Filmrezensionen

Immer Drama um Tamara

Tamara Drewe
Großbritannien 2010
Regie: Stephen Frears
Hauptdarsteller: Gemma Arterton (Tamara Drewe), Roger Allam (Nicholas Hardiment), Bill Camp (Glen McCreavy), Dominic Cooper (Ben Sergeant), Luke Evans (Andy Cobb), Tamsin Greig (Beth Hardiment), Jessica Barden (Jody Long)

 


Der britische Regisseur Stephen Frears hat schon Popliteratur-Bestseller (High Fidelity) und klassische Romane aus dem 18. Jahrhundert (Gefährliche Liebschaften) verfilmt, nun adaptierte er mit Tamara Drewe von Posy Simmonds (Comicgate-Besprechung) erstmals einen Comic fürs Kino. Die Geschichte spielt auf einem englischen Landsitz, einem Rückzugsort für Schriftsteller, die dort in Ruhe an ihren Büchern arbeiten können. Das idyllische Landleben kommt mächtig durcheinander, als die Titelfigur Tamara auftritt: Die erfolgreiche und sehr gut aussehende Londoner Journalistin ist in dem kleinen Nest aufgewachsen und kehrt zuück, um in das Haus ihrer verstorbenen Eltern einzuziehen.

Die Comicvorlage von Posy Simmonds erschien als Fortsetzungscomic in der Tageszeitung The Guardian und ist vor allem eine brillante Satire auf den Literaturbetrieb mit seinen Eitelkeiten und Eifersüchteleien sowie auf die obere Mittelschicht Englands und ihre Doppelmoral. Die Filmadaption betont ebenfalls diese Aspekte und bleibt somit dem Geist ihrer Vorlage ausgesprochen treu.

Auch sonst hält sich das Drehbuch sehr eng an den Comic, viele Szenen sind 1:1 umgesetzt. Der Film verzichtet allerdings auf einen eher düsteren und traurigen Handlungsstrang, was ihm im Vergleich zum Comic einen deutlich unbeschwerteren und fröhlicheren Charakter verleiht. Trotzdem ist Tamara Drewe kein reines Feelgood-Movie, denn auch die Filmversion hat dunkle Untertöne. In erster Linie ist der Film aber eine Komödie, die unterhalten und amüsieren will, was ihr auch sehr gut gelingt.

Der große Pluspunkt des Films ist seine wirklich sehr gelungene Besetzung: Die Figur der Tamara Drewe musste erotisch und verführerisch wirken, durfte aber nicht als männermordender Vamp oder als dummes Sexpüppchen daherkommen – hier hat man mit Gemma Arterton eine ideale Besetzung gefunden, die ihre Rolle hervorragend ausfüllt. Auch der Rest des Ensembles überzeugt: Tamsin Greig als fürsorgliche Leiterin der Schriftsteller-Herberge, Roger Allam als ihr Ehemann und Bestsellerautor oder Bill Camp als tapsiger Möchtegernautor aus den USA. Nicht ganz so überzeugend ist Dominic Cooper als Rockstar, der eine Affäre mit Tamara hat und für das dörfliche Idyll nur Verachtung übrig hat. Seine Figur ist etwas zu affektiert angelegt, um wirklich glaubwürdig zu sein.

Dies wird aber mehr als wettgemacht durch Jessica Barden und Charlotte Christie, die die beiden Teenagergören Jody und Casey spielen – zwei Mädchen, die gelangweilt und angeödet in ihrem Kaff sitzen und in der Ankunft der Journalistin und ihres berühmten Lovers die Chance sehen, dass endlich einmal etwas Aufregendes passiert. Ohne es zu ahnen, lösen Jody und Casey Ereignisse aus, die schwerwiegende Folgen haben werden. Beide Jungschauspielerinnen agieren großartig und sind echte Entdeckungen.

Was den ganzen Film durchzieht, ist eine ausgesprochene „Britishness“: der ganze Charakter des Films, seiner Figuren und seiner Landschaft ist eindeutig englisch. Deshalb sei hier auch die Originalversion des Films empfohlen, die auch in der Pressevorführung gezeigt wurde. In der deutschen Synchronfassung dürfte gerade diese typische „Britishness“ doch ein wenig verloren gehen. Hoffentlich ist man bei den deutschen Dialogen nicht so unsensibel vorgegangen wie beim deutschen Titel des Films, der nicht nur nach einem misslungenen Reim klingt, sondern auch nach alberner Klamotte, was der Film sicher nicht ist.

 

Wertung: 7 von 10 Punkten

 

 Offizielle Film-Website (englisch)
Offizielle Film-Website (deutsch) 
Tamara Drewe bei Reprodukt
Tamara Drewe beim Guardian

Abbildungen © Sony Pictures Classics / Prokino