Frisch aus der Druckerei

Frisch aus der Druckerei: Dezember 2013

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Der Dezember bot etwas weniger Neuerscheinungen und Serien-Neustarts als andere Monate, trotzdem sind einige interessante Titel unter den Novitäten zu finden. Hier wie üblich unser umfassender Überblick über die Comic-Neuheiten des Vormonats:  

 

HIGHLIGHT DES MONATS

FeynmanNobelpreisträger Richard Feynman (1918-1988) zählt zu den wichtigsten Wissenschaftler-Persönlichkeiten des letzten Jahrhunderts. Bekannt wurde er nicht nur durch seine Forschungen auf dem Gebiet der Quantenphysik, sondern auch durch die besondere Fähigkeit, seine Wissenschaft in Vorlesungen, dem Publikum, auch Nicht-Fachleuten, zu vermitteln. Die in den USA vielfach gelobte Comic-Biographie des Physikers, geschrieben von Jim Ottaviani und gezeichnet von Leland Myrick, ist Teil des ersten Halbjahresprogramms vom neuen Label Egmont Graphic Novel. [US-Leseprobe, CG-Gastrezension von Physiker Florian Aigner]

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EIGENPRODUKTIONEN

TesseraktDer Berliner Verlag SuKulTur bringt seit Jahren die Leseheftreihe „Schöner Lesen“ heraus, kleine gelbe Hefte im Reclam-Stil für kleines Geld, die in einigen Städten auch an Süßwarenautomaten gekauft werden können. Für die Coverillustrationen dieser Bändchen waren mit Mawil, Jule K. oder Sascha Hommer schon einige Comiczeichner aktiv, doch mit Tesserakt von Tim Gaedke alias Doppeltim ist nun der erste echte Comic in dieser Reihe erschienen. Es ist davon auszugehen, dass es darin nicht um den gleichnamigen McGuffin aus Marvels Avengers-Film gehen wird. [Bestellbar für nur 2,- Euro hier oder bei Kwimbi]

Ein Sachcomic für ein genz bestimmtes Nischenpublikum erscheint beim Bund Verlag, einem Fachverlag für Arbeitsrecht, der den deutschen Gewerkschaften gehört: Mit einer Prise Zucker ist bereits das zweite Gemeinschaftswerk von Zeichner Reinhard Alff und dem Arbeitsrecht-Experten Prof. Wolfgang Däubler. Mehrere kurze Comicepisoden erzählen darin „irr­witzige Geschichten aus dem Alltag eines Betriebsrats“, so der Untertitel. [Website zum Buch]

AUS DEN USA

Liebe ist die HölleLange bevor er mit den Simpsons berühmt wurde und ein Vermögen machte, schuf ein gewisser Matt Groening die Stripserie Life is Hell, von der wöchentlich neue Folgen in verschiedenen linksalternativen Zeitungen der USA erschienen, und zwar kontinuierlich bis ins Jahr 2012. Das Personal dieses meist sehr textlastigen Comics, menschenähnliche Hasen sowie das schwule, Fes-tragende Paar Akbar und Jeff, beschäftigte sich mit allen möglichen Facetten des Lebens, nicht zuletzt mit der Liebe. Ein Teil dieser Strips wurde um 1990 herum beim Krüger Verlag auf Deutsch veröffentlicht, jetzt wagt man bei Reprodukt einen neuen Anlauf und startet mit Liebe ist die Hölle, einem Zyklus von 1984, der damals auch der erste amerikanische Sammelband der Reihe war. [Leseprobe]

Die Comicfassung von Quentin Tarantinos Django Unchained, die auf dessen „ungekürztem Originaldrehbuch“ basiert und im Original bei Vertigo herauskam, gibt es nun bei Eichborn als deutschsprachigen Hardcover-Band. Die Adaption stammt von Reginald Hudlin, der als Produzent auch am Film beteiligt war. Gezeichnet hat R.M. Guera (Scalped), allerdings unterstützt von mehreren Aushilfszeichnern. [Leseprobe, CG-Rezension]

Revival 1Tim Seeley hat sich mit seiner Serie Hack/Slash unter Horrorcomicfreunden einen Namen gemacht. Seine Image-Serie Revival (mit Zeichner Mike Norton) trägt im Original den Untertitel „A rural noir“, ist also ein düsterer Thriller auf dem Lande. In einer Kleinstadt in Wisconsin kehren die Toten zurück ins Leben, allerdings nicht als hungrige Zombies, sondern „fast normal“, aber eben nur fast. Die deutsche Fassung erscheint bei Cross Cult. [Leseprobe]

