Filmrezensionen

Marvel’s The Avengers

The Avengers HauptplakatThe Avengers
USA 2012
Regie: Joss Whedon
Hauptdarsteller: Robert Downey Jr (Tony Stark / Iron Man), Chris Evans (Steve Rogers / Captain America), Mark Ruffalo (Bruce Banner / The Hulk), Chris Hemsworth (Thor), Scarlett Johansson (Natasha Romanoff / Black Widow), Jeremy Renner (Clint Barton / Hawkeye), Tom Hiddleston (Loki), Clark Gregg (Agent Phil Coulson), Samuel L. Jackson (Nick Fury)

 

Die Idee ist fast so alt wie der Superheldencomic selbst: Man nehme eine Handvoll bekannter Helden und lasse sie gemeinsam als Team antreten. Mit The Avengers setzt Marvel diese Idee nun erstmals im Kino um. Die Besonderheit: Die verschiedenen Superhelden werden (mit einer Ausnahme) von denselben Schauspielern verkörpert, die sie bereits in den Vorgängerfilmen spielten.

Seit Marvel die Filmrechte an seinen Figuren nicht mehr nur an externe Studios vergibt (wie z. B. im Fall von X-Men oder Spider-Man), sondern Filme in Eigenregie selbst produziert (den Anfang machte Iron Man im Jahr 2008), baute man kontinuierlich an dem, was von Anfang an zu den speziellen Erfolgsfaktoren des Comicverlags gehörte: ein zusammenhängendes Universum, in dem die erzählten Geschichten spielen. Iron Man findet also in derselben Welt statt wie Thor, was unter anderem an Kurzauftritten von Samuel L. Jackson zu erkennen war, der als Nick Fury, Leiter der Geheimorganisation S.H.I.E.L.D., ein Team von Spezialagenten zusammenstellt. Die Verträge mit den Hauptdarstellern wurden so gestaltet, dass sie nicht nur für ihre „eigenen“ Filme galten, sondern auch für einem Ensemblefilm, der die Helden zusammenbringt.

Szene aus The AvengersDies geschieht nun in The Avengers: Nick Fury muss sich nicht mehr mit winzigen Gastauftritten nach dem Abspann begnügen, sondern rückt als Hauptfigur ins Zentrum. Er hat den auf Eis gelegten Supersoldaten Captain America aufgetaut, er steht in engem Kontakt mit Iron Man, und auch die Agenten Clint Barton alias Hawkeye und Natasha Romanov alias Black Widow arbeiten für ihn. Letztere schickt er nach Indien, um einen Wissenschaftler aufzuspüren, der sich dort versteckt hält: Bruce Banner, den meisten besser bekannt in seiner wütend-grünen Identität als Hulk. Im Hauptquartier von S.H.I.E.L.D. wird ein kosmischer Würfel untersucht, der schon am Ende des Thor-Films zu sehen war. Dieser Würfel scheint nicht nur eine enorme Energiequelle, sondern auch die Verbindung zu einer anderen Dimension zu sein. Durch dieses Portal kommt schon nach wenigen Minuten Laufzeit der Bösewicht des Films auf die Erde: Thors Bruder Loki reißt sich nicht nur den Würfel unter den Nagel, sondern manipuliert auch gleich noch Hawkeye sowie den Wissenschaftler Professor Selvik für seine Zwecke.

Szene aus The AvengersErfreulich schnell bringt Regisseur Joss Whedon die Handlung in Gang. Mit dem Auftritt von Loki ist der Antagonist und die große Bedrohung, die von ihm ausgeht, bereits präsent, lange bevor das titelgebende Superheldenteam sich endgültig versammelt hat. Den Aufbau des Teams entwickelt Joss Whedon mit gutem Timing parallel zur Jagd nach Loki. Dadurch erhält der Film die so wichtige Balance zwischen rasanter Action und eher ruhigen Momenten, in denen die Figuren und ihre Beziehung zueinander im Mittelpunkt stehen. Hier findet Whedon ausreichend Raum für gelungene Dialoge, für Emotionen und – ganz wichtig – für Humor, der sich vor allem aus den Rivalitäten und charakterlichen Unterschieden zwischen Alphatieren wie Iron Man, Thor oder Captain America speist. Auch wenn das Pendel in der letzten halben Stunde des Films eindeutig zugunsten dröhnender Action ausschlägt, unterscheidet sich The Avengers durch seine starken Figuren (und durch die hohe Qualität der Schauspieler, die sie verkörpern) deutlich von geistlosen Blockbustern à la Transformers.

