispiel bei Awzum, Oh, Jazam! und Neufundland Künstler wie Beetlebum, Flausen, Lapinot, Asja Wiegand, Maike Plenzke, David Füleki, Schlogger, und Metrissimo dabei, das zieht natürlich eine Menge Leser. 

 

CG: Zuletzt noch ein kleiner Blick in die Zukunft. Auf deiner Website bezeichnest du dein Projekt auch als „Das digitale Comic-Universum“, zugleich versehen mit der Anmerkung „in der Urknallphase 1.0“. Da drängt sich für mich die Frage auf, welche Pläne es für die weitere Entwicklung von Kwimbi gibt. Und vor allen Dingen: Wie würde Phase 2.0 aussehen?

JF: Die Urknallphase war eine Idee meines Designers und ich fand es deswegen so treffend, weil sich das „digitale Comic-Universum“ ja auch ausdehnt. Es gibt immer neue Webcomic-Künstler, weil viele die unmittelbare Wirkung und den Austausch mit den Lesern so schätzen, die ein Webcomic möglich macht. Einige Zeichner, die das Konzept gesehen haben, sind sehr begeistert und möchten mit dabei sein. Auf jeden Fall möchte ich noch Künstler dazu nehmen, natürlich auch, weil das Konzept sich finanziell noch nicht allein trägt. Gleichzeitig soll es sich aber auch nicht zu schnell ausdehnen, um mal im Bild zu bleiben, weil ich dann den einzelnen Zeichnern nicht mehr gerecht werden könnte. Aber die Phase 2.0 umfasst auf jeden Fall auch Downloads, die bei Kwimbi ab jetzt möglich sind, das heisst auch PDFs und Ebooks, was weitere Möglichkeiten eröffnet. Außerdem werde ich mit Kwimbi auch gedruckte Comics (mit)finanzieren und geplant ist, irgendwann auch als Verleger aufzutreten. Zusätzlich kann ich mir Kwimbi noch als eine Plattform zum Austausch der Zeichner untereinander vorstellen, da ist meine Planung aber noch nicht ganz so weit.