In wenigen Wochen bringt Hollywood Paul Verhoevens Klassiker RoboCop in einem Remake zurück auf die Leinwand. Cross Cult nimmt das zum Anlass, die vor 10 Jahren entstandene Comic-Miniserie nach Deutschland zu bringen, auf deren Cover ein prominenter Name prangt: Der von Frank Miller, der das Drehbuch zu RoboCop 2 von 1990 geschrieben hatte, das aber wegen „Unverfilmbarkeit“ stark abgeändert wurde. Steven Grant adaptierte jenes Originaldrehbuch von Miller schließlich zu einem Comic, der von Juan Jose Ryp gezeichnet wurde. [Leseprobe]

In der Krimiserie Castle spielt Nerd-Liebling Nathan Fillion einen Bestsellerautor, der nebenbei der Polizei bei der Verbrechensaufklärung hilft. Die Bücher des fiktiven Richard Castle erschienen dann, geschrieben von unbekannten Ghostwritern, tatsächlich. Die deutschen Fassungen dieser Romane laufen bei Cross Cult mit großem Erfolg, so dass man dort nun auch einen Comic aus dem Hause Marvel herausbringt, der auf einer angeblichen Castle-Roman basiert: Richard Castles Deadly Storm – Tödlicher Sturm erzählt den ersten Fall der Romanfigur Derrick Storm. Anders als bei der Romanreihe sind die Urheber hier nicht geheim: Es sind die Autoren Brian Michael Bendis und Kelly Sue DeConnick sowie Zeichner Lan Medina. [Leseprobe]

Und weil Cross Cult mittlerweile als Fachverlag für Zombiefragen gelten kann, ist dort auch der Comic zum beliebten Smartphone-Spiel Plants vs. Zombies gut aufgehoben, der vom US-Verlag Dark Horse ursprünglich als digitaler Comic angeboten wurde und später als Print-Sammelband erschien. Für gewöhnlich sind solche „der Comic zum Franchise“-Projekte eher überflüssig, aber hier wurde immerhin Paul Tobin als Autor gewonnen, der ein gutes Händchen für kinderfreundliche Action hat (Marvel Adventures Spider-Man) und mit seiner Frau Colleen Coover tolle Indie-Comics (Bandette) macht. [Leseprobe]

Der Begriff „Kultserie“ klingt immer ein bisschen doof, aber bei Akte X erscheint er doch angebracht. Auch über zehn Jahre nach Ende der TV-Serie haben Mulder und Scully, die FBI-Agenten fürs Paranormale, noch eine große und treue Fanbase. Die dürfte sich freuen, dass die X-Files nun als Comic fortgesetzt werden. Nach dem Vorbild von Buffy the Vampire Slayer macht man auch hier bereits im Serientitel klar, dass der Comic dort ansetzt, wo die Fernsehserie aufhörte: Akte X – Staffel 10 erscheint auf Deutsch bei dani books. [Leseprobe]

Plume ist ein Webcomic von K. Lynn Smith, den es jetzt auch als deutsche Printversion bei dani books gibt. Er erzählt eine Rachegeschichte mit übernatürlichen Elementen, die in einem Western-Setting angesiedelt ist. [Leseprobe, CG-Rezension]

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LOEG – Das schwarze DossierIn der Serie Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen lassen Alan Moore und Kevin O’Neill literarische Helden aus 100 und mehr Jahren Popkultur zusammentreffen. Die schrägste, unzugänglichste, teilweise aber auch originellste Ausprägung dieser Serie war der Hardcoverband The Black Dossier von 2007, der in unterschiedlichsten Textformen (nicht nur Comics!) eine fiktive Historie der verschiedenen Ligen quer durch die Jahrhunderte ausbreitet. Nach jahrelangen rechtlichen Bedenken hat DC nun auch die Freigabe für Übersetzungen erteilt, und so konnte Das schwarze Dossier nun endlich bei Panini erscheinen. Übrigens: Anders als im fertigen Band angegeben, stammt nicht die gesamte Übersetzung von Gerlinde Althoff – „Feenlands Schicksalsfügung“ sowie der Schlussmonolog des Prospero wurde von Alwin Müller-Arnke übersetzt. [Leseprobe, CG-Rezension der US-Ausgabe]