Szene aus The AvengersWas die Figurenentwicklung angeht, gibt es eine besondere Überraschung und die ist grün: Der Hulk schwingt sich zu einem der sympathischsten Mitglieder der Avengers auf. Ein paar gute und originelle Momente des Drehbuchs sorgen dafür, dass das grüne Monster schnell die Herzen der Zuschauer erobert und sich zu einer Lieblingsfigur des Avengers-Publikums entwickeln könnte – eine Tatsache, die nach dem uninspirierten Vorgängerfilm The Incredible Hulk (mit Edward Norton als Bruce Banner) nicht zu erwarten war. Auch alle anderen Mitglieder des Ensembles kommen mit ihren Eigen- und Besonderheiten zur Geltung. Dass sich dabei manche Figur (an erster Stelle Robert Downey Jr. als Iron Man/Tony Stark) stärker in den Vordergrund drängt als andere, liegt in der Natur der Sache. Trotzdem meistert der Film die nicht ganz leichte Aufgabe, seine vielen Protagonisten halbwegs gleichwertig zu behandeln. Lediglich Jeremy Renner als Hawkeye geht ein wenig unter (was vielleicht auch daran liegt, dass er zunächst zur Seite der „Bösen“ gehört und erst später zu den Avengers stößt).

Szene aus The AvengersAuf Regisseur und Drehbuchautor Joss Whedon lagen von Anfang an enorme Erwartungen, schließlich gilt der Schöpfer von TV-Serien wie Buffy, Angel und Firefly und zeitweilige Autor mehrerer Marvel-Comicserien als Liebling vieler Comic- und Filmnerds. An einem so großen und millionenschweren Unternehmen wie The Avengers, bei dem die kreative Kontrolle einzelner Köpfe immer sehr eingeschränkt ist, war er jedoch noch nie beteiligt – es hätte also auch furchtbar schiefgehen können. Mit diesem Film beweist Whedon aber, dass er auch Blockbuster drehen kann. Zwar fehlt The Avengers die typische Verschrobenheit vieler Whedon-Werke – das hier ist schließlich kein Nischenprogramm für Geeks, sondern Mainstream für die Massen – doch es gelingt ihm, sein gutes Gespür für knackige Dialoge und Charakterentwicklung einzubringen und gleichzeitig auch in der Inszenierung krachender Actionszenen zu überzeugen. Zum Modethema 3D fällt Whedon allerdings auch nicht viel ein; bis auf ein paar recht schicke Sequenzen im großen Schlußkampf gegen ein monströses Alienwesen gibt es hier nichts, was nicht auch zweidimensional genügen würde.

Szene aus The AvengersWer Iron Man, Thor oder Captain America: The First Avenger mochte, sollte The Avengers keinesfalls verpassen. Lose Fäden aus den doch recht unterschiedlichen Vorgängerfilmen werden aufgegriffen und finden zu einem gelungenen Ganzen zusammen. Vorwissen aus diesen Filmen ist zwar nicht unbedingt nötig, aber man geht hier durchaus davon aus, dass die Zuschauer die Figuren und ihre Hintergründe kennen und spart sich ermüdende Erklärungen. Vor allem Zuschauer, die Thor nicht gesehen haben, düften an manchen Stellen die eine oder andere Frage haben.

Natürlich erfindet dieser Film das Genre des Superheldenkinos nicht neu, ist weder besonders tiefgründig noch innovativ. Anders als z. B. die düsteren Batman-Filme von Christopher Nolan, die auch ein Publikum ansprechen, das ansonsten die Finger von kostümierten Helden lässt, will dieser Film niemals mehr sein als ein großes, buntes und furioses Popcornkino-Event. Das aber macht er richtig gut, liefert sehenswerte Action, genügend Humor, ein wenig Drama und bleibt über die volle Laufzeit von immerhin 140 Minuten kurzweilig und unterhaltsam. Die Saison der Sommerblockbuster 2012 hat ihr erstes Highlight.

 

Wertung: 8 von 10 Punkten

So geht Blockbuster! Gelungene Zusammenführung der Marvel-Helden in einem kurzweiligen Action-Spektakel

 

Abbildungen © Walt Disney Studios Motion Pictures Germany