Der letzte Band der Before Watchmen-Reihe ist wohl gleichzeitig auch der unbefriedigendste: Crimson Corsair ist eine Piratengeschichte, von der in jedem Einzelheft der verschiedenen Before Watchmen-Miniserien ein paar Seiten erschienen sind. Noch vor der Fertigstellung der Geschichte zerstritten sich jedoch Autor Len Wein und Zeichner John Higgins, so dass der Comic nie richtig abgeschlossen wurde. Neben dem unvollendeten Piratencomic enthält der Band noch zwei eilig nachgeschobene Geschichten, die in der ersten Ankündigung des Before Watchmen-Projekts nicht vorgesehen waren: Moloch von J. M. Straczynski und Eduardo Risso und Dollar Bill von Len Wein und Steve Rude. [Leseprobe]

Die Sache mit den Adjektiven ist immer etwas schwierig bei Marvel, nicht nur bei den X-Men. Im Zuge der jüngsten Serien-Neustarts („Marvel Now!“) gab es nach den All-New und den Uncanny X-Men auch eine neue Nummer 1 für die Serie, die einfach nur X-Men heißt. Hier steht ein komplett weibliches Mutantenteam (und auch weibliche Schurken!) im Fokus, geschrieben wird die Serie, die bei Panini in Form von Sonderbänden erscheint, von Brian Wood und gezeichnet von Olivier Coipel. [Leseprobe]

In der DC-Ecke kommt ein weiterer Titel, der 2012 mit den „New 52“ gestartet wurde: Nightwing von Kyle Higgins und Eddy Barrows gehört zur Familie der Batman-Serien und dreht sich um den ehemaligen Robin, Dick Grayson, der zurück auf seine Ursprünge als Zirkusartist geführt wird. [US-Preview]

AUS FRANKREICH UND BELGIEN

Marjane Satrapis Persepolis, vor einigen Jahren Mit-Auslöser der Graphic-Novel-Welle, darf mittlerweile als moderner Klassiker gelten. Umso erfreulicher, dass die Edition Moderne nach der zweibändigen Hardcoverausgabe und den Taschenbüchern aus dem Ueberreuter-Verlag nun eine erschwingliche Gesamtausgabe anbietet, die den kompletten Comic in einem Band mit Klappenbroschur enthält. [Leseprobe]

Das SchlossIm Knesebeck Verlag ist eine weitere Adaption eines Stoffs von Franz Kafka erschienen. Das Schloss wird gezeichnet vom Tschechen Jaromir 99 (Alois Nebel), das Skript stammt von David Zane Mairowitz, der damit nach Der Process und Robert Crumbs Kafka schon zum dritten Mal Kafka und Comics zusammenbringt. Die von Mairowitz kuratierte Ausstellung „K: KafKa in KomiKs“ ist noch bis zum 7. Februar im Literaturhaus Stuttgart zu sehen. [Leseprobe]

Der 11. September als Hintergrund für einen Politthriller: Im Sechsteiler Wer steckt hinter 9/11 (Comicplus+) von den Autoren Jean-Claude Bartoll und Eric Corbeyran und Zeichner Jef wird laut Verleger „keine Verschwörungstheorie ausgelassen“. [Leseprobe]

Außerdem wird die historische Abenteuerserie Der Schrei des Falken von Patrice Pellerin als Gesamtausgabe mit je zwei Alben pro Band bei Comicplus+ neu aufgelegt.

Die gute alte Artus-Sage darf mal wieder als Ausgangsmaterial für einen Fantasycomic herhalten, und zwar für die Excalibur Chroniken (Splitter-Verlag) von Jean-Luc Istin (Die Druiden, Das fünfte Evangelium) und Zeichner Alain Brion. [Leseprobe]

Irgendwas mit Krieg und Flugzeugen erzählen Eric Loutte und Emmanuel Herzet im ersten Band der Serie Zentauren (Bunte Dimensionen). [Leseprobe]

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AUS DEN NIEDERLANDEN

Vom JenseitsVom Jenseits und andere Erzählungen von H.P. Lovecraft adaptiert der Niederländer Erik Kriek in Comicform. Die von vielen Horrorfans kultisch verehrten Lovecraft-Geschichten gelten als besonders schwer bildlich darzustellen – zwar wurden schon einige Film- und Comicadaptionsversuche gemacht, aber bisher kaum mit durchschlagendem Erfolg. Krieks Annäherungen an Lovecraft sind nun vom Avant-Verlag auf Deutsch zu bekommen. [Leseprobe]

Nachdem der Verlag Comicplus+ mit einigem Erfolg die Winnetou-Comics von Helmut Nickel aus den frühen 60er Jahren wiederveröffentlichte, bringt man nun weitere Karl-May-Adaptionen vom spanischen Zeichner Juan Arranz, die ursprünglich ab 1963 im niederländischen Magazin Sjors erschienen sind. Die zweibändige, limitierte Ausgabe ist im klassisch-grünen Design des Karl-May-Verlags gestaltet.

AUS ASIEN

Seiyuu! Say you! 1Ich gebe zu, ich kenne mich bei Manga nicht so richtig gut aus (das erklärt auch, warum der Asien-Teil dieser Kolumne oft etwas karger ausfällt), aber mich amüsieren und faszinieren immer wieder die unendlich vielfältigen Berufswelten, in denen Mangaserien spielen können. Ob Bäcker, Basketballer oder Briefträger, kaum ein Berufsbild wird ausgespart. Seiyuu! Say you! von Hirotaka Kisaragi (EMA) dreht sich nun um Synchronsprecher von Anime-Trickfilmen, die sich – natürlich – in einem knallharten Business bewegen, wo nur die besten bestehen können. [Leseprobe]

Blast of Tempest von Kyo Shirodaira und Ren Saizaki, bei Carlsen neu gestartet, ist ein Mystery-Fantasy-Mix, in dem ein paar jugendliche Helden die Welt vor dem Untergang retten müssen. Garniert ist das Ganze mit Anspielungen und Zitaten aus den Shakespeare-Dramen Der Sturm und Hamlet.

Die Serie Wish aus dem Studio Clamp (1996-1998), in der Engel auf Erden wandeln, bringt Carlsen in einer zweibändigen Sammelband-Edition neu heraus, die aus zwei dicken 400-Seiten-Wälzern besteht.

Die neue Tokyopop-Serie Fetish Berry sieht erst mal nach einer klassischen Romance-Serie aus, scheint dann aber doch etwas ungewöhnlichere Pfade zu beschreiten. Die Hauptfigur ist ein Mädchen, dass magisch von Händen, Armen oder anderen Einzelteilen von Jungs angezogen wird. [Leseprobe]

Darf ein Mädchen keine sexy Manga zeichnen? Klingt wie eine Diskussion im Comicforum, ist aber der Titel einer Mangaserie von James Hotate, die in erster Linie eine Lovestory erzählt (Planet Manga).

SEKUNDÄRLITERATUR

StrippedStripped – A Story of Gay Comics von Markus Pfalzgraf, erschienen im Bruno Gmünder Verlag, ist ein üppiger Bildband mit zahlreichen Auszügen aus schwulen, teils sehr expliziten bis pornografischen Comics, ergänzt mit kleineren Artikeln in deutscher und englischer Sprache. [Leseprobe]
(Anmerkung: Der Band taucht irrtümlich in dieser Liste auf. Eigentlich erschien er schon vor einem Jahr, also im Dezember 2012. Das soll aber kein Grund sein, ihn hier gar nicht zu erwähnen.)

Eine Mischung aus Bildband und „Making of“ ist Die Welt der Vier von der Baker Street, ein Begleitbuch zur Albenserie von Jean-Blaise Djian, Olivier Legrand und David Etien, das ebenso wie die Comics beim Splitter Verlag erschienen ist. Autoren und Zeichner liefern darin umfangreiches Bild- und Hintergrundmaterial zu ihrer Geschichte um Sherlock Holmes‘ junge Gehilfen. [Leseprobe]

„Warrens Horror-Magazine“ lautet das Thema von Ausgabe 59 der Reddition. Die Artikel im Heft beschäftigen sich mit Serien wie Creepy, Eerie und Vampirella, mit denen der Warren Verlag seit den 1960er Jahren erfolgreich war, sowie mit dessen Zeichnern wie Richard Corben oder Bernie Wrightson. [Preview]